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  • Möglicher Sommer ohne Semester

    Die Universität Leipzig bietet von der Krise betroffenen Studierenden die Möglichkeit, dieses Semester nicht an die Regelstudienzeit anzurechnen. An der HTWK herrscht diesbezüglich noch Unsicherheit.

    Studieren können, aber nicht müssen: Als Reaktion auf die große Herausforderung des Sommersemesters durch die Coronakrise hat der Senat der Universität Leipzig eine freiwillige Nicht-Anrechnung des aktuellen Semesters beschlossen. Dafür müssen Studierende ohne jegliche weitere Bedingung einen Antrag stellen. Das soll voraussichtlich ab dem 15. Mai über AlmaWeb möglich sein.

    Konkret heißt das für die Studierenden: Es ist freigestellt, ob man in diesem Semester Prüfungen ablegt, Module belegt oder sich Zeit dafür nimmt, sich in der aktuellen Situation zurechtzufinden. Wer den Antrag gestellt hat, und jetzt beispielsweise im vierten Fachsemester ist, wird im kommenden Wintersemester sozusagen erneut im vierten Fachsemester sein.

    Die studentischen Senator*innen der Universität haben in der vergangenen Senatssitzung den zugrunde liegenden Antrag eingebracht. Darin forderten sie, geltend für alle Studierende, dass das Sommersemester generell nicht an die Regelstudienzeit angerechnet wird. Die Gründe dafür: einige Nachteile, die Studierende durch die aktuelle Krise erleiden, können damit ausgeglichen werden. Wer Bafög bezieht, kann dies dann in der Regel ein Semester länger tun. Außerdem kann man ein Semester länger studieren, ohne Langzeitstudiengebühren zahlen zu müssen.

    In der Debatte wurden sie vor allem vom Mittelbau unterstützt, erzählt Paul Reinhardt, einer der studentischen Senator*innen. „So richtig Gründe dagegen hat eigentlich niemand vorbringen können“, sagt Paul. Vielmehr wurde als Argument dagegen genannt, dass es nach außen so wirken könnte, als könne die Uni die Lehre nicht gewährleisten. Der Antrag wurde schließlich unter der Bedingung, dass die Nicht-Anrechnung beantragt werden muss, angenommen.

    Ursprünglich habe es vonseiten der Universität nur die Idee gegeben, Studierenden zu empfehlen, ein Urlaubssemester einzulegen, sagt Paul. Dadurch entstehen jedoch Nachteile. Zum Beispiel können keine Module regulär belegt, lediglich Prüfungen nachgeholt oder abgelegt werden. Außerdem wirkt sich ein Urlaubssemester negativ auf den Erhalt des Kindergeldes aus.

    Wie viele andere Entscheidungen konnte auch diese Maßnahme von jeder sächsischen Hochschule individuell entschieden werden. Die TU Chemnitz etwa beschloss ebenfalls die Nicht-Anrechnung an die Regelstudienzeit, während man sich an der TU Dresden dagegen entschied, ebenso wie gegen ein digitales Semester. „Es ist natürlich sehr chaotisch dadurch, dass jede Hochschule das für sich entscheiden kann“, meint Paul. Der sächsische Staatsminister für Wissenschaft, Kultur und Tourismus Sebastian Gemkow (CDU) begründete die Entscheidung Mitte April damit, dass es besser sei, wenn jede Hochschule „angepasst auf die jeweilige Situation vor Ort“ entscheide. Auch der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz Sachsen, Klaus Dieter Barbknecht, äußerte, dass so den Hochschulen die Flexibilität gegeben würde, auf die unterschiedlichen Herausforderungen zu reagieren.

    Einige spielen den Ball der Entscheidung allerdings noch weiter. So etwa die Hochschulleitung der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig. Dort wurden die Fakultäten angewiesen, individuell zu entscheiden, welche wiederum die Studiengangsleitungen beauftragten. „Unsere Hochschulleitung übernimmt hier keine Verantwortung“, kritisieren Nico Zech und Sabine Giese, Sprecher*innen des Studierendenrates (Stura) der HTWK. Die Hochschulleitung lasse die Dekan*innen mit der schwierigen Situation alleine, die Studierenden müssen schlussendlich unter den fehlenden Nachteilsausgleichen leiden, kritisieren die Sprecher*innen.

    Als Argument für die Nichtanrechnung wird von Befürworter*innen häufig genannt, dass dadurch Studierende ein Semester länger Bafög beziehen können. Dies sei allerdings nicht zwingend so, erklärt Jevgeni Litvinov, Abteilungsleiter im Amt für Ausbildungsförderung des Studentenwerks Leipzig. „Im Bafög existiert kein Automatismus, der es uns erlaubt, Studierende aufgrund der Entscheidung der Hochschulen, ein Semester nicht auf die Regelstudienzeit anzurechnen, länger zu fördern“, sagt er. Dennoch habe das Bundesministerium für Bildung und Forschung klargestellt, dass Verzögerungen des Studiums durch die Pandemie ein Grund für eine verlängerte Förderung darstellt. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Verzögerung ausschließlich auf die Pandemie zurückzuführen sei, sagt Litvinov. „Für die meisten Studierenden, die pandemiebedingt in Verzug geraten sind, werden aber voraussichtlich keine Nachteile entstehen.“

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