Immergut: Bojack Horseman
Wir verraten euch diese Woche zum letzten Mal online die besten Medien, um den Corona-Blues zu vertreiben und schließen mit der Serie „Bojack Horseman“.
Neben allen Dingen, die ich an Bojack Horseman liebe, ist es besonders diese Geschichte. Lisa Hanawalt, die Produzentin und Produktdesignerin der Serie, hatte als Kind zwei große Leidenschaften: Pferde und Malen. Das erzählte sie in einem Ted Talk und konnte sogar einen Beweis vorbringen. Auf der Wand über ihr leuchtete ein Aufsatz auf, der mit seinen sturmgepeitschten Wäldchen von Wörtern aussieht, wie jeder „Aufsatz“, den man in der Grundschule schreibt. Ganz unten auf der Seite steht in windschiefen Buchstaben: „I want to be famous for drawing horses someday.“
Im Gegensatz zu meiner Namensschwester habe ich ein schwieriges Verhältnis zu Pferden, seit das Renter-Island-Pony Philip im Reitcamp unter mir zusammengebrochen ist. Und ich kann auch nicht sagen, dass die Cartoon-Serie Bojack Horseman dieses Verhältnis verbessert hat. Bojack, ein gescheiterter Neunzigerjahre-Sitcom-Star, ist kein netter Mensch. Obwohl er natürlich kein ganzer Mensch ist, sondern einen Pferdekopf hat. Er trinkt, er nimmt Drogen, er ist illoyal, empathielos und manchmal auch boshaft.
Das klingt jetzt alles sehr verwirrend und das ist es auch, aber genau das macht Bojack Horseman so unglaublich gut. Bojack Horseman ist eine Zeichentrick-Serie. Im L.A. oder Hollywood dieser Welt leben Menschen mit anthropomorphen Tieren zusammen und im Hauptcast finden sich neben Diane, einem Menschen, auch der Labrador-Retriever Mr. Peanutbutter, die Katze Princess Carolyn und das titelgebende Pferd Bojack Horseman. Aus dieser absurden Grundsituation und den sich anbietenden Tierwitzen kommen die meisten Lacher. Mal sieht man, wie ein verängstigter Vogel-Paparazzo gegen eine Scheibe fliegt, mal muss die wortwörtliche Nachbarskatze aus einem Baum gerettet werden und entschuldigt sich überschwänglich und mal wird gezeigt, wie ein Hammerhai mit seinem Kopf einen Nagel in die Wand schlägt. Das ist ziemlich albern und im besten Sinne wholesome, also genau mein Humor.
Die Serie um das alternde Pferd ist aber nicht nur Comedy, sondern eben auch Drama. Für dieses schwierige Verhältnis haben die Serienmacher*innen um Raphael Bob-Waksberg das perfekte Format gefunden. Es werden nicht nur die psychischen Probleme von Bojack behandelt. Auch allen Nebenfiguren wird Platz für ihre eigene Entwicklung und vor allem für ihre eigenen Probleme eingeräumt. Dabei ist es Bojack Horseman insgesamt wert, geguckt zu werden, aber es sind einzelne Folgen, die einfach überwältigend sind. Von der perfekten Visualisierung allumfassender, ertränkender Trauer in „Ein Fisch auf dem Trockenen“, zur monotonen Verzweiflung von „Kostenloser Churro“ zur existenzialistischen Erkenntnis in „Halb von unten gesehen“. Besonders in den späteren Staffeln schwingt sich Bojack Horseman in Höhen, die diese Folgen zu den besten machen, die ich jemals in einer Serie gesehen habe. Diese Folgen lassen einen sprachlos und mit der Frage zurück, warum es erst eine Show über ein Pferd gebraucht hat, um so gekonnt über Menschlichkeit zu sprechen.
Bojack Horseman ist so viel mehr als diese kurze Synopsis. Es ist ihr Humor, der mich noch glücklicher macht, wenn ich glücklich bin. Es ist ihre Trauer, die mich auffängt, wenn ich denke, ich bin ganz allein. Und vor allem sind es die unendlich zitierbaren Sprüche, die sich in meinen Kopf schleichen, wenn ich sie am meisten brauche, vielleicht besonders jetzt und vielleicht nicht nur ich: „Sometimes life’s a bitch and then you keep living.“
Cover: Netflix
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