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  • Wenn das Semester zur Zerreißprobe wird

    Ab dem 1. Januar tritt der Zukunftsvertrag in Kraft und mit ihm Stellenkürzungen und Personalveränderung. Die Lehrer*innenbildung kann an der Universität Leipzig daher nur bis Neujahr geplant werden.

    In diesem Semester geht das Vorlesungsverzeichnis der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig nur bis zum 31. Dezember. Der Grund: Ab dem 1. Januar tritt der Zukunftsvertrag in Kraft, womit vor allem in den lehrer*innenbildenden Studien­­gängen Stellenkürzungen und Personalveränderungen ein­her­gehen. „Wir haben uns für ein verkürztes Vorlesungsverzeichnis entschieden, weil das schlicht den Tatsachen entspricht“, erklärt Kerstin Popp, Studiendekanin der Fakultät. Rund 80 Prozent der Beschäftigten seien von den Änderungen betroffen. Konkret heißt das: Mehr als drei Viertel der Lehrstellen wurden und werden zum 1. Januar neu ausgeschrieben. Ob eine Lehrkraft ihr Modul ab Neujahr weiterführen kann, hängt von der Bewerber*innenlage ab, und da­von, ob die Person, deren Ver­trag ausläuft, nach wie vor die geeignetste für die Stelle ist. Bis Klarheit über die Besetzung der Stellen herrsche, könne es noch bis Weihnachten dauern, so Popp.

    Pauline Majumder hat schon Klarheit: Ihr wurde bereits im Laufe des Jahres mitgeteilt, dass sie ab Neujahr nicht weiterbeschäftigt werden wird. Majumder ist Lehrbeauftragte für besondere Aufgaben (LfbA). Sie hätte sich nach eigener Aussage nur pro forma nochmal auf ihre Stelle bewerben können. Im Juli hatte es viel Protest von Beschäftigten und Studierenden gegen die Umsetzung des Zukunftsvertrags gegeben, kurzzeitig wurde das Rektorat besetzt. Als jedoch klar wurde, dass das Rektorat sich nicht umstimmen lässt, seien „die Ellenbogen ausgefahren worden“. „Die Stimmung an der Fakultät hatte einen Kipppunkt: Als Anfang der Semesterferien die ersten Ausschreibungen rausgingen“, erzählt Majumder. Dann sei es plötzlich darum gegangen, wer wem den Job wegnimmt. „Diese unangenehme Stimmung ist irreparabel“, klagt die Mitarbeiterin. 
An der Erziehungs­wissen­schaftlichen Fakultät ist die Lage deshalb so prekär, weil die Mehrheit der Stellen aus dem sogenannten Bildungs­paket bezahlt wurde, das nun vom Zukunftsvertrag abgelöst wird. Laut Kerstin Popp ist pro Lehrbereich in ihrer Fakultät nur eine Stelle fest, alle anderen hängen an den Bedingungen des Zukunfts­vertrags. Auch andere Fakultäten sind davon betroffen, allerdings nicht ganz so heftig. Am Institut für Germanistik etwa konnte das Vorlesungsverzeichnis bis zum Ende des Semesters geplant werden. „Die Planung war für uns extrem schwierig und langwierig, letztendlich haben wir es aber geschafft, dass es nur relativ wenige Veranstal­tungen mit Dozent*innen­wechsel gibt“, beschreibt Bar­bara Schlücker, Instituts­leiterin der Germanistik.

    Für Studierende solle die Situation laut Popp allerdings so unkompliziert wie möglich ablaufen. „Nur in Einzelfällen könnten sich Seminarzeiten im Falle eines Personalwechsels än­dern, es wird aber keine Neueinschreibung oder Ähnliches geben, sondern eine individuelle Klärung gesucht“, sagt die Studiendekanin. Die Lehrenden, die von den Unsicherheiten betroffen sind, wurden angewiesen, dies zu Semesterbeginn transparent zu machen. Vor Weihnachten werden die Studierenden dann erfahren, wie es weitergeht. Dennoch sei es ein Problem, dass Studierende nicht wissen, wer ihre Prüfungen abnehme, kritisiert Felix Fink, Referent für Lehramt des Studierendenrats. „Selbst wenn die neuen Dozierenden sehr bemüht sind, wird es zu einem Bruch und zu strukturellen Nachteilen für die Studierenden kommen“, so Fink über die Rektoratsentscheidungen. „Es darf nicht nur wichtig sein, dass es nach außen hin aussieht, als ob es funktioniert.“ Intern sei die Umsetzung eine Zumutung für alle Betroffenen.

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