Das geht beim Dok 2019
Heute startet das 62. Leipziger Dokumentar- und Animationsfilmfestival Dok. Eine Woche lang zeigen die Kinos der Stadt Einreichungen aus 63 Ländern. Wir stellen euch die Besonderheiten 2019 vor.
310 Filme, 24 Filmpreise, 14 Spielstätten: Heute startet das 62. Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm, kurz Dok. Bis Sonntag, den 3. November, können sich Filminteressierte täglich im Schnitt 44 Dokumentar- und Animationsfilme aus aller Welt ansehen.
Es ist die letzte Festivalausgabe unter der Leitung der finnischen Journalistin und Filmproduzentin Leena Pasanen, deren Vertrag zum Jahresende ausläuft. Auf Pasanen wird der deutsche Filmjournalist Christoph Terhechte folgen, der 17 Jahre lang Leiter des sogenannten Forums der Berlinale war.
„Das Forum“ ist Eröffnungsfilm
Das diesjährige Dok startet am Montagabend, den 28. Oktober, mit der Weltpremiere des Dokumentarfilms „Das Forum“. Er ist das Ergebnis einer drei Jahre langen filmischen Begleitung des jährlich stattfindenden Weltwirtschaftsforums in Davos. Regisseur Marcus Vetter ist der erste unabhängige Filmemacher, der das abgeschottete Treffen internationaler Führungspersönlichkeiten in den Schweizer Alpen dokumentieren durfte. Neben zwei parallel stattfindenden Vorführungen um 19 Uhr im Cinestar (im Petersbogen) wird „Das Forum“ um 18:30 Uhr auch gratis in der Osthalle des Hauptbahnhofes zu sehen sein. Es empfiehlt sich, früh da zu sein, denn das von Leena Pasanen eingeführte Format des kostenlosen Kinos im Hauptbahnhof ist unter den Leipzigern erfahrungsgemäß sehr beliebt. Warme Klamotten und ein Sitzkissen sind auch von Vorteil.
Die Auswahlkommission um Filmpublizist Ralph Eue hat „Das Forum“ und weitere zehn Filme in der Kategorie Internationaler Wettbewerb Langer Dokumentar- und Animationsfilm ins Rennen geschickt; auf den Gewinner wartet ein vom MDR gestiftetes Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro. Außerdem vergibt die Interreligiöse Jury einen mit 2.500 Euro dotierten Preis an einen Film in dieser Kategorie. Die Gesamtsumme der Dok-Preisgelder ist in diesem Jahr so hoch wie noch nie: Insgesamt 82.000 Euro werden – verteilt auf 24 Preise – an die Preisträger vergeben. Beim Dok 2018 waren es noch 78.000 Euro.
Die Dok-Programmsektionen
Die offizielle Auswahl unterteilt sich in acht Kategorien: Internationaler Wettbewerb jeweils für Lang- und Kurzfilme, Next Masters Wettbewerb jeweils für Lang- und Kurzfilme, Deutscher Wettbewerb jeweils für Lang- und Kurzfilme, Internationales Programm und die sogenannte Spätlese. Beim Next Masters Wettbewerb treten Arbeiten von aufstrebenden Filmemachern an, so dieses Jahr zum Beispiel „Army“ des südkoreanischen Regisseurs Kelvin Kyung Kun Park, ein Porträt über einen jungen Südkoreaner, der die in seinem Land verpflichtende Militärausbildung absolviert.
Im Rahmen der Programmsektion Spätlese, 2018 eingeführt, werden Filme „der Saison“ gezeigt, die auf anderen Filmfestivals herausstachen. Darunter findet sich dieses Jahr „Honeyland“, ein Porträt über eine Wildbienenzüchterin auf dem Balkan. Der Film bekam große Aufmerksamkeit und mehrere Auszeichnungen beim diesjährigen Sundance Film Festival und ist Nordmazedoniens Einreichung für die kommenden Oscars, eine Nominierung ist laut US-amerikanischen Filmkritikern sehr wahrscheinlich.
Thematische Schwerpunkte
Thematisch spiegelt die Dok-Auswahl aktuelle gesellschaftliche Debatten wider: Filmemacherin Aysun Bademsoy besucht in „Spuren“ die Familien der Opfer der NSU-Morde. In „Noch Einmal“ versucht sich Mario Pfeifer auf sehr künstlerische Art und Weise an einem Re-Enactment einer fremdenfeindlich motivierten Tat 2016 im ostsächsischen Arnsdorf, für die die Täter nie belangt wurden.
Auch das Thema Umwelt findet sich in vielen Einreichungen wieder. Die ehemalige Programmchefin Grit Lemke, die nach langjähriger Mitarbeit 2016 das Festival verließ, kehrt mit ihrem Filmdebüt „Gundermann Revier“ zurück zum Dok. Darin setzt sich die gebürtige Niederlausitzerin mit dem Nachlass Gerhard Gundermanns auseinander, Liedermacher und Baggerfahrer im Braunkohletagebau zu DDR-Zeiten. Im Kurzfilm „Where We Used to Swim“ beschäftigt sich Daniel Asadi Faezi, Student an der Münchener Hochschule für Fernsehen und Film, mit dem sterbenden Urmiasee im Nordiran.
Aber nicht nur Filme über den Iran, sondern auch aus dem Iran prägen das diesjährige Dok. Außergewöhnlich viele Einreichungen kamen aus diesem Land, sechs iranische Filme schafften es in die Auswahl. Darunter ist zum Beispiel „Family Relations“ von Nasser Zamiri, eine humorvolle Auseinandersetzung mit Machtstrukturen in einer iranischen Familie. Im Fokus steht deren Oberhaupt – „Haji Baba“, der Vater. Am Donnerstag, den 31. Oktober, sprechen die iranischen Dok-Regisseure in einer Podiumsdiskussion namens „Slow Cinema in Iranian Film“ über ihre filmische Herangehensweise. Die Veranstaltung findet im Museum der Bildenden Künste (MdBK) statt und ist kostenlos.
Dok Neuland erstmals im MdBK
Das MdBK ist in diesem Jahr nicht nur Festivalzentrum mit Presse- und Gästebereich und Dok Film Market, sondern erstmals auch Schauplatz des Dok Neuland, eine seit 2015 durchgeführte interaktive Ausstellung im Bereich Virtual Reality und 360-Grad-Film. Der Eintritt ist hier ebenfalls frei. Vom 29. Oktober bis 2. November können zwölf Arbeiten im Untergeschoss des MdBK erkundet werden.
Symposium zum Umgang mit menschenverachtenden Inhalten
Eine weitere Besonderheit dieses Jahr ist ein von der Bundeszentrale für politische Bildung finanziertes Symposium mit dem Titel „Wem gehört die Wahrheit?“, in dessen Rahmen Filmvorführungen, Lesungen, Performances und Podiumsdiskussionen stattfinden. Die Veranstaltung will sich mit der Frage beschäftigen, wie Filmemacher mit dem „politischen Gegner“ umgehen sollten. Das Symposium ist eine Reaktion auf Kritik an Filmen, deren Aufführungen in den vergangenen Jahren beim Dok für Diskussionen sorgten. 2017 porträtierte Sabine Michel in „Montags in Dresden“ drei Pegida-Anhänger weitgehend unkommentiert. Letztes Jahr zeichnete die Jury den Film „Lord of the Toys“ über einen Dresdner Youtuber und seine Clique als besten Film im Deutschen Wettbewerb aus. In den anderthalb Stunden Film werden die menschenverachtenden Parolen der Protagonisten ohne offensichtliche Wertung oder Kommentar wiedergegeben. Das linke Aktionsbündnis Leipzig nimmt Platz machte daraufhin gegen die Aufführung mobil. Das Symposium findet im Kupfersaal statt, der Eintritt ist frei. Um Anmeldung wird gebeten.
Gut zu wissen
Einzelkarten für die Filmvorführungen kosten für Studierende 6,50 Euro, eine ermäßigte Dauerkarte fürs Festival bekommt man für 70 Euro.
Erwerben kann man die Tickets vom 28. Oktober bis 2. November von jeweils 10 bis 18 Uhr an der Dok-Ticketkasse im MdBK. In den Spielstätten Cinestar, Passage Kinos, Schaubühne Lindenfels, Schauburg und Grassimuseum kann man Tickets jeweils 60 Minuten vor Beginn der ersten Vorführung bis 30 Minuten nach Beginn der letzten Vorführung kaufen.
Titelfoto: DOK Leipzig 2018/ Susann Jehnichen
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