„Ich trete an, weil wir Grünen unsere Konzepte am besten vertreten“
Am 2. Februar findet die Oberbürgermeister*innenwahl statt. Wir haben allen Kandidierenden die gleichen Fragen gestellt. Den Anfang macht die Kandidatin der Grünen, Katharina Krefft.
Katharina Krefft wurde am 2. August 1978 geboren und arbeitet als Ärztin im Krankenhaus. Die Stadträtin kandidiert für Bündnis90/Die Grünen.
luhze: Warum wollen Sie Oberbürgermeisterin werden?
Krefft: Seit über 15 Jahren bin ich Stadträtin, seit sechs Jahren Fraktionsvorsitzende. Diese Erfahrung und dieses Wissen will ich jetzt nutzen: Ich möchte bündnisgrüne Themen auch in das höchste Amt der Stadt tragen, um mit den Leipziger*innen gemeinsam unsere Stadt grün zu gestalten.
Was ist das Beste an Leipzig? Was mögen Sie an Leipzig nicht?
Das Beste an Leipzig sind die Bürger*innen der Stadt, die ihr so viel gegeben haben und noch immer geben. Für mich ist Leipzig die Stadt der friedlichen Revolution, der Zivilgesellschaft, die Stadt der Demokratie. Manchmal hadere ich damit, dass Leipzig als größte ostdeutsche Stadt unterschätzt wird, aber das kann auch ein Gutes haben: Wir laufen unter dem Aufmerksamkeitsradar, haben aber so die Luft, uns gut zu entwickeln.
Was ist Ihre primäre Aufgabe als Oberbürgermeisterin?
Als erstes werde ich das Klimaschutzprogramm der Stadt vorlegen. Damit will ich in die Bürgerbeteiligung gehen, um Leipzig gemeinsam mit seinen Einwohner*innen enkeltauglich zu machen.
Welche Rolle sollen in den nächsten sieben Jahren Studierende in Leipzig spielen?
Leipzig wird als Stadt von den Studierenden geprägt. Ohne die Universitäten und Hochschulen wären wir eine unbedeutendere Stadt. Ich möchte mit den Studierenden Lösungen für Verkehr und Wohnen erarbeiten. Gemeinsam können wir die Studienbedingungen weiter verbessern, die Internationalität der Stadt ausbauen und Potentiale für Gründungen heben.
Was ist das drängendste Problem in Leipzig?
Am drängendsten sind Verkehr und Wohnen in unserer wachsenden Stadt. Im Stadtrat haben wir Beschlüsse für Wohnungspolitik und für Nachhaltigkeit im Straßenverkehr gefaßt. Diese möchte ich schnell umsetzen, um spürbar für Lösungen zu sorgen.
Wie wollen Sie dem Klimawandel als Oberbürgermeisterin begegnen?
Ich habe ein starkes Programm vorgelegt, um den Klimaschutz in Leipzig zu stärken. Ich will einen Ausstieg aus dem Kraftwerk Lippendorf, eine echte Mobilitätswende und die klimaneutrale Stadt bis spätestens 2050. Zudem müssen wir die Klimafolgen in unserer Stadt angehen: mehr Straßenbäume, Fassadenbegrünung und Maßnahmen, damit unsere Stadt auch in heißen Sommern lebenswert bleibt.
Was sind Ihre Pläne für den ÖPNV?
Wir brauchen mehr und bessere Verbindungen, also einen Ausbau der Linien, ein dichteres Haltestellennetz und engere Takte. Dazu investiere ich in mehr Bahnen und Busse, und sorge für das nötige Fahrpersonal.
Sind Sie für die Einführung eines 365 Euro-Tickets?
Ja, denn wir brauchen günstige Preise im Nahverkehr! Zusätzlich braucht es Investitionen in einen attraktiven Ausbau des Netzes. Die Nutzer*innen müssen tatsächlich eine Alternative zum eigenen PKW finden, darum sind Service, Bezahlbarkeit und Bequemlichkeit wesentlich.
Sind Sie für einen zweiten City-Tunnel, der Ost und West verbindet?
Der erste Tunnel war doppelt so teuer und wurde doppelt so lange gebaut wie geplant. Es gab enorme Probleme mit dem Leipziger Untergrund, wir sind nun mal auf Sand gebaut. Ich halte einen zweiten Tunnel momentan für nicht dringlich, wichtiger sind mir die vielen spürbaren Maßnahmen überall im Stadtgebiet, um die Anbindung von den Außenbezirken bis ins Zentrum, aber ganz besonders auch aus dem Umland deutlich auszubauen.
Was sollte im Jahr 2040 das primäre Fortbewegungsmittel in Leipzig sein?
Die Zukunft gehört der geteilten, nachhaltigen Mobilität. Dafür braucht es stolperfreie Fußwege, sichere und breite Radwege, einen attraktiven ÖPNV und Carsharing zur Entlastung des Parkdrucks. Alle Fortbewegungsmittel müssen barrierearm, zu jeder Tages- und Nachtzeit sicher und für alle bezahlbar sein.
Woher sollte Leipzig Strom und Fernwärme beziehen?
Wir bauen erneuerbare Energien aus und investieren in dezentrale Netze, grüne Fernwärme und eine autarke Versorgung für Leipzig.
Was sind Ihre Pläne, um den steigenden Mieten in Leipzig zu begegnen?
Wir brauchen eine neue Liegenschaftspolitik. Leipzig hat es total verschlafen, eigene Grundstücke zu kaufen, hat sogar verkauft und Grundstücke zur Spekulation freigegeben. Mit einem stärker genutzten Vorkaufsrecht der Stadt, vertikaler Nutzungsmischung und geförderter Konzeptvergabe auf eigenen Grundstücken wird der Druck sinken.
Welche Aufgabe sollte der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft in der Entwicklung des Leipziger Wohnungsmarkts zukommen?
Wir haben glücklicherweise eine stadteigene Wohnungsbaugesellschaft, die ihrem gemeinwesenorientierten Auftrag nachkommt. Sie ist eine wichtige Akteurin neben den Genossenschaften und privaten Entwicklern von der Baugruppe bis hin zu großen Anbietern. In der Summe haben wir eine gute Mischung. Wichtig ist, dass es gerecht zugeht und jede*r wachsen kann – zum Wohle der Leipziger Mieter*innen.
Was werden Sie gegen Wohnungslosigkeit tun?
Ich vertrete den Ansatz des Housing First. Ich möchte, dass jedem*jeder Wohnungslosen erst einmal eine Wohnung angeboten wird, voraussetzungslos. Ich habe bereits mit der Strategiekonferenz zur Wohnungslosigkeit initiiert, dass wir gemeinsam an Lösungen arbeiten und alle Akteur*innen, vom Wohnungslosen über die Sozialarbeit bis hin zum freien Träger einbeziehen für beste Strukturen und Angebote.
Wie stehen Sie zu der neuen SoKo Linx?
Ich lehne Gewalt, egal vom wem, ab. Wir brauchen eine gemeinsame Strategie, wie wir urbaner Gewalt begegnen. Entscheidend ist, dass Land, Polizei und Stadt gemeinsam agieren und nicht gegeneinander. Zur Lösung der Probleme brauchen wir mehr Kommunikation – zum Beispiel die frühe Vorstellung der Polizeistrategie vor Ereignissen – mehr Teilhabe, wenn in der wachsenden Stadt Freiräume verschwinden, Wohnen ein existentielles Thema wird und Clubs schließen.
Gibt es eine Stadt, die Leipzig als Vorbild dienen könnte?
Unsere Stadt ist die liebenswerteste. In Hinsicht auf Internationalität und Diversität können andere gerade westdeutsche Städte Vorbild sein, bei den Verkehrsthemen sehe ich Beispiele in den Niederlanden und Dänemark, bei Umgang mit Wohnungslosen ist Finnland vorbildlich, und der südländische Flair italienischer, spanischer und französischer Städte wird uns in Zeiten des Klimawandels Vorbild sein.
Welche*n Kandidat*in halten Sie – außer sich selbst – für den*die beste*n?
Ich trete an, weil wir Grünen unsere Konzepte am besten vertreten.
Was ist Ihre größte Stärke gegenüber den anderen Kandidierenden?
Meine kommunalpolitische Erfahrung in über 15 Jahren Stadtratstätigkeit, meine Verantwortungserfahrung als Fraktionsvorsitzende, Ärztin und Mutter und meine Vernetzung in die Zivilgesellschaft. Und die geschlossene, starke Unterstützung von Bündnis 90/Die Grünen.
Foto: Martin Jehnichen
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