Die Glücksminute
Kolumnistin Friederike hat eine Idee, um sich wegen negativer Schlagzeilen nicht im Bett verkriechen zu müssen: eine Glücksminute.
„Warum lese ich eigentlich die Zeitung, wenn ich mich doch nur darüber aufrege?“, fragte mich mein Vater vor Jahren am Frühstückstisch. Ein wenig ironisch fügte er hinzu, dass ich eigentlich alles genau richtig mache, indem ich einfach keine Nachrichten lese. Mein pubertierendes Ich klopfte sich damals selbst auf die Schulter.
Im Laufe der Jahre führte dann doch kein Weg an den Medien vorbei und seitdem denke ich oft an die Frage meines Vaters. Kindesmissbrauch, Corona, Rassismus, gewürzt mit der neuesten Trump-Aktion und einem kleinen Skandal über Brustimplantate – die heutigen Tagesthemen. Kurzgefasst: Die Welt da draußen ist ein schlimmer Ort. „Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.“
Voller Weltschmerz überlege ich, wie dieser Abend tatsächlich noch „schön“ werden kann. Das Friedensangebot des Senders annehmen und mich von Rosamunde Pilcher in ein Paralleluniversum wiegen lassen, das Probleme nur in Form von Herzschmerz kennt? Oder vielleicht doch zurück zum Mikrokosmos meines Teenager-Ichs? Beide Optionen sind wenig zufriedenstellend und scheinen mehr Verdrängung als Lösung zu sein.
Ich will aber nicht ständig deprimiert ins Bett kriechen, geschweige denn mich täglich ärgern wie mein Vater. Und ich frage mich: Ist die Welt da draußen denn wirklich so schlimm? Die Antwort darauf ist vermutlich: Leider ja. Aber mit der Ergänzung, dass „da draußen“ – also außerhalb meines durchaus sehr privilegierten Daseins – auch schöne Dinge passieren. Warum, liebe Tagesschau, ist denn davon nichts zu sehen?
Tatsächlich hat der Negativismus in der Berichterstattung zugenommen. Mein Vorschlag ist deshalb: die „Glücksminute“ – eine kostbare Minute der Tagesschau wird reserviert für ein erfreuliches Ereignis des Tages, einen positiven Trend, ein inspirierendes Projekt. Der Blutdruck meines Vaters und mein Gemütszustand würden sich freuen.
Titelfoto: Flickr / Robert Couse-Baker
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