Diesmal aber wirklich
Bereits zum zweiten Mal musste die Universitätsleitung die Hochschulwahlen pandemiebedingt zeitlich nach hinten verschieben. Jetzt stehen corona-konforme Pläne für die Durchführung fest.
Eine Durchführung der Hochschulwahlen als Urnenwahl in Präsenz kann unter den aktuellen Entwicklungen der Corona-Pandemie nicht in verantwortbarer Weise stattfinden: In diesem Aspekt sind sich die Wahlleiterin der Universität, Birgit Dräger, und der studentische Wahlleiter, Jacob Preuß, einig. Bezüglich einer aktuell durchführbaren Alternative, um die Wahlen nachzuholen, entschieden sich Dräger und Preuß jedoch für unterschiedliche Vorgehensweisen. Für die jeweils neuen Durchführungsformen der Hochschulwahlen mussten die Wahlordnungen, sowohl der studentischen als auch der universitären Wahlen, geändert werden.
Die studentischen Wahlen – hier werden die Mitglieder der Fachschaftsräte und des Referats ausländischer Studierender gewählt – finden aktuell als reine Briefwahlen auf Antrag statt. Dabei bleiben die Wahlvorschläge der verschobenen Wahl im Dezember 2020 bestehen, sodass Stimmen, die bereits im Dezember per Briefwahl abgegeben wurden, auch weiterhin gültig sind. Wer noch nicht abgestimmt hat, kann noch bis Mitternacht am 15. Februar die Briefwahlunterlagen beantragen.
Anders sind die universitären Wahlen – diese umfassen die Mitglieder der Fakultätsräte, des Senats, des Erweiterten Senats, des Promovierendenrats, sowie die Gleichstellungsbeauftragten – für den Mai in digitaler Form geplant. Die Wahlleitung hat die im Dezember angelaufenen Wahlen gestoppt, das heißt die Wahl wird nun nochmals ausgeschrieben. Demnach müssen Wahlvorschläge neu eingereicht werden. Bereits per Briefwahl abgegebene Stimmen sind hinfällig.
Für eine elektronische Wahl spreche unter anderem der Nachhaltigkeitsgesichtspunkt, da Ressourcen gespart werden, argumentiert Wahlleiterin Dräger. Ein weiterer Vorteil sei die Möglichkeit der orts- und zeitunabhängigen Stimmabgabe, zudem sei von einer höheren Wahlbeteiligung als bei einer Briefwahl auszugehen.
Der Studierendenrat (Stura) entschied sich dennoch für eine Stimmabgabe per Post und explizit gegen eine digitale Durchführung der studentischen Wahlen. In einem Beschluss des Sturas Anfang Januar heißt es, faire Wahlen seien auf elektronischem Weg aktuell nicht möglich. Das begründet das Gremium mit den Anforderungen an elektronische Wahlen, welche die „Konferenz der Informatikfachschaften 46,0“ (KIF460), formuliert hat. Denn diese könne die derzeit einzige Wahlsoftware in Deutschland, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, kurz BSI, zertifiziert ist, nicht erfüllen, erklärt Paul Reinhardt. Er ist Referent für Hochschulpolitik des Stura und studiert zudem Informatik an der Universität Leipzig. Zum Beispiel sei diese Software, namens „Polyas“, nicht Open Source. Das heißt, der Quellcode, das Kompilat – das ist der umgewandelte Quellcode eines Programms, der dann tatsächlich von einem Rechner ausgeführt wird – und die Hardware des verwendeten Systems sind für die allgemeine Öffentlichkeit nicht überprüfbar. „Und das BSI findet vielleicht auch nicht jeden Fehler“, vermutet Reinhardt.
Darüber hinaus sieht der Stura in digitalen Wahlen ein weiteres Defizit: „Der*die Wähler*in muss unter eigener Verantwortung sicherstellen, dass seine*ihre Stimmabgabe gültig ist und nicht zum Beispiel durch ein Virus auf dem Computer manipuliert wird“, erklärt Reinhardt. Bei einer Urnen- beziehungsweise Briefwahl hingegen sei der*die Wahlleiter*in dafür verantwortlich, dass der Wahlschein unverfälscht zu Auszählung komme.
Dräger reagiert auf die Kritik des Sturas mit dem Verweis auf Erfahrungswerte zahlreicher Hochschulen, an denen sich elektronische Wahlen bewährt haben. „Die Wahlrechtsgrundsätze werden selbstverständlich auch bei der elektronischen Form der Wahl eingehalten“, verspricht sie. Zudem seien vor der Durchführung im Mai mindestens zwei Testwahlen zur Prüfung der Wahlsoftware „Polyas“ vorgesehen.
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