Wie ihr euch während Corona engagieren könnt
Wenn ihr genug von Puzzeln und Bananenbroten habt, nutzt den Corona-Hausarrest für gesellschaftliches Engagement! Wir stellen euch zehn Optionen vor. Spoiler: Über die Hälfte ist vom Sofa aus machbar.
Junges Gemüse auf die Felder
Aufgrund der Coronakrise fehlen laut Bauernverband in Sachsen derzeit etwa 7.000 Saisonkräfte für die Landwirtschaft, die sonst beispielsweise aus Bulgarien oder Rumänien anreisen, um Spargel zu stechen oder Erdbeeren zu pflücken. Die Bundesregierung hat zwar angekündigt, Saisonkräfte per Flugzeug einfliegen zu lassen, die diesjährige Lücke im Arbeitsmarkt wird damit aber nicht zu schließen sein. Jetzt seid ihr dran:
Während die AfD das mit der Erinnerungskultur immer noch nicht verstanden hat und in Anlehnung an den sogenannten Ernteeinsatz in der DDR eine staatliche „Abordnung“ von Schüler*innen und Studierenden zur Feldarbeit fordert, könnt ihr euch ganz 2020-mäßig freiwillig einen Nebenjob als Erntehelfer*in sichern.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat mit dem Ziel der schnellen Vermittlung das Portal daslandhilft.de erstellt, auf dem nach dem Suche-Biete-Prinzip Inserate angelegt werden können. Ihr gebt euren Standort und eure Zeitkapazität an und wartet, bis euch ein Betrieb kontaktiert, oder sucht gezielt nach einem Job in eurer Nähe. Es können auch Gruppeninserate aufgegeben werden – der spaßigen Salaternte gemeinsam mit der besten Freundin steht also nichts im Wege. Außer vielleicht, dass die suchenden Betriebe logischerweise oft auf dem Land liegen und so nur schwer ohne Auto zu erreichen sind. Neben dem Portal der Bundesregierung könnt ihr es auch ganz klassisch auf ebay-Kleinanzeigen oder minijobs.info versuchen.
Blut und Plasma spenden
Der Großteil der Menschen hierzulande geht nach dem Motto #stayhome gerade nur für notwendige Dinge wie Arbeiten oder Einkaufen oder für einen Spaziergang nach draußen und das ist richtig so. Obwohl das Spenden von Blut und Plasma keine Notwendigkeit für Spender*innen darstellt, ist es für Krankenhäuser weiterhin unabdinglich.
Denn Leukämie- und Herzkranke gibt es weiterhin, Unfälle mit schweren Verletzungen passieren nach wie vor und Menschen mit Hämophilie brauchen in Coronazeiten nicht weniger Blut- und Plasmapräparate als zuvor. Wenn ihr euch gesund fühlt, nicht zur Risikogruppe gehört, nicht kürzlich aus einem Risikogebiet heimgekehrt seid und keinen Kontakt zu einer nachweislich an Covid-19 erkrankten Person hattet: ab ins Spendezentrum!
In Leipzig geht das beispielsweise beim Deutschen Roten Kreuz (Prager Straße), bei der Haema (Am Markt, Connewitzer Kreuz und Lützowstraße) und am Uniklinikum. Die Spendeeinrichtungen haben Maßnahmen ergriffen, um die Ansteckungsgefahr möglichst gering zu halten. Zum Beispiel müssen derzeit Begleitpersonen, die nicht spenden wollen, draußen bleiben und Oberflächen werden häufiger desinfiziert. Bei der Haema erhaltet ihr Geld für eure Spende.
#leavenoonebehind
Besonders hart trifft die Pandemie diejenigen, die es auch in Nicht-Krisenzeiten schwer in der Gesellschaft haben, zum Beispiel Obdachlose. Ihr könnt dazu beitragen, das Leben dieser Menschen, die aufgrund von häufigen Vorerkrankungen und fehlender Krankenversicherung durch eine Infektion besonders gefährdet sind, ein wenig erträglicher zu machen.
Der Leipziger Verein Timmi To Help kümmert sich auch jetzt um Wohnungslose, die derzeit teilweise keinen Zugang zu Sanitäranlagen oder Tagestreffs haben und kaum Bargeld von Passant*innen bekommen. Mit einer Spende könnt ihr den Verein unterstützen und somit sicherstellen, dass Timmi To Help seine Corona-Sofortmaßnahmen weiterhin durchführen kann, beispielsweise das Verteilen von Supermarktgutscheinen.
Ebenfalls indirekt unterstützen könnt ihr Leipziger Obdachlose, indem ihr das Straßenmagazin Kippe gegen eine Spende in Höhe von mindestens zwei Euro digital erwerbt. Kippe ist ein Projekt des Leipziger Suchtzentrums und wird – zu Nicht-Krisenzeiten – von Menschen in sozialer Not und Wohnungslosen im Stadtgebiet verteilt, die dadurch ein wenig Geld verdienen können. Da der Verkauf in der Öffentlichkeit aufgrund der sächsischen Verordnung derzeit untersagt ist, ist die finanzielle Lage Vieler noch prekärer als sonst.
Älteren und Vorerkrankten helfen
Älteren oder Vorerkrankten könnt ihr schnell und direkt helfen, indem ihr Einkäufe für sie erledigt oder – falls ihr einen Führerschein besitzt – sie zu medizinisch notwendigen Terminen fahrt.
Durch das Meiden von Supermärkten, Apotheken und dem ÖPNV ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese der Risikogruppe zugehörigen Menschen mit dem neuartigen Coronavirus anstecken, viel geringer. Auch Personen, die systemrelevante Berufe ausüben und aufgrund von Überstunden und Kinderbetreuung keine Zeit für einen Einkauf haben beziehungsweise so lang wie möglich gesund bleiben wollen, sind auf eure Dienste angewiesen. Hilfe könnt ihr natürlich nicht nur euren Nachbar*innen anbieten (zum Beispiel durch einen Zettel im Hausflur oder eine WhatsApp-Gruppe), sondern auch anderen Menschen in Leipzig. Dafür wurden in den letzten Wochen zahlreiche Projekte ins Leben gerufen, beispielsweise die Corona-Hilfe der Stiftung „Ecken wecken“ und die landesweite Initiative „Team Sachsen“. Oder ihr bietet eure Hilfe in Facebook-Gruppen wie „Nachbarschaftshilfe 2.0 Leipzig“ an.
Einfach mal zuhören
Auch abgesehen von Einkaufshilfe könnt ihr in der aktuellen Situation für eure Mitmenschen da sein: indem ihr einfach zuhört. Viele Leipziger*innen haben aufgrund der bundesweit geltenden Kontaktsperre und der sächsischen Corona-Schutz-Verordnung zurzeit kaum physischen Sozialkontakt, vor allem Alleinwohnende sind davon betroffen. Um der Einsamkeit entgegenzuwirken, ruft doch einfach mal euren Opa an oder macht einen Videochat mit der Studienfreundin und fragt sie, wie es ihnen geht. In Krisenzeiten solidarisch sein bedeutet nämlich auch, gegenseitig auf die mentale Gesundheit zu achten. Das Soziokulturelle Zentrum Die Villa und die Theaterinitiative Rote Rübe haben das Projekt „Leipzig hält zusammen“ gestartet, das Telefonfreundschaften vermittelt, um in der Krise fremden Menschen ein offenes Ohr zu schenken und durch Gespräche mal auf andere Gedanken zu kommen.
Support your local Dönerladen
Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass euer Dönerladen des Vertrauens und der Späti um die Ecke auch nach der Coronakrise noch existieren, könnt ihr euch jetzt gesellschaftlich engagieren, indem ihr etwas tut, was ihr sowieso tun müsst: ESSEN! Restaurants und Imbissläden dürfen laut Verordnung noch Gerichte ausliefern oder zur Abholung anbieten. Also bestellt mal wieder eine Pizza, wenn es euch finanziell möglich ist – und haltet bei Selbstabholung oder Lieferung selbstverständlich die Hygienevorschriften ein. Dasselbe gilt für Bekleidungsgeschäfte, Bars, Boulderhallen oder andere Kleinunternehmen, die zwar nicht mehr öffnen dürfen, aber oft Onlineshops, einen Gutscheinverkauf oder eine Spendenmöglichkeit anbieten, um sich finanziell über Wasser zu halten. Auf der Website Local Heroes Leipzig findet ihr einen Überblick einiger lokaler Unternehmen, die ihr jetzt mit eurer Bestellung oder eurem Gutscheinkauf sofort unterstützen könnt.
Kulturszene retten
Nicht nur Restaurants und Klamottenläden sehen sich unter den aktuellen Bedingungen existenziell bedroht, auch vielen Kulturschaffenden geht die Coronakrise an den Kragen. Hier gilt dasselbe: Wenn ihr könnt, storniert nicht eure bereits gekauften Theaterkarten, weil die Veranstaltung verschoben werden musste, sondern behaltet sie bewusst und freut euch auf das Leben nach Corona. Kauft Tickets für ein Konzert der Band, die ihr eh immer schon mal sehen wolltet, oder verschenkt statt Socken mal Kinogutscheine an den besten Freund.
Eine Interessengemeinschaft aus mehreren Leipziger Clubs hat im Zuge der Coronakrise ein sogenanntes Soliticket ins Leben gerufen, das man über das Leipziger Ticketunternehmen Tixforgigs erwerben kann. Wie vielen Kultureinrichtungen droht Diskotheken derzeit der wirtschaftliche Ruin, denn sie müssen trotz Coronakrise Mieten und Gehälter zahlen. Mit dem kleinen Club-Soliticket für zehn Euro (Spende ohne Gegenleistung) oder dem großen für 25 Euro (Spende, die einmal Eintritt zum Club eurer Wahl beinhaltet) könnt ihr das Noch Besser Leben, die Distillery, das Werk 2, das UT Connewitz, das Elipamanoke, die Moritzbastei, das IFZ, das Mjut, den TV-Club und das Conne Island unterstützen. 50 Cent pro Ticket gehen an Tixforgigs.
Das Crowdfunding-Projekt „Leipziger Kulturfallschirm“ ruft dazu auf, selbstständige Kulturschaffende wie Schauspieler*innen, Musiker*innen oder Maskenbildner*innen aus dem Leipziger Raum vor der Privatinsolvenz zu bewahren, und zwar durch eine selbst festgelegte Spendensumme. Noch bis zum 20. April könnt ihr entweder über die Crowdfunding-Plattform oder per Paypal Geld überweisen. Die Gesamtsumme wird nach Ende des Projekts unter allen Kulturschaffenden, die sich bei den Initiatoren Grote und Thomas angemeldet haben, gleichmäßig aufgeteilt.
Maske auf!
In vielen asiatischen Großstädten nicht nur während der Pandemie eine Selbstverständlichkeit, in Deutschland noch eher verschmäht: die Schutzmaske fürs Gesicht. Dabei kann sie erheblich dazu beitragen, das Risiko einer Tröpfcheninfektion in der Öffentlichkeit zu verkleinern.
Wenn ihr vor allem eure Mitmenschen beim Einkaufen, auf Arbeit oder auf dem Weg dorthin schützen wollt, ist das Tragen einer Maske sinnvoll. Da der Markt regelt und Schutzmasken derzeit fast nicht zu erwerben sind – und wenn, dann mit einem Preisanstieg von bis zu 3.000 Prozent – kommt ihr schneller und günstiger zu einem Mundschutz, indem ihr zu Nadel und Faden greift und eine sogenannte Behelfsmaske selbst herstellt.
Dafür braucht es keine Nähmaschine oder ausgeklügelte Handarbeit-Skills, sondern lediglich ausreichend Stoff, eine Nadel, Faden, Gummi, eine Schere und ein wenig Konzentration. Zahlreiche DIY-Videos machen vor, wie man in wenigen Minuten Mangelware selbst produzieren kann. Und wenn ihr schon mal dabei seid, könnt ihr auch gleich ein paar mehr Masken nähen und sie entweder an Bekannte verteilen oder sie medizinischem Personal zur Verfügung stellen, denn der Staat kann derzeit nicht ausreichend Schutzmaterial liefern und ihr habt ja sowieso Langeweile.
Klinikpersonal auf Abruf
Hilfe auf Abruf könnt ihr beim Leipziger Universitätsklinikum leisten, indem ihr euch anhand eines Formulars als freiwillige Krisenhilfskraft registriert. Dabei könnt ihr den Klinikbetrieb durch vielfältige Tätigkeiten unterstützten. Das können zum Beispiel organisatorische Aufgaben in der Corona-Ambulanz, Patient*innenpflege oder das Übersetzen in medizinischen Notfällen sein – teilweise abhängig von eurem Studienfach und eurer beruflichen Erfahrung. Sobald Hilfsbedarf besteht, kontaktiert euch die Klinik. Zu einer Tätigkeit verpflichtet euch niemand, ihr könnt sie jederzeit ablehnen oder ganz aus dem Programm aussteigen. Jede freiwillige Tätigkeit ist durch die gesetzliche Haftpflichtversicherung des Universitätsklinikums abgesichert.
Lokaljournalismus unterstützen
In Krisenzeiten ist unabhängiger, qualitativ hochwertiger Lokaljournalismus besonders wichtig, da die politische Lage sehr dynamisch und oft unübersichtlich ist. Die Aufgabe der „vierten Gewalt“ ist es jetzt mehr denn je, die Öffentlichkeit zeitnah und faktenbasiert zu informieren und auf Missstände und Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen. Doch auch der Journalismus ist von der Coronakrise betroffen. Anzeigen, die für viele Medien ein bedeutendes finanzielles Standbein sind, brechen derzeit reihenweise weg, da fast alle öffentlichen Veranstaltungen abgesagt wurden und viele Anzeigenkund*innen gerade selbst finanzielle Sorgen haben – und der erste Unternehmensbereich, bei dem gespart wird, ist meistens die Eigenwerbung.
Sollte es euch finanziell möglich sein, dann nutzt das Geld, das ihr jetzt nicht für Kneipenabende, Cafébesuche oder Clubeintritte ausgeben könnt, um euch beispielsweise ein Abonnement beim Stadtmagazin Kreuzer (für Studierende 25 Euro jährlich) oder bei der Leipziger Zeitung (für Studierende 24,50 Euro jährlich) zu holen. Auch The Leipzig Glocal, das einzige englischsprachige Web-Magazin der Stadt, braucht eure Unterstützung. Viele von euch haben gerade jetzt mehr Zeit zum Lesen, eine Win-Win-Situation also.
Auch wir von luhze sind während der Coronakrise für euch da und berichten unter anderem über die Reaktionen der Hochschulen auf die Pandemie, führen Interviews, zum Beispiel zu den Auswirkungen von sozialer Isolation auf die Psyche, oder testen für euch das digitale Uni-Sportangebot – und das ohne Vergütung. Aber auch über alles, was abseits von Corona in der Leipziger Hochschullandschaft so passiert, informieren wir euch natürlich wie immer.
Damit wir das weiterhin machen können und trotz krisenbedingter Streichung der April-Ausgabe finanziell überleben, könnt ihr uns per Crowdfunding unterstützen. Oder selbst Hochschuljournalismus mitgestalten und zu diesem Zweck zur nächsten (derzeit digital stattfindenden) Redaktionssitzung vorbeischauen!
Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.