Der Mut der Kleinen
„Latte Igel und der magische Wasserstein“ ist die animierte Verfilmung des gleichnamigen Kinderbuchklassikers. In dieser Adaption werden die Lektionen des Buches ernst genommen.
„Latte Igel und der magische Wasserstein“ erzählt die Geschichte des kleinen Igelmädchens Latte (Luisa Wietzorek). Um ihre Waldlichtung und deren Bewohner*innen vor einer großen Dürre zu retten, vertraut sie auf das Urteil des Raben Korp (Gerald Schaale). Er erzählt ihr von einem magischen Wasserstein, der einst das ganze Tal bewässert habe und sich nun in der Gewalt des egoistischen Bärenkönigs Bantur (Henning Baum) befände. Obwohl die restlichen Tiere auf der Lichtung diese Geschichte nicht glauben, macht sich Latte auf den Weg, um ihr Zuhause zu retten. In Begleitung ihres ängstlichen Freundes, dem Eichhörnchen Tjum (Tim Schwarzmaier), folgen sie der Spur des Wassersteins in eine ihnen gänzlich unbekannte Welt voller Gefahren und Wunder.
Dass das in Deutschland 1988 erschienene Kinderbuch gerade jetzt verfilmt wird, ist kein Zufall. Die austrocknende Waldlichtung, der Mut der Einen und der Egoismus der Anderen, all das sind Themen unserer Zeit. Dabei ist der drohende Verlust des geliebten Lebensraumes an der Oberfläche die deutlichste Verbindung, die der Film und auch das Buch zur Klimakrise ziehen.
Die zentrale Thematik des Filmes von Regina Welker und Nina Wels ist aber eine andere, die ebenso eng mit Umweltschutz zu tun hat. Eigentlich geht es in dem liebevoll animierten Film darum, wem die Wahrheit gehört und wann sie zu Recht hinterfragt werden sollte. Denn die anderen Tiere im Wald glauben nicht an den Wasserstein und wollen es vielleicht gar nicht, besonders nicht, wenn diese Wahrheit von dem etwas furchteinflößenden Raben Korb erzählt wird. Nur Latte vertraut ihm und wirft den Anderen ihre Untätigkeit vor: „Lieber würdet ihr verdursten, als den Wasserstein zu holen. Ihr glaubt ja nicht einmal, dass er existiert.“ Auch Tjum, der Latte widerwillig begleitet, ist am Anfang skeptisch und hat Angst. Mit der Zeit lernt er, seine Eltern zu hinterfragen und sich ein eigenes Bild zu machen. Ebenso rebelliert Amaroo (Timur Bartels), der Sohn des Bärenkönigs Bantur, gegen ihn, als er erfährt, dass sein Vater den Stein unrechtmäßig nutzt, um nur das Bärental mit frischem Wasser zu versorgen. Er will Latte und Tjum helfen, diese Ungerechtigkeit rückgängig zu machen.
Immer wieder sind die Tierkinder in diesem Film weiser als ihre Eltern. Er ist also vor allem ein Plädoyer dafür, sich mit seinen Eltern und deren Weltsicht auseinanderzusetzen und eine eigene Meinung zu entwickeln, auch mal frech zu sein. Am Ende rettet dieser Mut den Wald und alle seine Bewohner*innen.
Auch wenn die Animation des Filmes manchmal an der Vermenschlichung von Tieren knabbert, zum Beispiel wenn auch die Regenwürmer, die Latte isst, große und wissende Augen haben, ist er eine gelungene Verfilmung des Kinderbuchs. Dabei werden die Meinungen von Kindern ernst genommen, ohne den Zeigefinger allzu hoch über die Eltern zu erheben. Denn die sind am Ende stolz auf ihre Kinder und sehen ein, dass sie ihnen Unrecht getan haben. Mehr als Kinder können Erwachsene etwas lernen: Manchmal muss man auch den kleinsten Leuten zuhören.
Ab 25. Dezember im Kino
Fotos: Koch Films
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