Mit Bewegung durch den Lockdown
Wie bewegt man sich genug mit möglichst geringem Aufwand? Dieser Frage geht Kolumnist Johannes pünktlich zum Lockdown in der Vorweihnachtszeit nach.
Bewegung hat eigentlich nur Vorteile. Man verringert das Risiko für Kreislauferkrankungen, man schläft besser, kann sich beim Lernen besser konzentrieren und mehr essen, ohne sich Sorgen um Kalorien machen zu müssen. Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit, wo Süßigkeiten zum Grundnahrungsmittel werden und man jeden Tag andere Plätzchen in seiner Instagramstory hat, haben wir dummerweise kaum noch Gründe das Haus zu verlassen. Sogar der Weg zur Vorlesung fällt weg. Gäbe es nicht das ein oder andere Seminar mit eingeschalteter Kamera, würde man wahrscheinlich nicht mal das Bett verlassen.
Eigentlich kann ich sehr fleißig sein. Aber in den wiederkehrenden Zeiten von gemütlicher Faulheit, denen ich hin und wieder begegne, versuche ich mir gerne das Leben einfacher zu machen. Diesmal sollte es um Bewegung gehen. Bereits in vergangen Recherchen bin ich auf die Bewegungsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation gestoßen, auf die auch beim Deutschen Bundesgesundheitsministerium verwiesen wird. Erwachsenen zwischen 18 und 65 Jahren wird geraten, pro Woche mindestens zwei Einheiten Krafttraining durchzuführen. Zusätzlich dazu werden mindestens 150 Minuten Ausdauersport mittlerer bzw. 75 Minuten Ausdauersport hoher Intensität, oder eine Kombination aus beiden empfohlen. Jedes Training sollte außerdem länger als zehn Minuten dauern.
Intensitätsminuten werden entweder mit der Herzfrequenz oder der Schrittfrequenz ermittelt. Dafür benutze ich eine Fitnessarmbanduhr und einen Brustgurt, der eine genauere Messung der Herzfrequenz ermöglicht. Da nicht jeder die Technik hat, um die Werte aufzuzeichnen, habe ich die Intensitätsminuten in Strecken und Zeiten übersetzt. Da die Intensität natürlich auch vom Trainingszustand abhängt, habe ich die Zeiten mit plusminus fünf Minuten angegeben. Damit man mittlere Intensitäts- und hohe Intensitätsminuten zusammenzählen kann, geht man von 150 Gesamtintensitätsminuten pro Woche aus und multipliziert Minuten hoher Intensität mit zwei. Die im folgenden genannten Intensitätsminuten sind also eine Mischung aus mittlerer und hoher Intensität, wobei letztere also doppelt so viel zählen. Trainings mit hoher Intensität sind zwar anstrengender, aber zeiteffektiver. Für das Experiment habe ich vier verschiedene Ausdauersportarten unter die Lupe genommen: Laufen, Radfahren, schnelles Gehen und eine Form des Kardiotrainings für zu Hause.
Als erstes Laufen. Erst Ende 2019 habe ich angefangen regelmäßig laufen zu gehen, um Stress abzubauen. Von den vier Ausdauersportarten ist Laufen die Sportart, die mir das größte Gefühl von Freiheit gibt. Laufen gehen ist überall möglich, besonders schön ist es in Parks und Wäldern. Und ich finde es macht bei jedem Wetter Spaß. Als Ausrüstung sind lediglich Laufschuhe notwendig, wobei gute Schuhe relativ teuer sein können. Ich habe in der Regel Fünf-Kilometer-Läufe gemacht. Hält man sich bei einer Zeit von 25 bis 35 Minuten an 5 Kilometer, sollte man auf 50 Intensitätsminuten pro Training kommen. So würden dreimal 30 Minuten pro Woche ausreichen, um zusätzlich zum Krafttraining die Mindestanforderungen für ein gesundes Bewegungsverhalten zu erreichen. Leider habe ich seit einigen Monaten Probleme mit dem sogenannten Schienbeinkantensyndrom, was mir so starke Schmerzen bereitet, dass ich nicht mehr laufen gehen kann. Das habe ich zum Anlass genommen, um es mal mit dem Radsport zu probieren.
Radfahren ist, verglichen mit Laufen, deutlich schonender für die Beine. Aber man braucht natürlich erstmal ein geeignetes Fahrrad. Ich trainiere mit einem Treckingbike, was, im Gegensatz zu einem reinen Stadtfahrrad, durchaus noch für den Freizeitradsport geeignet ist. Zudem bin ich bei der Streckenauswahl etwas flexibler als mit einem Rennrad. Geeignete Strecken sind trotzdem der entscheidende Nachteil dieses Sports. Wenn man nicht gerade am Elster-Luppe-Radweg oder Cospudener See wohnt, hat man neben der Straße lediglich Parks zur Verfügung. Der Park um die Ecke hat bei mir zwar ausgereicht, aber in jedem Training fahre ich fast zweimal durch den ganzen Park und wenn am Wochenende Familien spazieren gehen, ist es schwierig Rücksicht zu nehmen und trotzdem ausreichend intensiv zu trainieren. Bei den aktuell niedrigen Temperaturen kommt natürlich noch Glätte mit dazu. Ich bin immer in etwa zehn Kilometer gefahren, in ebenfalls 25 bis 35 Minuten kommt man wieder auf 50 Intensitätsminuten. Der Zeitaufwand entspricht also dem Lauftraining.
Eine weitere Möglichkeit Intensitätsminuten zu sammeln, ist schnelles Gehen. Diese olympische Sportart wird auch von der WHO vorgeschlagen. Gehen wäre wahrscheinlich am einfachsten in den Alltag zu integrieren, wenn man Laufstrecken von mindestens einem Kilometer zur Arbeit oder zur Uni hätte. Da die aktuell überwiegend wegfallen, bleiben lediglich schnelle Spaziergänge übrig. Bei meinem Versuch bin ich bis zum Supermarkt gelaufen. Es kann etwas komisch aussehen, denn den Puls in Bereiche mittlerer Intensität zu bekommen und dort zu halten, erfordert wirklich zügiges Gehen. Da ich zu keinem Zeitpunkt hohe Intensitäten erreicht habe, führt das zu einem größeren Zeitaufwand. Wenn man in 30 Minuten drei Kilometer geht, entspricht das in etwa 30 Intensitätsminuten. Um die 150 Intensitätsminuten zu erreichen, macht das 150 Minuten Schrittgeschwindigkeit pro Woche. Man könnte beispielsweise an fünf Tagen der Woche morgens, mittags und abends jeweils einen Kilometer gehen. So wäre keine klassische Trainingseinheit notwendig. Ich bin trotzdem kein Fan vom Gehen als Freizeitsport, da ich mich gerne in hohen Intensitäten auspowere.
Zu guter letzte habe ich noch eine Form des Kardiotrainings für zu Hause ausprobiert. Ursprünglich wollte ich mir selber ein Training zusammenbauen, bin dann aber auf Youtube auf sehr gute Videos gestoßen. Der überragende Vorteil ist natürlich, dass das Training in der Wohnung komplett wetterunabhängig ist. Das wiederum ist aber auch ein Nachteil, weil man nicht den Anreiz hat, mal die Wohnung zu verlassen. Aber für Zeiten von Blitzeis oder Gewitterhagel ist es natürlich perfekt. Zudem ist eigentlich keine Ausrüstung notwendig. Falls sich die Nachbarn in der Etage darunter beschweren, findet man sogar geräuscharme Trainings auf Youtube. Während ich beim Krafttraining brav meine Grundübungen mache, ist lediglich das Rumpf-Training immer etwas kurz gefallen. Das lässt sich aber super in ein Hochintensives Kardiotraining integrieren. Der Zeitaufwand ist ähnlich wie beim Laufen oder Radfahren, wobei ich es kaum geschafft habe, die 50 Intensitätsminuten in unter 30 Trainingsminuten zu erreichen.
Es ist wirklich wichtig sich ausreichend zu bewegen. Laut der WHO ist unzureichende Bewegung einer der führenden Risikofaktoren für nicht übertragbare Krankheiten und Tod auf der ganzen Welt. Um nicht zu einseitig zu trainieren, empfiehlt sich vor allem eine Kombination aus verschiedenen Sportarten. Zudem sollte man natürlich nach und nach den Trainingsumfang steigern und nicht sofort voll einsteigen. Möglichkeiten gibt es viele und während einige Freiheiten derzeit eingeschränkt sind, ist die Freiheit auf Sport und Bewegung voll vorhanden.
In meiner Recherche habe ich zusätzlich zum Laufen vor allem das Radfahren und Hochintensive Intervalltrainings („HIIT“) für zu Hause für mich entdeckt. Mein Trainingsplan könnte zum Beispiel so aussehen: Montag Krafttraining, Dienstag Radfahren, Mittwoch Krafttraining zwei, Donnerstag Hochintensives Kardiotraining mit Fokus auf den Rumpf („Core“), Freitag und Samstag frei und Sonntag Laufen. Auf die oben angegebenen Zeiten und Strecken könnte man sich nach und nach hocharbeiten. Wichtig ist es vor allem, anzufangen. Wie wäre es jetzt mit einem kleinen Spaziergang?
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