„Wenn ich spiele, vergesse ich die Zeit“
Gerald Fauth wurde im September zum Rektor der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy Leipzig (HMT) gewählt. Mit luhze sprach er über Musik und weshalb sie wichtig ist.
Der Pianist Gerald Fauth spielte jahrelang zahlreiche Konzerte und lehrte als Professor für Klavier und Kammermusik in Berlin und Leipzig. Im September dieses Jahres wählten ihn die Senator*innen der HMT mit klarer Mehrheit zum neuen Rektor. luhze-Redakteurin Friederike Pick hat ihn zum Gespräch über seinen Amtsantritt getroffen.
luhze: Herzlichen Glückwunsch zur Wahl als Rektor der HMT. Warum haben Sie sich beworben?
Fauth: Verwaltungsarbeit ist eigentlich überhaupt nicht mein Ding. Leider denken die meisten Künstler*innen so und beschweren sich dann, dass die Hochschulleitung nicht in ihrem Sinne arbeite und entscheide. Ich finde es wichtig, dass Künstler*innen sich für ihr Haus engagieren.
Das klingt, als hätten Sie sich aufgeopfert?
Man bringt viele Opfer, das ist klar. Ich kann kaum noch unterrichten und habe wenig Zeit zum Klavierspielen. Aber die Hochschulleitung ist momentan das Wichtigste und deshalb muss das gemacht werden. Ich sehe das ganz pragmatisch.
Das Wahlergebnis der Senator*innen fiel sehr eindeutig auf Sie. Haben Sie damit gerechnet?
Ich hatte mit einem knappen Ergebnis gerechnet. Dieses Rektorat ist seit 1843 männlich besetzt, insofern habe ich eigentlich damit gerechnet, dass es für mich als Mann besonders schwer wird.
Es gab noch zwei Kandidatinnen im Finale. Was denken Sie war das Ausschlaggebende?
Ich habe einfach versucht, so zu sein, wie ich bin. Das Authentische ist das Einzige, das heute noch zählt, wo vieles nicht mehr klar durchschaubar ist.
Ihr Amtsantritt wird von der Pandemie begleitet. Welchen besonderen Herausforderungen stehen Sie gegenüber?
An erster Stelle steht jetzt, die Hochschule mit all ihren Studierenden und Mitarbeiter*innen durch diese schwierigen Zeiten zu bringen. Die Hochschule befindet sich derzeit in einer finanziell angespannten Situation. Wir sind eigentlich mit über 600 Veranstaltungen jährlich der größte Konzertveranstalter in ganz Sachsen. Die Einnahmen von diesen Veranstaltungen fielen in diesem Jahr größtenteils aus. Wir müssen unsere Ausgaben beschränken, aber dürfen dabei nicht an der Qualität sparen. Momentan geben wir aber mehr aus als wir einnehmen.
Wie wollen Sie die finanzielle Situation der Hochschule verbessern?
Wir haben bisher sehr viele künstlerische Bereiche gefördert und ich hoffe, dass von dieser Vielseitigkeit das meiste erhalten werden kann. Aber wenn die Geldmittel knapper werden, müssen wir uns auf die wichtigen Kernbereiche konzentrieren. Dazu müssen wir herausfinden, welche Bereiche für dieses Haus absolut notwendig sind und seine Strahlkraft bewirken. Es kann nicht so weitergehen wie bisher, sonst wird uns das Geld in zwei Jahren ausgehen.
Wenn die Krise irgendwann überstanden ist: Was sind Ihre Ziele als neuer Rektor?
Da gibt es viele. Die HMT hat international einen sehr guten Ruf und ich möchte, dass dieser erhalten bleibt. Mir ist die Außenwahrnehmung unseres Hauses generell noch zu reserviert. Ich möchte die HMT mehr in das Bewusstsein der Bevölkerung rücken. Außerdem hoffe ich weiterhin auf ein vertrauensvolles Miteinander in der HMT. Ich versuche deshalb einen transparenten Stil zu pflegen, indem ich Schwierigkeiten offen darlege und dazu aufrufe, darüber zu reden.
Wie kamen Sie zur Musik?
Mein Vater war ein leidenschaftlicher Musiker. Er brachte mir das Klavierspielen bei, um gemeinsam Hausmusik zu machen. Das war immer klassische Musik, Rock- und Popmusik gab es bei uns nicht.
Warum sollte man ein Instrument lernen?
Das Erlernen eines Instruments erfordert Geduld und Konzentration. Das bringt menschliche Qualitäten hervor, wie Disziplin und die Fähigkeit zu harter Arbeit an sich selbst, die für das spätere Leben extrem wichtig sind.
Disziplin und harte Arbeit – das klingt nicht nach Spaß..
Man muss Opfer bringen, um ein Ziel zu erreichen, denn man kann nicht alles haben. Wer alles haben will – Urlaub, Freizeit und so weiter – wird das nicht schaffen.
Haben Sie beruflich jemals etwas gemacht, das nichts mit Musik zu tun hatte?
Nein.
Hatten Sie keine anderen Interessen?
Doch. Aber mich hat niemand gefragt und ich bin auch nicht vehement in die Opposition gegangen. Vielleicht hätte ich auch gerne Germanistik studiert. Ich habe viel gelesen, aber am Klavier geübt habe ich nicht gerne.
Also keine große Leidenschaft für das Klavierspielen?
Als ich anfing zu arbeiten, wurde ich sehr fleißig. Ich hatte Erfolg mit dem, was ich tat und dann gab es kein Zurück mehr. Die Leidenschaft ist mit der Zeit immer mehr gewachsen. Wenn ich spiele, vergesse ich die Zeit.
Sie haben schon als junger Pianist Preise gewonnen. Steigt einem das zu Kopf?
Bei mir gar nicht. Man muss in diesem Beruf zu sich selbst am strengsten sein. Nach einem wirklich guten Konzert habe ich vielleicht für ein paar Stunden ein gutes Gefühl, aber das geht natürlich weg. Und am nächsten Tag geht alles wieder neu los.
Sie haben über 30 Jahre lang konzertiert. Teilweise hatten Sie drei Auftritte mit verschiedenen Programmen pro Woche. Vermissen Sie das Musizieren vor Publikum?
Nein. Es geht mir darum, am Ball zu bleiben und ein wirklich gutes Niveau beizubehalten. Ich möchte jetzt vor allem, neben meiner Leitungstätigkeit, das weitermachen, wofür ich ursprünglich an die HMT geholt wurde: Unterrichten.
Warum sind Kunst und Kultur wichtig für unsere Gesellschaft?
Kultur ist das, was uns zu Menschen macht. Kulturelle Werte lehren uns, miteinander umzugehen. Deshalb ist die Pflege und Förderung von Kunst und Kultur für die Ausbildung der jungen Generation und für das Zusammenleben der Menschen elementar.
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