„Ich mache keine Versprechungen, die ich nicht halten kann“
Am 1. März findet der zweite Wahlgang der Oberbürgermeister*innenwahl statt. Wir haben allen Kandidierenden die gleichen Fragen gestellt. Dies sind die Antworten von Ute Elisabeth Gabelmann.
Ute Elisabeth Gabelmann, geboren 1981, arbeitet als Kommunikationstrainerin. Sie kandidiert für die Piratenpartei, die Humanisten, die ÖDP und Demokratie in Bewegung.
Warum wollen Sie Oberbürgermeisterin werden?
Ich will Oberbürgermeister werden, weil Leipzig ein überparteiliches und unabhängiges Stadtoberhaupt braucht. Ich will ehrlich und auf Augenhöhe mit den Leipzigern kommunizieren und keine Versprechen machen, die ich nicht werde halten können.
Was ist das Beste an Leipzig? Was mögen Sie an Leipzig nicht?
Leipzig ist eine ideale Mischung: ich nenne es immer „große Kleinstadt oder kleine Großstadt“. Es vereint das beste aus beiden Welten. Weniger mag ich Leipzigs Großmannssucht, der Versuch, immer etwas größeres und besseres zu sein, als man tatsächlich ist (siehe Olympiabewerbung).
Was ist Ihre primäre Aufgabe als Oberbürgermeisterin?
Vermitteln, kommunizieren, mitdenken, Leipziger mit beteiligen, moderieren – kurz: mit den Einwohnern zusammen eine Idee von Leipzigs Zukunft entwickeln und umsetzen. Der Oberbürgermeister ist die übergeordnete „Klammer“, die wirklich alle Leipziger vertreten können muss.
Welche Rolle sollen in den nächsten sieben Jahren Studierende in Leipzig spielen?
Eine wichtige und prägende: wir brauchen Menschen, die sich aktiv einmischen, die ihre Stimme einbringen und Verantwortung übernehmen wollen. Ich freue mich, wenn sich auch Studenten an der Kommunalpolitik beteiligen. Ich werde alles dafür tun, solche Strukturen zu schaffen.
Was ist das drängendste Problem in Leipzig?
Die Stadt ist zu schnell gewachsen, die notwendige Infrastruktur (Wohnungen, Nahverkehr, Kitas, Schulen etc.) ist nicht mitgewachsen. Auch ein modernes Radverkehrsnetz fehlt.
Wie wollen Sie dem Klimawandel als Oberbürgermeisterin begegnen?
Wir werden eine Doppelstrategie fahren: wir werden einerseits versuchen, klimaneutral zu werden, andererseits aber auch Maßnahmen zur Anpassung ans Klima durchzuführen. Wichtig ist, alle Beteiligten auch einzubinden und frühzeitig Unterstützung zu suchen.
Was sind Ihre Pläne für den ÖPNV?
Wir setzen auf Neubaustrecken für die Straßenbahn, die Reaktivierung früherer Knotenverbindungen sowie schnelle Wege zwischen den Stadtteilen und von der Stadt ins Umland. Parallel muss die LVB in Angebot und Komfort investieren. Schnittstellen zwischen den verschiedenen Verkehrsarten verbessern wir, setzen auf intelligente Verkehrsplanung und führen unfallfreie Kreuzungslösungen ein.
Sind Sie für die Einführung eines 365-Euro-Tickets?
Ja, allerdings gleichzeitig bzw. nachdem das Netz ausgebaut wurde. Ob das aktuelle Netz den erwarteten Ansturm überhaupt verträgt, ist nämlich derzeit ungeklärt.
Sind Sie für einen zweiten City-Tunnel, der Ost und West verbindet?
Da der erste City-Tunnel unausgereift ist und der Bau extrem teuer war und ewig gebraucht hat, würde ich auf andere Lösungen setzen. Vom Gegenteil ließe ich mich notfalls überzeugen.
Was sollte im Jahr 2040 das primäre Fortbewegungsmittel in Leipzig sein?
Seilbahn und Flugtaxis schließe ich mal aus. Wünschenswert und allwettertauglich sollte die Straßenbahn sein. Dazu braucht es natürlich mehr Platz für Kinderwagen, Fahrräder und den Einkauf.
Woher sollte Leipzig Strom und Fernwärme beziehen?
Für diese Frage habe ich als Oberbürgermeister bei den Stadtwerken sicher gute Ansprechpartner. Das sind Fragen, die nach meinem Amtsantritt in entsprechenden Gesprächsrunden erörtert werden. Dabei werde ich neben Fachfirmen auch Interessenverbände und Betroffene an den Tisch laden, um die beste Lösung zu finden.
Was sind Ihre Pläne, um den steigenden Mieten in Leipzig zu begegnen?
Wir stärken den genossenschaftlichen Wohnungsbau und prüfen ein kommunales Bürgschaftsprogramm, damit mehr Menschen eine Wohnung kaufen können. Wir werden wieder mehr Grundstücke für die Stadt kaufen als verkaufen. Wir setzen auf Wohnungen statt Hotels und verhandeln mit Investoren auf Augenhöhe.
Welche Aufgabe sollte der LWB in der Entwicklung des Leipziger Wohnungsmarkts zukommen?
Die LWB soll zur Querfinanzierung des sozialen Wohnungsbaus auch mehr Wohnungen im Luxussegment anbieten, um die Gewinne aus diesem Markt nicht ausschließlich privaten Investoren zu überlassen.
Was werden Sie gegen Wohnungslosigkeit tun?
Ich werde prüfen, ob mehr Notunterkünfte sinnvoll sind und ob man die wegen der vormals steigenden Flüchtlingszahlen auf Jahre im Voraus angemieteten Unterkünfte dafür verwenden kann. Ebenfalls stehe ich für das Konzept „Housing First“.
Wie stehen Sie zu der neuen SoKo Linx?
Polizeiarbeit ist Landessache. Ich als OBM werde mich über die Arbeit der SoKo informieren und mir dann ein Urteil bilden.
Gibt es eine Stadt, die Leipzig als Vorbild dienen könnte?
Vorbildfunktion wäre zu viel gesagt, aber aktuell beobachte ich besonders aufmerksam gerade die Kommunalpolitik der Städte Barcelona, Paris und Venedig.
Welche*n Kandidat*in halten Sie – außer sich selbst – für den*die beste*n?
Ich kandidiere, weil ich keinen Kandidaten für ausreichend geeignet halte – täte ich dies, so würde ich diesen betreffenden Kandidaten unterstützen statt selbst zur Wahl zu stehen.
Was ist Ihre größte Stärke gegenüber den anderen Kandidierenden?
Ich mache keine Versprechungen, die ich nicht halten kann.
Titelfoto: Ute Elisabeth Gabelmann/Piratenlily
Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.