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  • Ohne Maske, dafür mit Neonazis: Querdenken in Leipzig

    Die Corona-Leugner*innen auf Leipzigs Straßen und die starke Mobilisierung rechtsextremer Kreise halten Zivilgesellschaft und Politik in Atem. Die Aufarbeitung der Demonstrationen ist in vollem Gange.

    Gleich zweimal im November machten die selbsternannten Querdenker die Stadt Leipzig zum Schauplatz ihres Protests. Am 7. und 21. November demonstrierten sie lautstark und teils grob gewaltvoll in der Innenstadt gegen die geltenden Gesundheitsschutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. So erfasste die Polizei beispielsweise während der ersten Demonstration 102 Straftaten und 140 Ordnungswidrigkeiten. Gewalttätige Übergriffe richteten sich dabei unter anderem gegen Polizist*innen, die Presse und Gegendemonstrant*innen.

    Insbesondere nach der ersten Demonstration wollte niemand der Verantwortlichen den eingetretenen Kontrollverlust kommen gesehen haben. Der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach im Nachgang gar von einer friedlichen Demonstration. Daraufhin reagierten nicht nur die Koalitionsparteien SPD und Grüne mit scharfer Kritik, teils sogar mit Rücktrittsforderungen. Auch Paul Martin, Vertreter des Aktionsnetzwerks Leipzig nimmt Platz, zeigte sich sehr besorgt: „Im besten Falle war hier der Innenminister unbedarft, im schlimmsten Falle war es purer Hohn.“ Den Umgang der Stadt mit den Querdenken-Demos bezeichnet er als eine „reine Katastrophe“. So seien Verordnungen erlassen worden, die dann nicht umgesetzt wurden. „Auch der angekündigte strenge Durchgriff der Polizei am 21. November wurde abermals nicht konsequent umgesetzt.“

    Leipzigs Polizeipräsident Thorsten Schultze verwies in einem Videostatement nach der ersten Querdenken-Demo auf die Versammlungszulassung des Oberverwaltungsgerichts Bautzen und gestand lediglich Fehler innerhalb der Durchsetzung des Infektionsschutzes ein.  Währenddessen diagnostizierten die Grünen, die Linke, SPD, FDP und die Piraten im Leipziger Stadtrat ein Versagen der Sicherheitsbehörden. Bei der Ratsversammlung am 11. November, bei der Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke) Stellung nahm, stellte die Linksfraktion nicht nur die Unbefangenheit des Oberverwaltungsgerichts, sondern auch das gesamte Polizeikonzept für die Demonstration in Frage. Rosenthal berichtete, dass die Polizei stets garantiert habe, mit ausreichend Einsatzkräften vor Ort zu sein, um gegebenenfalls die Versammlung auflösen zu können. Von der Sächsischen Polizei, die dazu hätte Stellung nehmen können, nahm trotz Einladung kein*e Vertreter*in an der Stadtratssitzung teil. Darüber hinaus, fuhr Rosenthal fort,  habe dem Ordnungsamt insbesondere keine Information über die starke Präsenz von Rechtsextremist*innen vorgelegen.

    Neben der SPD konstatierten auch die Grünen ein offensichtliches Polizeiversagen und verlangten eine kritische Auswertung. Zurückhaltend hinsichtlich der Kritik an den Sicherheitsbehörden blieb die CDU, die vor allem die Regelverstöße der Demonstrierenden hinsichtlich der Corona-Schutzmaßnahmen beanstandete.

    Auch auf Landesebene werden die Ereignisse weiterhin diskutiert. Kerstin Köditz, Landtagsabgeordnete der Linken in Sachsen versichert im Gespräch mit luhze: „Wir als Linksfraktion thematisieren die Vorfälle in den zuständigen Parlamentsausschüssen, wir hatten eine Sondersitzung des Innenausschusses ansetzen lassen und reichen weitere Anfragen ein.“ Sie selbst wünscht sich seit Monaten von der politischen Führung Sachsens klare Positionen und deutliche Ansagen im Sinne von: „Demonstriert halt – aber bitteschön nicht mit Antisemiten und anderen Demagogen, niemals Seite an Seite mit Faschisten.“ Auch Landesvorsitzender der Grünen Norman Volger fordert eine klare politische Haltung gegenüber Corona-Leugnenden und Rechtsextremist*innen. Darüber hinaus vermisst er im Land eine politische Fehlerkultur und verlangt vor allem von der CDU eine gemeinsame Krisenbewältigung.

    In Bezug auf den 21. November verzeichnet SPD-Landtagsabgeordneter Holger Mann bereits ein konsequenteres Auftreten der Sicherheitsbehörden. Er bemängelt allerdings, dass die Polizei nach dem Katz-und-Maus-Spiel in der Innenstadt entsprechende Personalien hätte aufnehmen müssen. Warum dies nicht passierte, müsse geklärt werden. Zumindest aber seien entsprechende Instrumente wie Wasserwerfer diesmal an richtiger Stelle gezeigt worden. Leipzig nimmt Platz-Vertreter Paul Martin betont, dass es vor allem zivilgesellschaftlichen Organisationen zu danken sei, dass die Querdenken-Bewegung heftigen Gegenwind erfährt und bei der erneuten Demo in Leipzig in deutlich geringerer Zahl vertreten war. Es könne aber nicht alleinige Aufgabe der Zivilgesellschaft sein, der Querdenken-Bewegung etwas entgegenzusetzen. Das müsse auch politisch ausgehandelt werden.

    Derweil häufen sich in Deutschland die politischen Forderungen nach einem verstärkten Eingreifen des Staates. Mehrere Innenminister fordern inzwischen, die Querdenken-Bewegung durch den Verfassungsschutz überprüfen zu lassen. Die Entscheidung über einen bundesweiten Prüffall steht noch aus.

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