• Menü
  • Sport
  • Unschlagbar

    Die in Leipzig ansässige Stiftung der International Table Tennis Federation (ITTF) kümmert sich um die Förderung benachteiligter Bevölkerungsgruppen, die Völkerverständigung und noch viel mehr.

    Sie spielen es mit der Gitarre, dem Handy, einem Buch, einer Taucherflosse oder dem Fahrrad. Sie spielen es in Sport- oder in normaler Alltagskleidung, verkleidet als Spiderman oder Pirat. Sie spielen es im Garten, zu Hause oder im Auto. Sie spielen Tischtennis.

    In kurzen Videoclips lassen Menschen aus unterschiedlichsten Ländern den Tischtennisball auf ihrem Schläger trippeln, um ihn danach digital weiter zum nächsten Spieler zu reichen. Die seitens der ITTF-Stiftung initiierte „craziest longest table tennis rally ever” wurde anlässlich des fünfjährigen Jubiläums des Welttischtennistages im April letzten Jahres durchgeführt. Ein Zeichen der sozialen Verbundenheit in Zeiten von Abstandsgebot und Kontaktbeschränkungen.

    Die ITTF wurde bereits 1926 gegründet und existiert daher, im Gegensatz zum Welttischtennistag, schon lange. Es ist der Dachverband aller 226 nationalen Tischtennisverbände auf der Welt. Zum Aufgabenfeld der Organisation gehören dabei unter anderem die Überwachung des international geltenden Regelwerkes, die Planung und Durchführung zahlreicher Wettbewerbe, darunter auch den Weltmeisterschaften, sowie die Suche nach technischen Verbesserungen. Beispielsweise wird es ab kommendem Oktober bunt. Denn neben dem zwingend schwarzen Belag auf der einen Seite des Tischtennisschlägers kann der rote Belag künftig ebenso grün, lila, pink oder blau sein.

    Neben den sportlichen Ambitionen gehört seit 2003 unter dem Dach des Development Programmes auch solidarisches Engagement in Form humanitärer Projekte zum Repertoire des Dachverbandes. Bisher bestand die Schwierigkeit hierbei allerdings darin, eine klare Trennlinie zwischen dem Sportlichen und dem Humanitären zu ziehen. Wiebke Scheffler, Head of Operations der Stiftung, beschreibt das Gründungsanliegen wie folgt: „2018 stimmte die Mitgliederhauptversammlung des ITTFs einstimmig für den Vorschlag die Stiftung zu gründen. Während sich die ITTF weiterhin um die Entwicklung des Sportes kümmert, auf Hochleistungssport abzielt, sowie auf den gesamten Weg dorthin, möchte die Stiftung mit Hilfe des Sportes positive soziale Veränderungen herbeiführen.“ Dennoch gibt es eine enge Verbindung der beiden Instanzen, da mindestens drei Vorstandsmitglieder der Stiftung an die ITTF gebunden sind. Schlussendlich fiel die Entscheidung zum Standort der Stiftung auf Leipzig, dem langjährigen Wohnort des jetzigen Geschäftsführers. Da das Hauptbüro des ITTFs in Singapur und der Hauptsitz in der Schweiz zu finden sind, waren auch diese beiden Länder Standortkandidaten. Neben den guten Bedingungen für gemeinnützige Organisationen beschreibt Scheffler einen weiteren ausschlaggebenden Vorteil: „In Deutschland gibt es eine sehr starke Tischtennisgemeinschaft und auch sehr viel Tischtennisindustrie, wo wir viele Partner gewinnen können.“

    „Tischtennis als Instrument für Entwicklung und Frieden“, umreißt der Internetauftritt der Stiftung das ehrgeizige Ziel. Diese Vorgabe findet in vielseitigen Projekten, die die Stiftung betreut und teilweise auch selbst durchführt, eine Spezialisierung. Beispiele sind die jährlich ausgerichteten Weltmeisterschaften mit Menschen, die an Parkinson erkrankt sind. Dies soll die Erkrankung auch in den Medien präsenter machen. Ebenfalls entsteht zurzeit das Programm TT Legacy, welches sich in Zukunft der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit widmen soll.

    Scheffler benennt darüber hinaus vor allem zwei weitere Projektansätze, das Dream Building- und das Ping Pong Diplomacy Programme. Letzteres ermöglichte bereits ein einheitliches koreanisches Team bei Tischtennismeisterschaften. Beim TT Dream Building Programme können sich hingegen Projekte bewerben, die dann finanziell und durch die Stiftung begleitend unterstützt werden. Scheffler nennt in diesem Zusammenhang ein erfolgreiches Beispiel aus Uganda: „In Hoima wurde die Schulabbruchsrate ganz massiv durch Tischtennis gesenkt, ganz einfach deshalb, weil der Tischtennisunterricht in der Schule erst nach dem Mittagessen angeboten wurde. Nur die Schüler, die den ganzen Vormittag in der Schule verbracht und Mittag gegessen haben, durften am Tischtennisunterricht teilnehmen.“

    Auch in der Stadt Leipzig möchte sich die Stiftung einbringen. Mit dem Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie der Universität wurde so beispielsweise eine Kooperation abgeschlossen. Fortan können nun Studierende ihre Praktika bei der Stiftung absolvieren und sogleich wertvolle Erfahrungen beim Dolmetschen und Übersetzen im gemeinnützigen Bereich sammeln. Vor allem die Arbeit innerhalb eines internationalen Kontextes soll hierbei näher kennengelernt werden. Ebenso beteiligte sich die Stiftung auch  an der von der Leipziger Volkszeitung initiierten Spendenaktion „Ein Licht im Advent“. Dabei erfüllte sie den Kindern einer Meuselwitzer Wohngruppe den Wunsch nach einer Tischtennisplatte und einem Fahrradschuppen.

    Natürlich beeinflusst auch die Corona-Krise die Arbeit der Stiftung. Fast alle Projekte wurden, aufgrund lokaler Bestimmungen, vorläufig gestoppt und laufen auch nach wie vor nur zögerlich an. Die Stiftung rief daher das Spendenprogramm Table Tennis United ins Leben, um Menschen in Not zu unterstützen. Dazu gehören beispielsweise Teams, Trainer oder Verbände, die aufgrund der Pandemie dringend Hilfe benötigen. Scheffler hofft, dass bald alle Projekte ihre Arbeit wieder aufnehmen und auch neue Ideen zum Zug kommen werden: „Wir wollen uns insbesondere für die Menschen öffnen, die vielleicht noch nicht den Kontakt zu Tischtennis hatten. Wie komme ich zum Beispiel an Kinder heran, welche in Slums leben. Solche benachteiligten Bevölkerungsgruppen sollen ganz besonders erreicht werden.“

    Auch der Welttischtennistag war eigentlich mit vielen Projekten auf der ganzen Welt geplant. Doch daraus wurde der World Table Tennis ‚at Home‘ Day, der für den „Coronavirus Innovation Award“ in der Kategorie Mitgefühl der Sport Business Awards nominiert ist.

    Titelfoto: ITTF

    Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.

    Verwandte Artikel

    Ins Schwitzen kommen

    Klima und Umwelt sind auch für den Sport von Bedeutung. Einerseits belastet Trockenheit die Spielfelder, andererseits verhalten sich Vereine oft nicht umweltbewusst. Das soll sich ändern.

    Klima Sport | 9. Dezember 2020

    Barriere, frei!

    Für Menschen mit Behinderungen kann es eine Herausforderung sein, das passende Sportangebot zu finden. Das sächsische Projekt „miss“ setzt sich deswegen für mehr Inklusion im Sport ein.

    Sport | 25. November 2020