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  • „Keine Einzeltäter“

    Nach dem Anschlag in Hanau am Mittwoch kamen am Donnerstagabend mehrere Hundert Menschen im Leipziger Osten zu einer Kundgebung zusammen. In ganz Deutschland wurde zu Gedenkveranstaltungen aufgerufen.

    Nach dem rechtsextremen Anschlag, bei dem neun Menschen mit Migrationshintergrund ermordet wurden, riefen die Bündnisse Unteilbar und Leipzig nimmt Platz am Donnerstagabend zu einer Gedenkkundgebung in Leipzig auf. Unter dem Motto „In Gedenken an Hanau. Gegen rechten Terror und Rassismus“ versammelten sich die geschätzt 500 Teilnehmenden ab 20 Uhr auf dem Otto-Runki-Platz an der Eisenbahnstraße. Am Straßenrand stellten sich Menschen mit Transparenten auf. Auf einem stand: „Keine Einzeltäter“, auf dem anderen war ein arabischer Schriftzug zu sehen, der mit „Gegen jede rassistische Gewalt“ übersetzt werden kann.

    Der Demozug mit vielen kurdischen Flaggen und Transparenten mit arabischen und deutschen Schriftzügen

    Neben Antifa-Flaggen gab es auf der Veranstaltung auch viele kurdische Flaggen.

    Als um 20:15 Uhr die Lautsprecher immer noch nicht funktionierten, trat spontan der Leipziger Kneipenchor mit dem Lied „Drei rote Pfiffe“ auf. Das Lied erzählt die Geschichte einer Frau, die als Partisanin für die Befreiung Österreichs von den Nationalsozialist*innen kämpfte.

    Gegen halb neun begann schließlich die Veranstaltung. Zunächst wurde auf verschiedenen Sprachen erklärt, dass es nach den Redebeiträgen ein Open Mic geben sollte, bei dem alle eingeladen seien, einige Worte zu sagen.

    Die erste Rednerin aus der kurdischen Gemeinschaft in Leipzig betonte, wie „wütend und traurig“ ihre Gemeinde nach dem Anschlag sei und dass man die Tat im Zusammenhang mit anderen sehen müsse, wie etwa dem Anschlag in Halle im letzten Oktober oder dem Mord an Walter Lübcke. „Der Attentäter von Hanau war kein Einzeltäter. Wir wissen längst, dass die deutsche Rechte über Landesgrenzen hinweg vernetzt ist.“ Sie forderte alle gesellschaftlichen Gruppen auf, sich zusammenzuschließen und gemeinsam gegen Hass und Gewalt vorzugehen. „Angesichts der Morde wirkt die Parole ‚Wehret den Anfängen‘ hilflos. Es hat längst wieder angefangen. Schauen wir nicht länger zu! Werden wir laut gegen Rassismus und Ausgrenzung!“

    Ein Demozug, auf dessen zuvorderstem Transparent "Wer schweigt, stimmt zu. Den rassistischen Konsens durchbrechen" steht.

    Kurz nach dem ofiziellen Ende der Gedenkveranstaltung setzt sich ein spontaner Demozug in Bewegung.

    Auch die zweite Rednerin vom Dachverband der Migrant*innenorganisationen machte deutlich, wie wichtig zivilgesellschaftliches Engagement sei: „Rassismus ist tödlich, und wir wissen das nicht erst seit den NSU-Morden.“

    Nach einer Schweigeminute für die Opfer des Anschlags und weiteren Redebeiträgen wurde schließlich das Open Mic eröffnet, bei dem sich mehre Personen zu Wort meldeten. Zum Schluss riefen die Organisator*innen der Kundgebung dazu auf, sich der bundesweiten Demonstration am Samstag in Hanau anzuschließen oder an dezentralen Demonstrationen teilzunehmen.

    Danach wurde die Veranstaltung offiziell beendet, jedoch formierte sich schnell eine spontane Demonstration, die mit lauten Parolen über die Eisenbahnstraße zog. Diese war anscheinend nicht angemeldet, doch die Polizei unternahm keinen Versuch, sie zu verhindern. Über die Torgauer und die Wurzner Straße, die Hermann-Liebmann-Straße und den Stadtteilpark Rabet gelangte der Zug wieder zum ursprünglichen Versammlungsort, wo er sich gegen 21:50 Uhr auflöste.

     

    Fotos: Leonie Asendorpf

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