Jura-Prüfung in Verfassungsgeschichte fand nun doch online statt
Der Jura-Professor Jochen Rozek hatte vor dem Verwaltungsgericht Leipzig erwirkt, dass eine Prüfung als Präsenzklausur stattfinden kann. Die Universität hat dagegen Beschwerde eingelegt – mit Erfolg.
Nach einigem Hin- und Her fand vorgestern nun die Abschlussprüfung des Jura-Grundlagenfachs Verfassungsgeschichte, gelehrt von Jochen Rozek, digital statt. Entsprechend eines Beschlusses des Fakultätsrat der Juristenfakultät, dass im laufenden Wintersemester alle Prüfungen digital stattfinden sollen, war ursprünglich geplant, dass sie am 5. Februar online stattfindet.
Dagegen hat sich Jochen Rozek gewehrt. Vor dem Verwaltungsgericht (VG) Leipzig hat er eine sogenannte einstweilige Anordnung beantragt. In „dringenden Fällen“ gewährt eine einstweilige Anordnung vorläufigen Rechtsschutz, wenn die Gefahr besteht, dass das Recht des Antragstellers durch eine Klage nicht gesichert werden kann. Der ersuchte Beschluss sollte feststellen, dass die Klausur bei einer Teilnehmendenzahl unter 17 in Präsenz stattfinden sollte.
Mit dem Infektionsrisiko seien Präsenzprüfungen in diesem Fall vereinbar, argumentiert Rozek. Die Raumkapazitäten der Universität Leipzig erlaubten nämlich, dass bei den angemeldeten 16 Teilnehmenden die Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden könnten.
Online-Prüfungen wiesen hingegen ernste rechtliche Probleme auf, warnt Rozek. Da Online-Aufsichtsarbeiten etwa mithilfe von Webcams wegen einer Verletzung der räumlichen Privatsphäre der Teilnehmenden ausschieden, blieben nur noch unbeaufsichtigte Online-Prüfungen. Diese hält Rozek jedoch unter Gesichtspunkten der Chancengleichheit für problematisch.
Denn die äußeren Bedingungen variierten von Teilnehmer*in zu Teilnehmer*in. Weder könne garantiert sein, dass allen Teilnehmenden die gleichen Hilfsmittel zur Verfügung stünden, noch könne jede*r Student*in die gleiche Qualität an Endgeräten und Internetverbindungen vorweisen. Außerdem fielen Ungleichheiten im Vergleich zu anderen Jahrgängen auf. Da man das „Spicken“ nicht kontrollieren könne, müssten die Online-Klausuren komplexer gestaltet werden. Das bedeutet, weniger Wissensabfrage, mehr Transferleistung als in den letzten Jahren.
Das VG Leipzig hat den Argumenten zugestimmt und die einstweilige Anordnung erlassen. Die Prüfungen sollten also zunächst doch präsent stattfinden.
Doch dazu kam es nicht. Kurz darauf hat die Universität Leipzig beim Oberverwaltungsgericht Bautzen (OVG) Beschwerde gegen die einstweilige Anordnung eingelegt, und Recht bekommen. Der Beschluss des VG Leipzig wurde aufgehoben und die Prüfungen fanden online statt. Um die Studierenden zu entlasten, wurden sie jedoch von der Juristenfakultät auf den vergangenen Dienstag verschoben. Das OVG begründet, die Rechtmäßigkeit der Anordnung scheitere hinsichtlich des Argumentes der Chancengleichheit allein daran, dass Rozek keinen „eigenen Nachteil“ geltend machen könne. Die Nachteile von Dritten, also seinen Studierenden, könnten bei der gewählten Rechtsschutzform nicht berücksichtigt werden.
Carsten Heckmann, Pressesprecher der Universität Leipzig begrüßt den Beschluss des OVG als „klare, pragmatische Entscheidung“ im Sinne des Infektionsschutzes. Durch die digitalen Prüfungen leiste die Universität Leipzig einen Beitrag dazu, die Mobilität zu beschränken. Auch der freie Zusammenschluss von Student*innenschaften (fzs) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte in einer gemeinsamen Pressemitteilung aufgefordert, unter den derzeitigen Pandemiebedingungen grundsätzlich auf Präsenzprüfungen zu verzichten. Die seien nämlich „aufgrund der Infektionsgefahr unverantwortlich – gegenüber den Studierenden ebenso wie gegenüber den Prüferinnen und Prüfern“ heißt es.
Rozek kritisiert, bei der Entscheidung des OVG handle es sich um eine „politische Entscheidung“. Mit den rechtlichen Voraussetzungen für die Ersetzung der Klausur durch eine Online-Prüfung habe sich das Gericht nicht ausreichend befasst.
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