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  • Die Villa bleibt kunterbunt

    Das Soziokulturelle Zentrum Die Villa im Westen Leipzigs zeigt, dass ein Miteinander auch in Zeiten der Pandemie möglich ist.

    „Wir tanzen so lange, bis wir es nicht mehr können“, lautet die Antwort Karin Schirmers, Lehrerin des wöchentlichen Tanztreffs für Senioren, auf die Frage einer 93-jährigen Teilnehmerin, ob sie zu alt für das Tanzen sei. Obwohl Schirmer dieses Motto schon vor den Zeiten der Pandemie äußerte, steht es aktuell mindestens genauso repräsentativ für die Villa – einem Ort der Begegnung aller Generationen mit Angeboten in den Bereichen Jugend, Kultur und Soziales im westlichen Zentrum Leipzigs. Ziel der Villa ist es, Gemeinschaft zu ermöglichen. Dazu bieten engagierte Mitarbeiter*innen vielfältige Angebote in Form von Kursen und Veranstaltungen an. Durch die Kontaktbeschränkungen im Zuge der Pandemie können diese jedoch nicht wie gewohnt stattfinden. Kreative Lösungen sind gefordert.

    „Wie kriege ich meine Senioren zueinander, damit ich sie informieren und unterhalten kann?“, war eine Frage, die sich Schirmer stellen musste. Viele besäßen keinen Computer und Internet sei allgemein nicht so ihr Ding. Nun ist die vorübergehende Lösung eine Whatsapp-Gruppe, in welche die Tanzlehrerin kleine Videos mit Anleitungen für sogenannte Blocktänze – das sind Tänze ohne Partner*innen – oder Tänze im Sitzen hochlädt. Zudem bietet die Chat-Gruppe Möglichkeiten, sich auszutauschen, Sprachnachrichten mit Witzen und Rätseln zu teilen oder eigene kurze Tanzvideos hochzuladen. „Am Anfang war es ziemlich schwierig“, erzählt Schirmer. Die Videos drehe sie in ihrer Küche zuhause. „Da fliegt das Handy rum, dann läuft die Katze durchs Video.“ Und trotzdem habe sie Glück mit „ihren Tänzern“, wie sie die Teilnehmer*innen liebevoll nennt. Denn diese seien tolerant, wissbegierig und offen – Eigenschaften, welche in einer Krise sicher nützlich sein können.

    Der Screenshot eines Youtube-Videos zeigt drei Tänzerinnen in Aktion. Das dritte Mädchen sitzt dabei in einem Rollstuhl.

    Auch das Projekt Tanzlabor arbeitet in Online-Arbeitsgruppen, hier in einem Youtube-Video zum Thema „Zeit“. Das Tanzlabor Leipzig versteht sich als eine Initiative zur Förderung des Zeitgenössischen Tanzes in Leipzig, auch für Menschen mit Behinderungserfahrungen. Foto: Birgit Grunewald

    Das während der Corona-Krise entstandene Projekt „Leipzig hält zusammen“ vermittelt Nachbarschaftshilfen und Telefonfreundschaften. Die „Plauderpartner“ werden von aktuell drei Mitarbeiter*innen der Villa höchstpersönlich nach jeweiligen Wünschen und Bedürfnissen (Achtung Tinder-Jargon) gematcht. Dadurch wollen sie den Menschen ermöglichen, ihre Geschichte zu erzählen. Das entwickle sich gerade zum Austausch zwischen allen Generationen, berichtet Projektleiterin Birgit Grunewald. Manche träfen sich mittlerweile sogar persönlich.

    Auch die Veranstalter*innen des Offenen Jugendtreffs, einem Ort des Austauschs für Kinder und Jugendliche, haben fiebrig nach Alternativen zum wöchentlichen Präsenztreffen gesucht. Gemeinsam mit den Jugendlichen entwickelt Teamleiterin Marion Müller nun seit Wochen ständig neue Kommunikationsformen innerhalb eines Video-Chats. Das reiche vom Kochvideo über Hausaufgabenhilfe, Black-Story-Rätsel lösen und Bewegungstipps, bis zum Teilen von Zirkustricks. „Wir erlebten viele intensive Stunden im Jugendchat“, erzählt Müller. Der Bedarf an Einzelgesprächen mit Sozialpädagog*innen nehme zu, tatsächlich gebe aber gerade der fehlende Blickkontakt manchen Jugendlichen den nötigen Mut, über schwierige Lebenssituationen zu sprechen. Die Kontaktqualität sei deutlich intensiver und persönlicher als zu Präsenzzeiten, so Müller.

    Nicht alles lässt sich so umsetzen, wie es in normalen Zeiten möglich wäre. Musik- und Theaterveranstaltungen, welche für den Villa-Keller geplant waren, sind bis auf Weiteres abgesagt. Bandproben sind in digitalen Formaten quasi nicht umsetzbar. Fehlender Zugang zu technischen Kommunikationsformen und ein genereller Mangel an barrierearmer Technik und Kommunikations-Assistenz verhindert die uneingeschränkte Erreichbarkeit und Teilhabe. Zudem seien viele Kurse vor allem soziale Events, bei denen es ganz wesentlich um persönlichen Austausch geht, sagt der Teamleiter des Villa-Kellers Dirk Tschentscher. „Aber wir versuchen alles was geht.“

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