Sieben Bands aus vier Nationen in sechs Stunden
Auch dieses Jahr war die Never-Say-Die-Tour 2019 wieder mit Zwischenstopp in Leipzig. luhze-Redakteure haben sich das üppige Bandangebot gegeben und in die Pit gewagt.
Dass Leipzig für Fans von Metal, Hardcore und Punk eine äußerst privilegierte Location ist, sollte bekannt sein. Fast jede Woche finden hier Szeneshows statt, egal ob internationale Größen oder Underground-Bands. Einer der wichtigsten Termine ist dabei die europaweit seit 2007 stattfindende Never-Say-Die-Tour, die jedes Jahr im Herbst ihren Zwischenstopp in unserer Messestadt zelebriert. Leipzig ist dabei gewissermaßen Heimspiel, da der Veranstalter Impericon hier seinen Sitz hat. Das Line-up ist dabei gewohnt hochkarätig und hat dieses Jahr sieben Bands im Portfolio, die den Felsenkeller solide abgerissen haben.
Als wir eintrafen, krachte es schon gewaltig im Hause, schuld daran waren die Tasmanier von Alpha Wolf, die mit ihrem breakdown-lastigen Nu-Metalcore-Sound zum Crowdkillen einluden. Dieses noch eher unbekannte Subgenre, das Alpha Wolf durchaus als Pioniere mit anführen, ist gerade erst im Kommen und geht neben dem Sound auch optisch einen anderen Weg. Man orientiert sich eher an der in Asien verwurzelten Techwear-Subkultur, entsprechend trägt man Mundschutz, stylishe Kurzhaarfrisuren und Longtees mit übergroßer Markenbotschaft. Daran gemessen traten Alpha Wolf noch eher moderat zum Vorschein. Zwar war der Raum noch ziemlich luftig, was die Zuschauerschaft anging – vermutlich weil die meisten in der Schlange des benachbarten Döner-Imbisses standen – doch es reichten schon vier bis fünf Kollegen, die passend im Takt two-stepten oder roundhouse-kickten.
Es folgten Our Hollow, Our Home aus Großbritannien, die neben anfänglichen Problemen mit dem Mikrofon eine gute Show ablieferten. In der anschließenden Pause erfolgte eine emotionale Ansprache der Organisation Hope for the Day, die sich für Personen mit psychischen Problemen stark macht. Der Sprecher forderte alle Anwesenden, die mit derartigen Dingen zu kämpfen haben oder eine schwere Zeit durchmachen, dazu auf, die Faust zu erheben und symbolisch den Mittelfinger als Zeichen der Stärke zu zeigen. Es waren sehr viele Finger.
Gleich danach betraten wieder Briten die Bühne, diesmal die Band Polar, die eine wahnsinnig energiegeladene Show ablieferte. Der Vokalist bewegte sich über die gesamte Bühne, brüllte der ersten Reihe quasi ins Gesicht und zweiteilte die Crowd bei jeder Gelegenheit, wie Moses, nur, dass seine Intention keine Wall of Death war. Aber ein kurzes Publikumsbad nahm der Sänger dennoch.
Die vorletzte Band waren die Australier von In Hearts Wake, die eine gute Symbiose zwischen tiefem gutturalen Gesang und cleanen Vocals darboten und auf die für die Tierwelt verheerenden Waldbrände in ihrer Heimat aufmerksam machten.
Die Headliner des Abends waren Crystal Lake. Die Band aus Tokio hatte zu Beginn des Jahres mit dem Album Helix den Metalcore auf eine neue Ebene gefrachtet. Dabei spielt vor allem ein konsequenter Einsatz von Synth-Elementen eine Rolle, in Kombination mit bis auf Anschlag tief gestimmten Gitarren. Das Resultat konnte man dabei schon im ersten Song hören – eine Breakdown-Abfolge, die in Härte und Strahlung einfach nur böse war und durch jedes Körperteil ging. Auch sonst gaben die Bandmitglieder alles und vor allem Sänger Ryo holte die ganze Brutalität seiner Stimmbänder hervor.
In einer Pause erklärte er uns dann, dass Crystal „Fucking“ Lake als erste asiatische Band die Never-Say-Die-Tour anführt und fragte voller Begeisterung, ob wir an diesem Abend mit ihm Geschichte schreiben wollen. Gemeint war damit natürlich auch die nächste Circle Pit. Doch vor dem Finale wurde der Sänger nochmal ernst und sprach von Selbstzweifeln und forderte die Leute auf, nach der Show bei Bedarf zu ihm zu kommen und mit ihm über Probleme zu sprechen. Außerdem erklärte er wiederholt, dass sie zwar aus Tokio sind, aber es „scheißegal ist, woher man kommt!“ Im anschließenden Finale wurde der Abriss vollzogen und die Show war viel zu schnell vorbei. Unsere Trommelfelle waren darüber aber nicht so traurig.
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