Die Magie hinter der Bühne einfangen
Das neue Projekt „Nebenschauplätze“ der Oper Leipzig testet in Kurzvideos neue Blickwinkel auf den Theaterbetrieb.
Die Corona-Maßnahmen treffen besonders den Kulturbetrieb hart. Ohne Publikum, ohne Kinosaal, ohne Probe- und Drehmöglichkeiten fehlt Filmemacher*innen und Musiker*innen seit über einem Jahr eine Perspektive für ihre Arbeit. Die Musikalische Komödie der Oper Leipzig, die im Stadtteil Lindenau bis zum Lockdown Musicals und Operetten aufgeführt hat, versucht die künstlerische Wüstenzeit dafür zu nutzen, Neuland zu betreten. Sie hat junge Filmemacher*innen von der Hochschule Fernsehen und Film München nach Leipzig eingeladen, ummit dem Projekt „Nebenschauplätze“ kreative Ausdrucksformen an der Schwelle zwischen Oper und Film zu suchen.
Mila Zhluktenko, Paula Tschira und Johanna Seggelke bilden eines von drei Filmteams, die in den vergangenen Wochen in der frisch renovierten Spielstätte der Musikalischen Komödie gedreht haben. „Wir versuchen, die besondere Stimmung, die da herrscht, abzubilden. Unter, hinter, über der Bühne“, fasst Seggelke ihre Arbeit zusammen. Sie hat mit ihren Kommilitoninnen während der Aufzeichnung der Operette Gräfin Mariza gedreht, die auf der Internetseite der Oper gestreamt werden wird.
In den Kurzfilmen stehen die Personen im Fokus, die die Zuschauer*innen im Normalbetrieb nie zu Gesicht bekommen, zum Beispiel die Lichttechniker*innen über der Bühne oder der Inspizient, der den Gesamtablauf der Vorstellung unter Kontrolle hat. Justus Seeger, eigentlich Baritonsänger an der Musikalischen Komödie, hat das Projekt ehrenamtlich als Betreuer und Ansprechpartner begleitet. „Es war in unserem Interesse, dass es keine reine Abfilmung der Aufführung ist, sondern dass es eine kreative Auseinandersetzung sein soll. Unser Wunsch ist es, dass außerhalb der eigenen Blase auf die Oper draufgeschaut wird und sich dadurch ein anderes Publikum für Oper interessiert“, sagt Seeger. Die filmische Begleitung der Operettenproduktion bietet Perspektiven auf die Vorstellung, die für die Zuschauer*innen im Normalbetrieb nicht möglich wären. Seggelke beschreibt die Möglichkeiten mit der Kamera: „Film hat im Unterschied zum Theater nicht nur das Zweidimensionale, dass man als Zuschauer vorne sitzt und sich das anschaut. Man kann auch Zeitsprünge machen oder parallel erzählen oder zeigen, was gleichzeitig an verschiedenen Orten passiert.“
Die künstlerische Freiheit und der Vertrauensvorschuss, den die Musikalische Komödie den Studentinnen gewährt hat, sei etwas ganz Besonderes, sagen die drei Münchnerinnen. Sie seien begeistert von der besonderen Atmosphäre in der Spielstätte, der Offenheit und der Kooperationsbereitschaft des gesamten Teams. „Das ist ein mutiger Weg, in der Krise etwas Neues zu versuchen, und das würde ich mir noch an mehr Stellen wünschen“, sagt Seggelke. Im vergangenen Jahr gab es nicht viele Gelegenheiten, mit der Kamera zu arbeiten. Die Studentinnen haben die Zeit überbrückt, indem sie bereits vorhandenes Material geschnitten oder Hausarbeiten geschrieben haben. Umso schöner sei es jetzt gewesen, so herzlich an der Musikalischen Komödie aufgenommen worden zu sein. Sie hätten gar nicht mehr aufhören wollen zu drehen, sind die drei sich einig. Ab dem 11. Mai werden die Filme von Seggelke, Zhluktenko, Tschira sowie den beiden anderen Filmteams auf dem Youtube-Kanal der Oper Leipzig veröffentlicht.
Titelfoto: Privat
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