Die Zeit, in der Leipzig zur Cool-Kid-Town wurde
Vor mehr als 20 Jahren erschien die erste Ausgabe unserer Hochschulzeitung. Ein Rückblick auf Burschenschaftler in der Hochschulpolitik, den Vorgänger von Fahrgemeinschaft-Apps und D-Mark-Preise.
Die erste student!-Ausgabe glänzt mit dem roten Faden „Artikel über Burschenschaften“. Als Aufhänger diente Markus Lorenz, frisch gewählter Referent für Hochschulpolitik im Studierendenrat (Stura) der Uni und Mitglied in zwei Burschenschaften. An seiner Wahl wurde viel Anstoß genommen, sein Gesicht ziert die Titelseite. In einem Kommentar in der Ausgabe nimmt er höchstpersönlich Stellung zur Kritik, und verlangt einen „objektiveren Umgang“ mit ihm und die Trennung seiner Mitgliedschaft und seiner Funktion als Referent. Diese bestünde darin, „für die Studentinnen an der Uni zu arbeiten“. Der Stura wählte ihn mit 17 Dafür-Stimmen, vier Gegenstimmen und elf Enthaltungen in seine Position – mittlerweile eher undenkbar. „Ich glaube im aktuellen Plenum hätte es ein Mitglied einer Burschenschaft relativ schwer, gewählt zu werden“, sagt Paul Reinhardt, späterer Nachfolger von Lorenz und heutiger Stura-Referent für Hochschulpolitik. „Burschenschaften stehen für veraltete Prinzipien und Werte, was den meisten Plenumsmitgliedern klar ist.“ Es seien außerdem in den vergangenen Jahren vermehrt Anträge beschlossen worden, die Burschenschaften explizit kritisieren.
600 Abonnement-Kündigungen: Das erlebte das Schauspielhaus Leipzig zu Beginn der Spielzeit im Jahr 2000 wegen Preiserhöhungen. student! beklagt vor allem die Abschaffung eines Studierendenabos, mit dem man bis dato – Premieren ausgenommen – 27 D-Mark für sechs Vorstellungen zahlte. Das machte 4,50 DM pro Vorstellung. Nun wurde in Besitz des günstigsten nicht-ermäßigten Theaterabos mehr als das Doppelte fällig.
Mittlerweile ist das Schauspielhaus wieder zu seinem Sechser-Studi-Abo zurückgekehrt: für 42 Euro pro Spielzeit können Studierende sechs Vorstellungen genießen. Ein Angebot, das Lust auf Nach-Corona-Zeiten macht. Es ist jedoch angesichts des offiziellen Wechselkurses von 1 Euro zu 1,9 DM etwa drei Mal so teuer wie vor 21 Jahren: Ein Fakt für die nostalgischen Seelen.
Willkommen in Leipzig! Diese Aussage hörten Studierende, die sich ummeldeten, bis ins Jahr 2000 auch in Form von Geld. Unter der Überschrift „Leipzig kauft Studenten“ konnte man lesen, dass – wenn man den Hauptwohnsitz nach Leipzig ummeldete – der Semesterbeitrag des ersten Semesters erstattet wurde. Zusätzlich bekam man von der Stadt seit 1999 knapp hundert Euro pro Semester, als Belohnung, offiziell in Leipzig zu wohnen. Aus dieser Regelung wurde irgendwann das Begrüßungsgeld in Höhe von 150 Euro. Wer heute nach Leipzig zieht und sich ummeldet, bekommt leider gar nichts mehr. Ob das auch damit zu tun hat, dass die New York Times Leipzig vor einem knappen Jahr zur „cool-kid-town“ gekürt und die Lebensqualität hier sehr gelobt hat?
In Zeiten des flächendeckenden Internets ist es unvorstellbar geworden, für sämtliche Kontaktgesuche Vermittlungspersonen zu brauchen: Solche wie Eduard „Eddi“ Jesse aus dem Campusservice, den er bis heute führt. Bis vor 20 Jahren vermittelte er in der „Campus-Mitfahrzentrale“ unter anderem Fahrgemeinschaften. „Berlin und Dresden waren besonders beliebt“, sagt Jesse heute. „Und Paris in den Semesterferien.“ Man meldete einige Tage vor Heimfahrt seinen Zielort und sein Fahrangebot beziehungsweise -nachfrage. Jesse brachte Suchende und Anbietende zusammen, „bis durch das Internet alles eingeschlafen ist“. Wann genau weiß er nicht mehr. Im Jahr 2000, als der Artikel über die Mitfahrzentrale im Service-Ressort der ersten student! erschien, war das Angebot bereits deutlich schwächer genutzt als zuvor, der letzte Eintrag in Jesses handschriftlichen Buch ist aus dem Jahr 1997.
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