Zum Geburtstag viel Streit
Seit dem 5. November 2018 gilt die Waffenverbotszone im Leipziger Osten. Zum einjährigen Bestehen gab es viele Diskussionen über das Gebiet rund um die Eisenbahnstraße.
Das einjährige Bestehen der Waffenverbotszone im Leipziger Osten hat keine große Freudenwelle ausgelöst. Seit dem 5. November 2018 sind in einem Gebiet rund um die Eisenbahnstraße Waffen und gefährliche Gegenstände verboten. Auch Waffen, die nach dem Waffenrecht erlaubt sind, dürfen dort nicht mitgeführt werden. An den „gefährlichen Orten“ darf die Polizei zudem verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen. Die Legitimation dafür bildet nicht die Waffenverbotszone, sondern eben diese per Polizeigesetz festgeschriebenen Orte, die sich jedoch mit der Verbotszone decken. Bis zum 1. Oktober 2019 fanden in der Zone 218 Kontrollen statt, bei denen 152 Gegenstände, darunter 112 Messer und zwei Schusswaffen, sichergestellt wurden.
Andreas Loepki, Sprecher der Polizei Leipzig, hält die Einrichtung der Verbotszone für sinnvoll: „Die Eisenbahnstraße und angrenzende Straßenzüge waren und sind definitiv ein kriminalgeografischer Schwerpunkt.“ Die Zone stärke die öffentliche Sicherheit und schütze Grundrechte. Ob die Waffenverbotszone nach einem Jahr als Erfolg zu betrachten sei, müsse eine Evaluierung zeigen.
Mit dieser ist nun die Hochschule der Sächsischen Polizei betraut. Eine Evaluierung der Waffenverbotszone nach einem Jahr ist festgeschrieben.
Auf einen Antrag der Linksfraktion hin beschloss der Leipziger Stadtrat am 7. November, dass sich die Stadt dafür einsetzen muss, bei dieser Bewertung ansässige Institutionen und Anwohner*innen mit einzubeziehen. Linken-Stadträtin Juliane Nagel hält dies für notwendig, damit sich ein realistisches Bild der Situation zeigt. Sie kritisiert, dass die Waffenverbotszone das gesamte Viertel stigmatisiere. „Ich sehe darin eine negative Beeinflussung des zivilen Zusammenlebens“, sagt Nagel. Die Eisenbahnstraße wirke gefährlich, was mit rassistischen Stereotypen einhergehe. Bestimmte Gruppen wie etwa männliche Migranten, finanziell schwache Personen oder alternativ aussehende Menschen würden „eher ins Kontrollraster fallen“, sagt Nagel. Die verdachtsunabhängigen Kontrollen betrachte sie deshalb als Eingriff in die Grundrechte. „Die Polizei kontrolliert hier nicht, weil es einen konkreten Verdacht gibt, sondern weil sie es darf.“
CDU-Stadtrat Thomas Hoffmann hält die Einbeziehung nicht für nötig. „Es braucht eine objektive Bewertung aller Fakten“, sagt er. Eine solche Analyse anhand der Zahlen reiche aus, um die Verbotszone zu bewerten. Kontrollen als unwirksam darzustellen oder mit Themen wie Diskriminierung und Vorverurteilung von Menschen mit Migrationshintergrund in eine Diskussion über die Waffenverbotszone einzusteigen, hält Hoffmann für kontraproduktiv: „Sowas bringt uns in einer demokratischen Gesellschaft nicht weiter.“
Die Pressesprecherin der Organisation Copwatch Leipzig, Lisa Loewe, sieht das anders. Die Initiative hat den Antrag der Linksfraktion im Stadtrat unterstützt und leistet Aufklärungsarbeit rund um Polizeiarbeit und die Waffenverbotszone. Copwatch Leipzig führt Listen über Kontrollen, um aufzuzeigen, dass diese ein „rassistisches und klassistisches Narrativ“ bedienen. Bei nur etwa vier Prozent der Kontrollen sei ein Verstoß festgestellt worden und innerhalb von diesem Anteil befänden sich Fälle, in denen Personen einen Schraubenschlüssel oder ein Cuttermesser bei sich trugen. „Das ist unverhältnismäßig“, sagt Loewe. Am 17. November hat Copwatch Leipzig eine Demonstration gegen die Zone veranstaltet. Die Organisation wolle „eine kritische Öffentlichkeit erzeugen“, um der Polizei zu zeigen: „Wir kontrollieren euer Handeln.“
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