Yes yes yes zu einer Utopie
Leipzigs queere Partyszene wächst. Dabei geht es nicht nur um pure Feierlust, sondern auch um die Zurückweisung geschlechtlicher Festlegung.
„NO ist gegenwehr. NO ist umarmung. NO ist der puls dahinter“ lautet die Losung des Abends und gegen 2 Uhr wird deutlich, was damit gemeint ist. Der unter die schmachtenden Zeilen „Can you open up to the pleasure?“ der Sängerin Robyn gelegte House-Beat trommelt den Puls hoch. Die Umschlingungen nehmen zu. Der Club Elipamanoke steht im Zeichen von „Bouys and Gehrls and criminal queers“.
Die seit 2008 existierende Reihe No No No zählt zu den fest etablierten Veranstaltungsformaten des Leipziger queeren Lebens. Erst im August wies ein Vice-Artikel auf die besondere Szene der Stadt hin. „Leipzig ist eine Subkulturstadt“, bestätigt Zacker, DJ und Organisator der No No No-Reihe. Er betont die lange Tradition politisierter Partykultur. Diesem Spektrum entstammt auch No No No, die sich vor allem, aber nicht nur, als Party für Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle versteht. Es gehe nicht um pure Feierlust. Darum könne die Party auch nicht Yes Yes Yes heißen.
Die „Gegenwehr“ steht nicht ohne Grund im Veranstaltungstext: Es gehe auch um die Zurückweisung geschlechtlicher Festlegung. Natürlich stehe Spaß im Vordergrund, aber jede Party habe einen „queeren Background“. „Es soll keinen Unterschied machen, ob die Menschen wissen, dass sie auf einer Queer-Party sind oder ob ihnen einfach die Musik gefällt. Sie tanzen auf einer Fläche zusammen und vermischen sich. Die Utopie ist einfach da.“
Was aber bedeutet „queer“ überhaupt? Der Begriff wird unterschiedlich verstanden. Ein Angebot machen die Organisatorinnen der Leipziger Partyreihe Nameless: Neben Heterosexualität werden „andere sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen“ anerkannt. Getreu dem Namen richtet sich Nameless an alle „die sich nicht an Namen und Bezeichnungen festhalten wollen“.
Noch jung ist die Partyreihe Series Be, die sich erst in diesem Jahr gegründet hat. Sie versteht sich als „Plan B“ zum „Plan A“ der Gesellschaft, die sich vor allem auf weiße Heterosexualität fokussiere. Der Fokus bei Series Be dagegen soll, etwa in Form von Drag-Performances, auf dem künstlerischen Ausdruck „alles anderen“ liegen.
Dass Leipzig die am stärksten wachsende Stadt Deutschlands ist, hat zwiespältige Auswirkungen. So vergrößert sich zwar die Zahl derer, die auf queeren Partys feiern. Gleichzeitig schwindet aber der Leerstand – und damit Freiräume und niedrige Mieten. Tom Schremmer vom IfZ wirft der Stadt hier „Komplettversagen“ vor. Existierende Freiräume würden nicht geschützt, neue Kultur nicht genügend gefördert. Ein weiteres Problem betrifft die Ausrichtung der queeren Partyszene selbst: Weibliche, lesbische und transsexuelle Perspektiven kämen zu kurz. Trotz dieser Probleme wird Leipzig bald eine noch größere Rolle auf Deutschlands queerer Landkarte spielen, wie Zacker grinsend klarstellt: „Der Zug rollt!“
15. November: Series Be: Royality (IfZ)/ 10. Januar: Nameless (Distillery)
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