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  • Wo soll man bloß anfangen

    Kolumnistin Theresa sieht sich als Journalistin, weiß aber auch, dass sie erst noch eine richtige werden muss. Dafür scheint ihr oft gleichzeitig alles und nichts möglich zu sein.

    Manchmal, vor allem wenn ich wütend auf die Welt bin, verschwinde ich in einem Zukunftsloch. Ich nehme Anlauf und springe rein. Und ich lande im Journalismus, dem – in meinen Träumen –  seehoferfreien und utopiediskutierenden Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wo Ungerechtigkeit Ausdruck und Gehör finden darf.

    In der Realität wandere ich natürlich nicht durch ein Candy-Land der Pressefreiheit. Sondern ich sitze vor meinem PC und öffne die Seite der Henri-Nannen-Schule, der wohl renommiertesten Journalist*innenschule Deutschlands, der Zukunftsschmiede der großen Schreiber*innen dieses Landes. Ich schwimme in dem Fünkchen Stolz, das mir erklärt, dass ich dort hingehöre, ich lese Blogbeiträge derer, die es geschafft haben und vergleiche meinen Lebenslauf mit ihrem. Ich suche nach Bewerbungsfristen und mache mir Lesezeichen in Seiten mit Allgemeinwissenstests (für die Aufnahmeprüfung), dann schließe ich das Fenster. Bis es potenziell so weit ist, habe ich noch Zeit. Zeit, die ich nutzen sollte. Also öffne ich kurz Websites für Journalismuspreise, die ich schnell wieder verlasse, weil sie mich in der Regel entmutigen. Es muss einen anderen Weg geben, denke ich, und hoffe auf einen Reiter in den Menüs und Impressums der Zeitungswebsites, die auf freie und im Bestfall bezahlte Praktikumsplätze hinweisen. Aber auch ohne Praktikum kann man Plattformen kriegen. „Schicke uns deinen Themen-Pitch, wir diskutieren ihn in unseren Redaktionssitzungen“, heißt es. Nichts leichter als das, denke ich, ich habe alles, was ich brauche – Ideen und einen Computer. Ach ja, und meine Wut, mit der habe ich ja angefangen. Wie berauscht schreibe ich E-Mails, speichere sie im Entwurfsordner zum später nochmal Dranfeilen. Plattformen überall, und fast überall könnte ich mich mitteilen, wenn ich nur gut genug darin bin.

    Ich weiß nicht, ob Menschen mit anderen Berufswünschen sich auch manchmal in ihren Zukunftslöchern suhlen. Vielleicht sind andere Wege gradliniger und nicht ganz so voller Möglichkeiten. Manchmal wüsste ich glaube ich einfach gern, dass ich gerade alles richtig mache. Dass ich meine Ambitionen gut einsetze, um an mein Ziel zu kommen, und nicht eigentlich in einer ganz anderen Redaktion über ein ganz anderes Thema schreiben müsste. Der Journalismus ist eine heiße Branche. Und mehr als woanders gilt hier wohl klischeehafterweise, dass der Weg das Ziel ist, oder auch dass alle Wege nach Rom führen. Oder nach Hamburg oder München.
    Einige Stunden später schaue ich mich um und realisiere, dass ich viel Zeit im Zukunftsloch verbracht habe. Also steige ich wieder raus, und klappe den PC zu. Alle offenen Fenster schließen sich, die Volontariate, die Stipendien, die Praktika und die Ideenentwürfe.

    Zu meiner Wut haben sich mittlerweile noch viele andere Gründe gesellt, den ungewissen Weg in den Journalismus auf mich zu nehmen. Dass das nicht einfach wird, habe ich schon zu spüren bekommen, und damit bin ich nicht die Einzige. Trotzdem gibt es mir Sicherheit, mein Zukunftsloch gefunden zu haben. In der festen Erwartung, dass es eines Tages – in welcher Form auch immer – Gegenwart wird.

    Foto: Miguel Á. Padriñán via Pexels

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