Reisen durch das MDV-Gebiet
Das MDV-Ticket lohnt sich nicht nur für Pendler*innen zwischen Halle und Leipzig. Auch außerhalb der beiden Großstädte gibt es viel zu entdecken, zu erreichen in weniger als einer Stunde.
Altenburg
Für einen Tag Sachsen hinter sich zu lassen, kann so einfach sein. Alle halbe Stunde fahren abwechselnd die S5 und die S5X nach Altenburg. Während der 40 bis 50 Minuten Fahrt verlässt man Sachsen und landet in Thüringen.
Es steckt schon im Namen der Stadt: Altenburg hat viele alte Gebäude.
In der Skatstadt wurde Anfang des 19. Jahrhunderts außerdem das beliebte Kartenspiel erfunden, weshalb es in Altenburg auch den einzigen Brunnen der Welt gibt, der einem Kartenspiel gewidmet ist. Gelegen auf einem Hügel befindet sich das Residenzschloss, in dem sich das Schloss- und Spielkartenmuseum befindet. Aber auch von außen sind Schloss und Schlossgarten mit Orangerie, Naturkundemuseum, Kirche und Lindenau-Museum mehr als sehenswert. In der kalten Jahreszeit nicht unbedingt ein Muss, trotzdem sehr schön sind der Botanische Erlebnisgarten und der Zoo, der sich auf einer Insel befindet.
Zu Thüringen gehören natürlich Bratwürste. Wer seine*ihre gerne mit Senf isst, sollte in den Senfladen gehen. Dort kann man mit der Wurst gleich die circa 300 Altenburger Senfsorten ausprobieren. Wer weniger auf Fleisch steht, sollte die Zwiebelsuppe im Café Domizil auf dem Marktplatz einkehren, denn diese ist mit Toast und Käse überbacken. Altenburg hat auch eine eigene Brauerei, die leckeres Bier und Radler herstellt, das man auch im Supermarkt bekommen kann.
Pia Benthin
Torgau
Mit dem RE10 ist man in 35, mit der S4 in 53 Minuten in der nordsächsischen Kleinstadt, deren hübsche Renaissancearchitektur zum Entdecken einlädt. Hier findet man die Mohrenapotheke, eine der ältesten deutschen Apotheken, die dank ihres Namens und der Skulptur eines schwarzen Kindes schon für Diskussionen bei Twitter sorgte. Nur ein Haus weiter stellt der Künstler Stefan Plaszkorski in den Fenstern eines verlassenen Hauses übergroße Portraits aus, die abends illuminiert werden.
Das Schloss Hartenfels liegt direkt an der Elbe. Auch hier erstaunt die Unterschiedlichkeit des Angebots: Luthers erste protestantische Kapelle, moderne Kunst und echte Braunbären, die zwischen den Schlossmauern leben. Auch kulinarisch überzeugt Torgau. Bei Hakan Döner gibt es sehr gute Falafel. Die scharfe Soße macht jeder Erkältung den Garaus. Die Kost.Bar lädt mit gemütlichen Palettenlandschaften zum Verweilen ein. Ein Highlight im Veranstaltungskalender der Stadt: Am 25. April wird der Elbe Day gefeiert, an dem sich 1945 US-amerikanische und sowjetische Truppen zum ersten Mal auf deutschem Boden getroffen haben.
Pauline Reinhardt
Naumburg
Mit dem Regionalexpress dauert es knappe 40 Minuten, bis man von Leipzig aus in den vergleichsweise beschaulichen Naumburger Hauptbahnhof einfährt. Von dort aus ist alles zu Fuß erreichbar – es fährt aber auch eine schnuckelige Straßenbahn, die auf Tripadvisor bereits als Sehenswürdigkeit ausgewiesen wird.
Das eigentliche Wahrzeichen ist der Naumburger Dom, der majestätisch über den kleinen Häusern hervorragt. Das Gebäude darf sich seit 2018 zum Unesco-Weltkulturerbe zählen. Wer noch mehr Kultur will, kann das Nietzsche-Haus besuchen. Der Philosoph lebte einen Teil seiner Kindheit in Naumburg.
Beim Schlendern durch die schöne Altstadt kommt direkt Urlaubsgefühl auf. Das kann noch intensiviert werden, denn Naumburg liegt mitten im nördlichsten deutschen Weinanbaugebiet Saale-Unstrut. Für eine Weinverkostung muss man zwar das Zentrum verlassen, begibt sich damit aber auf einen abwechslungsreichen, etwa 30-minütigen Spaziergang durch Kleingärten, Wiesen und Felder. Wenn dann der Blick auf kleine Hügel und die sich hindurch schlängelnde Saale frei wird, könnte man sich ebenso gut in der Toskana befinden – naja, fast. Eine Führung inklusive Verkostung ist mit 7 Euro pro Person auch für Studierende erschwinglich.
Hanna Lohoff
Halle
Mit Glück erwischt man die rasende S5X, die es in nur 27 Minuten zum Hallenser Bahnhof schafft. Aber auch die etwas gemächlichere S3 braucht nur 40 Minuten. Nach ein paar obligatorisch großmäuligen Vergleichen, in denen Halle sowieso nie gegen Leipzig anstinken wird, kann auch jede*r Leipzigverfechter*in lockerlassen und die Stadt genießen.
Denn Halle lädt zum Spazieren ein und hat als allumfassende Sehenswürdigkeit herrlich unsanierten Altbau voller Stuck und Doppelfenster zu bieten. Man kann sich außerdem am Steintorcampus der Uni wundern, warum die Bibliothek aussieht wie ein Bienenstock, erstaunlich höfliche Edding-Schmierereien auf dem Boden entdecken und herausfinden, was sich im Museum der Haustierkunde verbirgt. Für eine Stärkung nach all diesen Eindrücken gibt es neben dem besten Wortspiel im Namen im Café Bewaffel Dich – ja, genau, Waffeln. Süße Waffeln, herzhafte Waffeln, „Superwaffeln”.
Ein Geheimtipp: Der Lehmann-Felsen, der heute mit Parklandschaften und Klippenblick über der Saale protzt, wäre 1927 beinahe nach einem Entwurf von Gropius zu einer „Stadtkrone” befördert worden – inklusive Stadion, Theater und Museum. Die Jury des Ideenwettbewerbs hielt seinen Entwurf aber für „völlig utopisch” und zum Schluss blieb das Gelände leer. Ein perfekter Ort für Was-wäre-wenn-Gedankenspiele und in seiner Leerheit ein wunderbar natürlicher Rückzugsort mitten in der Stadt.
Marie Nowicki
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