Montagsjazz statt Montagsblues
Mehr Jazz in Leipzig: Der Westflügel in Plagwitz veranstaltet seit Juni jeden Monat ein Konzert unter dem Titel Mondayboxxx mit dem Traditional Jazz Orchestra.
Wie im Jazz üblich, geht es ein bisschen zu spät los. Die hell beleuchtete Bühne im schummrig-lauschigen Westflügel füllt sich 15 Minuten nach angeblichem Konzertbeginn mit sieben Männern und ihren Instrumenten. Dann beginnt der E-Bass das markante „Caravan“ und der ohnehin schon gemütliche Westflügel wird zu einem Ort der Ideen, Verschwörungen und wackelnden Füße. Eben das, was guter Jazz mit Räumen macht. Posaunist und E-Gitarrist entscheiden per Fingerzeig, wer das nächste Solo spielt, einer der Saxofonisten nickt selig grinsend im Takt, um sich dann in sein eigenes Solo zu stürzen, mit der für das Saxofon typischen Leidenschaft und immer röter werdenden Wangen, nur um dann an die Trompete abzugeben, die sich mit ihrem Solo wohlverdienten Applaus erspielt.
Die Mondayboxxx ist eine Erfindung des Schlagzeugers Philipp Scholz, der unter anderem an der Hochschule für Musik und Theater (HMT) Jazz-Schlagzeug studierte, jetzt in verschiedenen Konstellationen tourt und Konzerte gibt. „Es gab in Leipzig bislang keine Möglichkeit, regelmäßig Jazz zu hören“, begründet er seine Entscheidung, die Konzertreihe zu starten. „Das wollten wir ändern.“
Das Septett auf der Bühne tritt in ständig wechselnder Besetzung auf, ungefähr 30 Freund*innen und Bekannte von Scholz haben sich bereit erklärt, montags in Plagwitz aufzutreten. Allesamt sind sie professionelle, junge Jazzmusiker*innen, einige touren mit Bands oder allein, andere unterrichten an Musikschulen und Musikhochschulen, auch Dozierende der HMT sind dabei.
Das Konzert ist zweigeteilt, mit jeweils drei Stücken vor und nach der Pause. Die Setlist ist dabei nicht vorgegeben: „Jeder, der will, kann Stücke mitbringen“, erklärt Scholz und fügt augenzwinkernd hinzu: „Wir spielen nach Noten, das macht man heute sonst nicht mehr so.“ Zwar gebe es in Leipzig auch die Möglichkeit, sich die Klassenvorspiele von Musikstudierenden der HMT anzuhören, da sei der Rahmen aber universitärer. „Hier ist es lockerer, wir sind einfach ein paar Profis, die Bock auf Jazz haben.“
Das Septett trägt trotz ständiger Besetzungswechsel den Namen „Real Jazz Orchestra“, sie wollen ganz ausdrücklich, auch in Abgrenzung zum Free Jazz, traditionellen Jazz spielen. Den Spaß, den sie dabei haben, sieht man ihnen auch auf der Bühne an, genau wie die lockere Stimmung: Scholz witzelt ab und an mit einem der Musiker über dessen Mitwirken in einer Pop-Band und darüber, dass im nächsten Stück ein Bass-Solo enthalten sei, „also nicht sofort klatschen, wenn ihr denkt, die Musik hätte aufgehört.“ Wenn gerade jemand anderes das Solo spielt, nimmt man einen Schluck Bier zu sich.
Auch das Publikum genießt das Konzert sichtlich: Obwohl das Durchschnittsalter an den Tischen um einiges höher als auf der Bühne ist, wippen viele Füße und Köpfe, werden Solos applaudiert und Zugaben verlangt. Die Atmosphäre ist entspannt, auch während der Stücke holen sich Zuhörer*innen Getränke, gehen hinaus oder kommen herein. Die rustikal-behagliche Einrichtung des Westflügels trägt das Ihre dazu bei, dass man sich wohlfühlt. Am Ende des Konzerts bittet Scholz um Spenden für die an diesem Abend nur männlichen, aber ansonsten auch gemischt auftretenden Musiker*innen, und weist auf den nächsten Konzerttermin hin, den 2. September. Denn obwohl die Mondayboxxx rein konzeptionell an jedem ersten Montag des Monats stattfinden soll, macht sie im August Pause. Scholz schließt mit den Worten: „Wir sehen uns in zwei Monaten wieder. Wer bis dahin Bock auf Jazz hat: Tut mir Leid.“
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