Stadt der Sonne
Seit 2012 finden in Ägypten Ausgrabungen statt, die von Angehörigen der Universität Leipzig begleitet werden. Dietrich Raue gibt Einblicke in die Arbeit vor Ort und die Entwicklung der Archäologie.
Die Stadt Heliopolis in der Nähe Kairos war einst eines der religiösen Zentren, ihr Tempel einer der wichtigsten der altägyptischen Kultur. Laut ihrer Mythologie war Heliopolis der erste Hügel, der aus der Urflut auftauchte und der Ort, an dem die Götter entstanden. Seine Gestalt war bis vor kurzem kaum bekannt, nun wird er langsam zutage gefördert. Unter anderem wurde eine Brauerei aus dem Jahr 3.500 vor Christus entdeckt. Seit 2012 ist die ägyptisch-deutsche archäologische Mission mit den Ausgrabungen beschäftigt. Geleitet wird sie von Aiman Ashmawy und Dietrich Raue vom Ägyptischen Museum der Universität Leipzig. Da allerdings viel in römischer und frühislamischer Zeit verbaut wurde, gestaltet sich die Kontextualisierung des Ortes sehr schwierig. „Dies ist ein Schwerpunkt der Arbeit der Leipziger Studierenden, die zu diesem Thema auch ihre Masterarbeiten und Promotionen schreiben“ so Raue.
Die Arbeit in Heliopolis spiegelt die Entwicklungen der Archäologie der letzten Jahrzehnte wieder. Raue führt dazu aus, in der Methodik steige das Interesse für menschliche Siedlungen, um „frühere Lebenswirklichkeiten besser nachvollziehen zu können“. Die Textforschung, so auch die spätägyptische, stehe nun stärker im Mittelpunkt. Im Feld wird 3D-Modelierung zum Beispiel zur Rekonstruktion von Gesichtern, 3D-Visualisierung mittels Digitalfotos und Geophysik immer wichtiger. In Heliopolis werde vor allem die elektrische Widerstandsmessung gebraucht, weil es unter dem Grundwasserspiegel liegt. Allerdings stehen die Ausgrabungen unter Zeitdruck, in Form eines schnellen Bevölkerungswachstum. Raue bemerkt dazu: „Allein in Ägypten wächst die Bevölkerung um eine Million Menschen pro Jahr, wodurch viele Notgrabungen nötig werden. Dies ist ein weltweites Problem.“
An der Universität Leipzig fiel 2015 die Professur für Klassische Archäologie Sparmaßnahmen zum Opfer. Allein hier bedeutete die vom Freistaat geforderte Streichung von drei Stellen das Aus für einen Studiengang mit bis zu 160 Studierenden. Der damalige Leiter des Instituts, Hans-Ulrich Cain, erfuhr davon erst nach der Entscheidungsfindung. Als einen Grund nannte Rektorin Beate Schücking, dass in Halle bereits ein solches, und vor allem größeres, Institut bestehe.
Wenn es gut läuft, kann sich das wieder ändern, derzeit finden die nötigen Bewerbungsvorträge statt, so Raue. Auch wenn vorerst nur Zeitverträge angeboten werden, soll es in absehbarer Zukunft wieder eine Professur für Klassische Archäologie geben. Aus der Zusammenarbeit zwischen der Alten Geschichte, der Klassischen Archäologie und der Ur- und Frühgeschichte resultierte der Studiengang „Archäologie und Geschichte der Alten Welt“. Anders als in der Ägyptologie liegt hier der Fokus vor allem auf Gegenständen als Quellen. Kürzlich wurde der Bachelor „Archäologie und Geschichte des Alten Europa“ ins Leben gerufen, der gut angelaufen ist. Raue bleibt zuversichtlich: „Im letzten Semester hatten sich dafür über 40 Erststudierende eingetragen.Der nächste Schritt wäre die Schaffung eines Master-Studienganges. Durch die Besetzung einer Juniorprofessur für Archäologie des Mittelmeerraums ab Oktober ist der Studiengang für sechs Jahre abgesichert.“ „Vorsichtiger Optimismus“ besteht darin, dass man auch in Zukunft in Leipzig Archäologie wird studieren können.
Foto: Universität Leipzig
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