Ho Ho Holy Solidarität!
Kolumnistin Theresa ist seit Ende Oktober Mitglied einer Gewerkschaft und findet, dass das alle zumindest in Erwägung ziehen sollten.
Weihnachten steht vor der Tür. Ob mit oder ohne Pandemie: Das Ende des Jahres steht für viele Menschen für Besinnlichkeit. Das „Fest der Liebe“ feiern zwar nicht alle, dennoch verbinden die meisten damit gemeinschaftliches Zusammenkommen, vielleicht sogar Momente der Versöhnung, in jedem Falle aber Nächstenliebe. Das große oder kleine Zusammenfinden mit Familie und Freund*innen verläuft dieses Jahr ganz anders, findet für manche sogar gar nicht statt, jedoch muss der Akt der Nächstenliebe deshalb nicht ausbleiben.
Besonders jetzt während der Pandemie ist die perfekte Zeit, um Mitglied in einer Gewerkschaft zu werden. Eine Mitgliedschaft als Weihnachtsgeschenk an sich selbst und für eine solidarische Gemeinschaft – das hätte Symbolkraft.
Auch ich habe mich vor Kurzem bei einem Gewerkschaftsdachverband angemeldet. Das Ganze macht nicht nur Sinn für Menschen in extrem abhängigen oder prekären Arbeitsverhältnissen. Auch Studierende und beruflich stark abgesicherte Menschen können davon profitieren und dabei gleichzeitig einen kleinen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Lässt man es sich einmal langsam auf der Zunge zergehen, warum und weshalb es sinnvoll sein könnte, sollte der Beitritt eigentlich die logische Konsequenz sein.
Mit der Geschichte und Gründung von Gewerkschaften möchte ich hier jetzt gar nicht nerven, deshalb steige ich lieber direkt bei den individuellen Vorteilen einer Gewerkschafts-Mitgliedschaft ein. Gewerkschaften bieten dir vor allem eines: Rechtssicherheit und Rechtsschutz bei allen arbeitsrechtlichen Fragen und Problemen. Im Fall der Fälle – und bei Konfliktfällen im Beruf geht es dabei häufig um Existenzen – bieten Gewerkschaften kostenfreie Rechtsberatung. Das ist doch mal was! Darüber hinaus kann man sogar Bildungsangebote, breite Seminarprogramme sowie Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten wahrnehmen. Neben solchen individuellen Nutzen, in die sich die generelle Beratung rund um Arbeitsschutz, der Kampf um faire Arbeitsbedingungen und der Einfluss auf die Tarifpolitik einreiht, zeichnen sich Gewerkschaften aber vor allem durch ihr Solidaritätsprinzip aus. Es geht besonders um die Solidarität mit denjenigen, die sich in unsicheren Arbeitsverhältnissen bewegen. Der Einfluss von Gewerkschaften steigt vor allem durch hohe Mitgliederzahlen und deren Beiträge (gemessen am Bruttoeinkommen, für Studierende monatlich unter drei Euro). Durch eine Mitgliedschaft allein stärkt man demnach automatisch die Verhandlungsmacht derjenigen, die es mitunter am nötigsten haben. Man setzt sich damit nicht nur für die eigene arbeitsrechtliche Absicherung ein, sondern ganz prinzipiell für gerechte Löhne, faire Arbeitsbedingungen und die Stärkung von Arbeitnehmer*innen-Rechten.
Warum ein solcher Solidaritätsbeitrag gerade jetzt besonders von Nöten wäre? Weil so viele Menschen während der ersten Infektionswelle nur applaudiert haben. Inzwischen klatscht niemand mehr, und Klatschen sorgt auch noch lange nicht für arbeitsfähiges Personal und verbessert auch keine Tarifverträge. Die Pandemie hat für ein enormes Ausmaß an prekären Beschäftigungsverhältnissen gesorgt. Zu Kündigungen und Jobverlust, immense Einbußen im Einkommen, zu Kurzarbeit und großen ökonomischen Folgen für Niedriglohnbeschäftigte geführt. Der gesamte Kultur- und Veranstaltungsbereich liegt brach, gleichzeitig sind „systemrelevante“ Arbeitskräfte, beispielsweise im Pflege- und Gesundheitssektor oder bei der Postzustellung, völlig überlastet.
Gewerkschaften sind in der Lage, sozialen Schieflagen entgegenzuwirken. Dass die Schere zwischen Arm und Reich immer und immer weiter auseinanderklafft, wissen wir alle. Dass vor allem im Dienstleistungssektor, den wir alle so gerne in Anspruch nehmen, besonders prekäre Arbeitsverhältnisse vorherrschen, wissen wir alle. Dass besonders Frauen – eben weil sie vermehrt im Dienstleistungssektor arbeiten – vom niedrigen Lohnniveau und alles andere als fairen Arbeitsbedingungen betroffen sind, wissen wir alle.
Applaudieren reicht nicht. Stehen wir füreinander ein. Beschenken wir uns alle gegenseitig mit Solidarität – und zwar mit der Stärkung fairer Arbeits- und Lebensbedingungen.
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