Mein mobiler Minigarten
Zwei Jahre lang hat Kolumnist Johannes seine Gärtnerseele mehr oder weniger erfolgreich unterdrückt. Jetzt zur Pflanzzeit im Herbst hat er sie endlich freigelassen.
Schon seit meinem zwölften Lebensjahr gestalte ich in meiner Freizeit gerne Blumenbeete. Der Geruch von frischer Erde und die Ruhe beim Pflanzen sind schnell zu einer meiner größten Leidenschaften geworden. Früher wollte ich deswegen immer Gartenbau oder Landschaftsarchitektur studieren. Im Laufe der Oberstufe habe ich mich dann aber dazu entschieden, es bei einem Hobby zu belassen. Unkraut jäten macht nämlich nicht einmal halb so viel Spaß, wenn man es machen muss.
Ich wohne seit zwei Jahren in Leipzig und habe weder einen Garten, noch einen Balkon. Versuche meinen Wunsch nach frischem Grün und duftendem Erdboden mit Zimmerpflanzen zu stillen, sind gescheitert. Meine Wohnung sieht jetzt zwar schöner aus, aber der grüne Daumen juckt weiterhin. Und alter Schwede dauert das Gießen jetzt lange. Das Budget für ein eigenes Grundstück ist noch ein Ziel der Zukunft und Kleingärten sind inzwischen härter umkämpft, als Klopapier zu Beginn der Pandemie.
Seit ein paar Wochen gibt es nun ein trotz Klimawandel recht typischen Herbst in Leipzig. Die milde Witterung ist perfekt, um neue Beete anzulegen und Blumen zu pflanzen. Wohin also mit meiner grünen Energie? Schon im September habe ich mich hingesetzt, um eine flexible Lösung zu finden. Ursprünglich wolle ich einfach im Innenhof meiner Wohnung ein paar Beete anlegen. Als ich versucht habe, den Spaten in die Wiese zu stecken, hat es diesen fast verbogen. Der Boden ist viel zu hart, um ihn zu bearbeiten. Zudem soll der Innenhof bald umgebaut werden. In der Urban Gardening Szene sind schon seit einigen Jahren Hochbeete voll im Trend. Diese sind allerdings relativ teuer und das ganze Team von der Bob der Baumeister zu engagieren, nur damit die Beete bei der Umgestaltung wieder wegmüssen, wäre den Aufwand nicht wert. Aber das Motto „Jo, wir schaffen das das!“, habe ich mir trotzdem zum Vorbild genommen.
Im Berliner Prinzessinnengarten, einem bekannten urbanen Gemeinschaftsgarten, habe ich erfolgreiche Bepflanzungen mit Kisten gefunden. Kisten könnte ich einfach umstellen, wenn mein Innenhof neu bekleidet werden soll. Die Kisten, die im Prinzessinnengarten verwendet werden, sind sogenannte Eurokisten. Die sind praktisch, stabil und viel zu teuer. Pappkisten, wie sie für Gemüse im Supermarkt verwendet werden, wären zwar umsonst, allerdings traue ich dem Material nicht mehr als ein paar Wochen zu. Etwas kreativer war meine Idee alte Wäschekörbe oder Bierkästen zu verwenden. Meine Mutter hat dann im Keller ein paar Klappkisten gefunden, die den Eurokisten ähneln. Die Kisten sind nicht besonders groß, aber für einen Minigarten reicht es.
Nachdem ich jetzt endlich die Ausmaße meiner Beete wusste, konnte ich mich mit kribbelnden Fingern in den Katalog der Versandgärtnerei meines Vertrauens stürzen. In den Geschäften musste ich dann aber leider feststellen, dass das Angebot bereits sehr beschränkt war. Ich habe mich dann für eine deutliche günstigere Bepflanzung aus Heide, Chrysanthemen und Tulpen entschieden. Anhand des Schemas, das ich mir mit meinem professionellen Landschaftsarchitekturprogramm -Word-, erstellt hatte, habe ich die Pflanzen und Blumenzwiebeln angeordnet und dann eingepflanzt.
Ich gebe zu, die billige Erde aus dem Baumarkt hat nicht ganz so schön gerochen, wie der Boden im Garten meiner Eltern. Auch die Schlagbormaschine der neuen Nachbarn war etwas anstrengend. Aber es war die schwer zu reinigenden Fingernägel wert. Zwei meiner vier Kisten stehen jetzt als mein Miniziergarten unter meinem Fenster. Wenn bis zum Frühjahr nichts dazwischenkommt, werde ich noch einen Mininutzgarten mit Kräutern, Salaten und Gemüse bauen. Aber jetzt kann sich mein zufriedengestelltes Hobbygärtnerherz erstmal auf die prächtige Tulpenblüte im Frühjahr freuen. Ach ja, und Zimmerpflanzen gießen.
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