Wenn Offline sein einsam macht
Kolumnistin Julie hat eine Weile ohne Internet gelebt. Die fehlende Möglichkeit zur Ablenkung schenkte endlose Zeit. Damit schlich sich aber noch ein weiteres Gefühl ein: Einsamkeit.
In einer Welt, in der alle miteinander vernetzt sind, fühlt man sich doch oft allein. Ein Phänomen, das in Zeiten von Social Media und ständiger Erreichbarkeit häufig Thema ist. Die digitalen Medien nehmen uns in ihrer Masse ein, bis wir unsere eigene Realität vergessen und lieber ins Handy schauen, als uns mit unserem Gegenüber zu unterhalten. Ein Aspekt, durch den viele die Digitalisierung gerne verteufeln. Doch was ist, wenn man gezwungen ist, eine Weile offline zu leben?
Diese Perspektive habe ich vor Beginn meines Studiums erlebt. Frisch in meine neue Wohnung eingezogen, hatte ich in den ersten Wochen kein Internet. Zusätzlich war mein Handyempfang so schlecht, dass nur alle paar Stunden mal Nachrichten durchgingen.
Die Zeit, die ich in meiner Wohnung verbrachte, schien sich endlos zu ziehen. Keine Ablenkung, kein endloses Scrollen durch Instagram, keine Videos, die ich mir anschauen konnte, um die Stille zu vertreiben.
Ohne länger ein Teil der digitalen Welt sein zu können, war ich gezwungen mich mit mir selbst auseinanderzusetzen und nicht mit den Beiträgen anderer. Um mich zu beschäftigen, fing ich an, wieder mehr zu lesen. Nach kürzester Zeit konnte ich ein Buch zuschlagen, für das ich zuvor den ganzen Sommer gebraucht hatte, um es dann nicht einmal annährend zu Ende zu lesen.
Das hört sich jetzt erst einmal positiv an, oder? Doch noch kannte ich kaum jemanden in der neuen Stadt und so nahmen die Tage kein Ende. Auch mit stundenlangem Lesen konnte ich das Gefühl nicht vertreiben, welches sich immer mehr einschlich. Ich fühlte mich einsam. Ich konnte keinen Podcast beim Abwaschen hören, oder die Nachrichten schauen beim Abendessen. Auch vermisste ich die täglichen Memes, die mir meine Freunde sonst senden und das Sprachnachrichten schicken über jede Kleinigkeit, die vor sich geht.
Ohne die sozialen Plattformen saß ich fest in meiner Realität. Abgeschnitten von meinen Freunden und meiner Familie, die ich nicht anders erreichen konnte.
Als die Postbotin mir endlich meinen W-Lan Router brachte und das Netzwerk angeschlossen war, hätte ich kaum dankbarer sein können. Seitdem fühle ich mich nicht mehr allein, denn ich bin wieder Teil der digitalen Welt. Die Uni, an der ich tagsüber online teilnehme, hat mittlerweile begonnen. Abends kann ich mich dann mit meinen Freunden über Discord treffen. Und kommt Langeweile auf, scrolle ich durch Social Media. Gefühlt bin ich permanent von Menschen umgeben und die Zeit scheint wieder zu fliegen. So einsam, wie zuvor fühle ich mich nicht mehr, obwohl ich nach wie vor allein in meiner Wohnung sitze.
Manchmal reißt mich der Strudel der digitalen Medien zu sehr mit und anstatt mir wie zuvor ein Buch zu greifen, um die Zeit zu vertreiben, nimmt das Scrollen durch Instagram kein Ende. Digitaler Detox kann dementsprechend guttun, jedoch habe ich durch diese Erfahrung auch gemerkt, wie viel Verbundenheit eine Internetverbindung schafft. Verbundenheit, besonders in einer Zeit, in der man sich nicht in der Realität sehen kann.
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