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  • Leipziger Studierendenverbindungen gegen Vorurteile

    Grenzenloses Saufen, stramme Hierarchien und rechtes Gedankengut: Nicht nur Burschenschaften, sondern auch Damenverbindungen sind mit vielen Vorurteilen behaftet.

    Maike ist Mitgründerin einer der beiden Damenverbindungen in Leipzig, der „ADV! Aurora Leipzig“. Die aktuell 13 Mitglieder fassende Verbindung ist die jüngste ihrer Art in der Stadt und nimmt ausschließlich Frauen auf. „Im Mai 2017 habe ich Aurora mit zwei Freundinnen gegründet, um einen Platz in Leipzig für Frauen zu schaffen, um sich gegenseitig zu vernetzen und auch im Studium zu unterstützen.“ Seitdem ist Maikes Frauenverbindung eine von 60 aktiven in ganz Deutschland, im Vergleich zu den 120 aktiven Burschenschaften in Deutschland eine ziemlich geringe Zahl.

    Doch woran liegt es, dass es noch so wenige Verbindungen für Frauen gibt? Maike weist darauf hin, dass Verbindungen in der DDR verboten waren und Frauen auch noch nicht so lange studieren dürfen, erst seit 1906. Insofern hätten Männerverbindungen eine weitaus längere Tradition.

    Um dieses Ungleichgewicht zu beheben, machen die Bundesschwestern von Aurora via Social Media auf eigene Veranstaltungen aufmerksam. Diese reichen von Freizeitaktivitäten wie Lasertag oder Jump House über regelmäßige Stammtisch-Abende bis zu einer Reihe von Vorträgen, etwa zum Thema „Geschlechterrollen in der Gegenwart“. Regelmäßige Info-Treffen dienen dazu, neue Mitglieder anzuwerben. „Wir wollen natürlich, dass sich die Frauen erstmal ein Bild machen und uns kennenlernen.“ Dadurch käme laut Maike seit der Gründung der Verbindung pro Semester mindestens ein Neuzugang dazu.

    Bei ihren Veranstaltungen versuchen Maike und ihre Freundinnen durch Aufklärungsarbeit das Bild von Verbindungen zu modernisieren. Ihnen sei bewusst, dass der Kampf gegen Vorurteile ein wichtiger, aber nicht ganz einfacher Schritt ist.

    Wie steht es denn nun wirklich um die Vorurteile? Friedrich ist Student, seit gut einem Jahr Teil von „Corps Saxonia“ und mittlerweile Vollmitglied. Seine Verbindung wurde 1812 gegründet und gehört dem Kösener Senioren-Convents-Verband an, der heute mehr als 2.000 Studierende und rund 14.000 berufstätige Akademiker zählt „Das ist eigentlich der klassische Vorwurf: Wir sind ein Haufen reaktionärer, konservativer Leute, ich übertreibe jetzt bewusst, die gemeinsam in ihrer Bude sitzen und alles andere als politisch liberal oder fortschrittlich sind.“ Laut Friedrich werden Studierendenverbindungen häufig mystifiziert, da viele Menschen nichts mit dem Begriff anfangen könnten. So würden sie häufig als altertümlich und rückwärtsgewandt angesehen. Viele Menschen neigen daher dazu, Verbindungen gegenüber nicht offen zu sein, meint Friedrich.

    „Ich glaube, dass das Problem daran ist, dass wir unpolitisch sind und wir uns nach außen in keiner Form politisch äußern oder Stellung beziehen.“ Burschenschaften, die öffentlich stark präsent seien, fielen vor allem durch ihr rechtes Gedankengut auf. Zum Beispiel, weil sie das ein oder andere Mal als Prüffall beim Verfassungsschutz gelandet sind. Dies präge das Bild aller anderen Verbindungen negativ.

    Auch die Damenverbindung Aurora gibt sich nach außen neutral. Maike sagt dazu: „Wir sind unpolitisch als Verbindung. Das bedeutet aber nicht, dass keiner von uns eine politische Meinung haben darf. Jeder sollte sich politisch weiterbilden.“

    Was beide Verbände noch gemeinsam haben: ein Umgangsverbot zu Vereinigungen mit rechtem Gedankengut. „Wir distanzieren uns offen von rechten Verbindungen, die sind nicht auf unseren Veranstaltungen zugelassen und wir grüßen sie auch nicht“, so die Mitgründerin von Aurora. „Wir finden, dass jemand, der eine radikale politische Meinung hat, nicht tolerant und gerecht gegenüber allen Menschen sein kann. Wir müssen damit leben, dass es diese Vorurteile gibt, aber wollen vermitteln, dass wir ein gutes Bild darstellen können als Verbindung.“

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