Getrennte Wege
In der Universität fällt jede Menge Abfall an. Was passiert damit? Und ist die Entsorgung nachhaltig?
„Abfall müsste eigentlich mit „Z“ beginnen, an den wird oft als letztes gedacht“, sagt Nicola Klöß, Leiterin der Stabsstelle Umweltschutz und Arbeitssicherheit der Universität Leipzig. Sie weiß das komplexe Management der universitären Abfälle zu entschlüsseln, das an einer so großen Universität mit enormem Organisationsaufwand und zudem hohen Kosten verbunden ist.
Die Verantwortlichkeit zur Entsorgung des universitären Abfalls verteilt sich auf verschiedenste Ebenen. Und sie beginnt wie gewöhnlich bei den Verbraucher*innen, also allen, die innerhalb der universitären Gebäude Müll loswerden wollen. In einer Erklärung über das Abfall- und Ressourcenmanagement, die Klöß im Juni 2020 auf Anfrage des Senats erstellte, zeigt sich: „Trotz der gut beschrifteten Abfallsammler werden stets Fehlabwürfe in den Behältern registriert“. Die Folge: Wenn keine saubere Trennung vorliegt, sind die Reinigungskräfte dazu verpflichtet, die komplette Tonne als Restmüll zu entsorgen. Das erklärt, weshalb Restabfall mit 1.150 Tonnen im Jahr 2019 den Löwenanteil der universitären Müllentsorgungen ausmacht. Im gleichen Jahr betrug die Abfallmenge an Leichtverpackungen, das sind zum Beispiel Plastikbehältnisse oder Dosen, lediglich 109 Tonnen. Je mehr Fehlabwürfe, desto mehr Restmüll. Dass die Recyclingquote darunter leidet, ist klar.
Generell gibt es Behälter für eine getrennte Erfassung von Papier, Kunststoff und Restabfällen. Aber – Stichwort Verantwortlichkeit – es ist kompliziert. Denn hier kommt die nächste Ebene ins Spiel: Welche Art Abfallbehälter sich wo in den Gebäuden befinden, entscheidet jede Fakultät individuell. „Im Neubau der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät wurde ein vorbildliches Abfallsammelkonzept gewählt und umgesetzt“, findet Klöß. Dort gibt es sogenannte Dreifachbehälter mit einer farblichen Markierung. Gelb für Kunststoff, Rot für Restmüll und Blau für Papier. Die gab es bis 2009 auch am Hautcampus Augustusplatz. Doch dort funktionierte die dreifache Trennung nicht. Klöß vermutet, dass sich wegen der Anonymität auf dem großen Campus niemand dafür verantwortlich fühlte. Im Hauptcampus stehen jetzt deshalb Zweifachbehälter mit einer Trennung in Kunststoff und Restmüll, um es Studierenden und Beschäftigten so einfach wie möglich zu machen. Altpapiersammelbehälter gibt es separat im Foyer Hörsaalgebäude (an den Kopiergeräten), aber das ist kaum bekannt, sagt Klöß.
Laut der offiziellen Erklärung zum Abfallthema gibt es „durchaus noch Potenzial“, um die Abfalltrennung zu verbessern. Man muss dafür tiefer graben, anstatt das Problem allein auf das Trennungsverhalten der Studierenden abzuwälzen. Das führt zur nächsten Ebene – der Organisation. Der universitäre Abfall reduziert sich nämlich nicht nur auf die üblichen Haushaltsabfälle. Es werden über 25 Abfallarten getrennt gesammelt und der Entsorgung beziehungsweise Verwertung zugeführt. Dabei unterscheidet die Uni sogenannte „gefährliche“ Abfälle, wie Chemikalien, radioaktives Material oder Altbatterien, von „nicht-gefährlichen“, also dem restlichen Müll, der mengenmäßig den größeren Anteil ausmacht.
Um die gefährlichen Abfälle kümmert sich Heike Schwesinger, Abfallbeauftragte der Universität. In einem jährlichen Abfallbericht wertet sie genaue Zahlen hierzu aus. Weniger transparent steht es jedoch um die „nicht-gefährlichen“ Abfälle. Die organisiert seit 2011 der Staatsbetrieb Sächsischer Immobilien (SIB).
Das Management des mengenmäßig größten Anteils an Müll hat die Uni also vertrauensvoll in die Hände Dritter gegeben. Das erschwert einen Wandel zu mehr Nachhaltigkeit in der Abfallentsorgung. Ideen gibt es zwar, zum Beispiel Anreize zu schaffen, die Fehlabwürfe zu minimieren. Fakultäten, in denen die Mülltrennung gut funktioniert, würden mit zusätzlichen finanziellen Mitteln ausgestattet, die auch den Studierenden zugutekämen. Solange jedoch der SIB die Verträge mit den jeweiligen Fachfirmen aushandelt, kommen Einspareffekte durch gute Abfall- und Wertstofftrennung nicht im Haushalt der Universität an.
Birgit Dreger, Kanzlerin der Uni Leipzig, resümiert die Thematik in der Senatssitzung am 16. Juni 2020 mit den Worten, alles sei „relativ gut geregelt“. Von „Verbesserungspotenzial“ ist hier keine Rede. Bevor man also vergeblich darauf wartet, dass die Universität in mehr Abfallbehälter investiert oder sich einheitlich zur Nutzung von Recycling-Papier bekennt, können Studierende und Uni-Mitarbeiter*innen auch selbst etwas tun: Abfall in den richtigen Behälter werfen. Der Joghurtbecher gehört übrigens nicht in den Papiermüll.
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