Ein bisschen Freiheit
Die Universität Leipzig will mehr Eigenverantwortung bei der Verteilung ihrer Finanzen und hat deswegen einen Antrag auf Selbststeuerung gestellt. Was bedeutet das?
Die Universität Leipzig will ein bisschen freier werden. Noch ist es nicht so weit, aber bald: Frühestens zum 1. Januar 2022 wird die Universität in die finanzielle Selbstverwaltung entlassen. Gerade verteidigt sie ihren Antrag gegenüber dem Freistaat. „Wir sind zuversichtlich“, sagt Kanzlerin Birgit Dräger. Der größte Streitpunkt ist, dass die Universität das Haushaltsjahr 2019 mit einem leichten Minus im Haushalt abgeschlossen hat. „Wir müssen die schwarze Null schaffen“, definiert Dräger die größte Hürde, vor der die Universität noch steht.
Bis 2022 also wird sie noch damit leben müssen, dass die Gelder, die sie vom Freistaat bekommt, an bestimmte Zwecke gebunden sind. Zum Beispiel kann die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters nicht mal eben in zwei Hilfskraftstellen umgewandelt werden. Die Universität müsse aktuell ihre Mittel sehr fein aufgliedern, sagt Dräger.
Mit dem sogenannten Globalbudget soll das anders werden. Das werde Forschung und Lehre verbessern, so Dräger, weil die Fakultäten dadurch mehr eigene Kontrolle über ihre Finanzen haben. Dadurch könne die Universität zum Beispiel für eine neue Forschungsinitiative in der Chemie schnell Hochleistungscomputer mieten, oder kurzfristig mehr Doktorand*innenstellen schaffen, wenn sich ein Master-Jahrgang als besonders fähig herausstellt. Damit einher geht eine stärkere Selbstkontrolle der Fakultäten, was natürlich einen höheren Verwaltungsaufwand bedeutet. Mit der Höhe des Budgets der Universität hat das nichts zu tun, nur mit ihrer Verteilung.
Nichts ändern wird sich auch daran, dass Universität und Landesregierung Zielvereinbarungen treffen müssen. Das ist im Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz festgelegt. Darin kann der Freistaat bestimmen, welche Bereiche er besonders fördern möchte, vor allem in Bezug auf das Lehrangebot. Dass das auch gut so ist, da sind sich alle Akteur*innen einig: Die Kanzlerin ebenso wie die hochschulpolitischen Sprecher*innen der CDU-, SPD- und Linksfraktion im Landtag. Ein „Zusammenspiel der Verantwortung“ nennt es Oliver Fritzsche von der CDU, Holger Mann (SPD) sieht ein Recht der Landeregierung, in der „staatlichen Daseinsvorsorge“ ein Wort mitzureden zu haben. Gerade da sieht Anna Gorskih von den Linken Defizite, sie spricht von einer „chronischen Unterfinanzierung“, an der die sächsischen Hochschulen seit Jahren leiden und verweist auf den Ärzt*innen- und Lehrer*innenmangel. Abgesehen von diesen beiden Gruppen fördert der Freistaat aktuell vor allem die Ausbildung von Jurist*innen. Das sei auch nachvollziehbar, findet Dräger, immerhin verwende die Universität hier Steuergeld. „Die Landesregierung ist zuständig für die Hochschulentwicklungsplanung und wirkt dabei mit den Hochschulen zusammen. Die Freiheit von Forschung und Lehre ist in dieser Hinsicht nicht absolut.“
Eine Grenze ist überschritten, wenn die Politik versucht, auf den Inhalt der Lehre Einfluss zu nehmen – da sind sich alle einig. Wobei sie das natürlich indirekt tut, indem sie bestimmte Studiengänge wie Grundschullehramt oder Jura fördert, weil es besonderes Bedarfe gibt, und andere nicht. Holger Mann sieht hier aber die Landesregierung in einer besonderen Verantwortung: Wenn der Freistaat Geld zur Verfügung stelle, könne er auch erwarten, dass die damit verbundenen Erwartungen beachtet werden. Dabei gehe es aber nicht nur um die Förderung bestimmter Studiengänge. Man verbinde damit auch die Hoffnung auf mehr feste Stellen: „Ich würde reklamieren, dass wir da auch ein Wörtchen mitzureden haben.“
Für Anna Gorskih geht die Gefahr für die Freiheit von Forschung und Lehre vor allem von der immer weiter steigenden Drittmittelförderung aus der Wirtschaft aus. Das führe dazu, dass immer mehr externe Mittelgeber*innen Einfluss auf die Forschung der Hochschulen nehmen. Gerade aus diesem Bereich, sagt Birgit Dräger, halte sich der Freistaat heraus.
Titelfoto: Annika Seiferlein
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