Von Inseln zu Kontinenten
Im Thema-Ressort der Maiausgabe widmet sich luhze der Frage, welche Interessen bei der Bebauung des Wilhelm-Leuschner-Platzes aufeinandertreffen. Die Universität Leipzig will ihre Standorte verbinden.
Mehr Platz und mehr Vernetzung – unter dieser Devise zieht nicht nur die juristische Fakultät auf den Wilhelm-Leuschner-Platz. Auch das Research Centre Global Dynamics (ReCentGlobe), die Graduate School Global and Area Studies, das Global and European Institute, das Institut für Afrikastudien und das Religionswissenschaftliche Institut sind unter dem Dach des geplanten Forschungsbaus „Global Hub“ künftig dort beheimatet.
Bei einem Podiumsgespräch auf der Jahrestagung des ReCentGlobe formulierte Uni-Rektorin Beate Schücking für die Umzüge auf den Wilhelm-Leuschner-Platz das Ziel, kleine Splitterstandorte der Universität „von Inseln zu Kontinenten“ zu verbinden. Aber: „Nähe heißt durchaus, dass dazwischen noch andere Dinge Platz haben sollten“, sagt Schücking. Dazu gehört unter anderem eine von ihr geforderte Fußgängerzone zwischen den Gebäuden, deren Planung Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne) bestätigte – unter Einschränkung einer zu gewährleistenden Anlieferung für die geplante Markthalle. Laut Dienberg wurde auch eine Mensa für den Platz besprochen.
Die Kosten für den Global Hub belaufen sich laut einer Pressemitteilung der Universität auf etwa 34 Millionen Euro und werden nach Empfehlung durch den Wissenschaftsrat jeweils zur Hälfte von Bund und Freistaat getragen. Die Finanzierung ist aber an fünf Jahresraten – von 2022 bis 2026 – gebunden. Das bedeutet, dass Kosten, die bis 2026 nicht abgerechnet wurden, vom Freistaat getragen werden müssen.
„Das erzeugt Druck auf den Prozess“, sagt Matthias Middell, Direktor des ReCentGlobe. Zumindest das neue wissenschaftliche Konzept habe aber bereits mit der Jahrestagung begonnen: „Die alte Globalisierung ist zu Ende“, sagt Middell. Es gehe nun darum, eine neue Art von Prozessen zu erforschen. Dabei werde es auch eine stärkere Verbindung zu Klimaforschung und Umweltökonomie geben – und die Anbindung an ein neues Rechenzentrum, das von der Universität bereits beantragt wurde.
Digitalisiert wird auch die Kommunikation der Forschung nach außen: In einer 400-Quadratmeter-Erdgeschosszone für Besucher*innen stellt Middell neben einer Bühne auch eine Art Wissenschaftsfernsehen in Aussicht. Außerdem soll es möglich sein, einem*einer Forscher*in per VR-Brille bei der Arbeit über die Schulter zu blicken.
Um Interesse für die Tätigkeit des Global Hub zu wecken, will Middell nicht nur eine Kaffeebar für das Gebäude, sondern auch die Ableitung von Forschungsthemen aus dem Diskurs mit externen Gruppen. Ferner appellierte er an Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne), das Interesse der Stadtbevölkerung schon vor dem Umzug mit räumlicher Präsenz zu wecken, ähnlich der Stiftung des noch nicht entstandenen Forum Recht, deren Geschäftsräume auf dem Augustusplatz sind.
Das 2019 vom Bundestag gegründete Forum Recht soll mit den Standorten Karlsruhe und Leipzig Mensch und Recht in Interaktion bringen – auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz mit einem Fokus auf Ostdeutschland. Gleich nebenan wird die juristische Fakultät ihr neues Zuhause finden. Laut Dekan Tim Drygala ist dies eine Erleichterung, nachdem die „eher provisorische“ Unterbringung in der Burgstraße keine neuen Professuren oder eine zusammenhängende Bibliothek beherbergen kann.
„Die Zusammenarbeit mit dem Forum Recht soll so aussehen, dass die Fakultät fachliche Beraterin der Stiftung in juristischen Fragen wird“, sagt Drygala. Dazu gehörten Ausstellungskonzepte, die Mitwirkung an Veranstaltungen und Verfahrenssimulationen. Bei der Zusammenarbeit profitierten Studierende von derzeit diskutierten Arbeitsmöglichkeiten beim Forum Recht und Veranstaltungen zu aktuellen rechtspolitischen Fragen. Diese haben laut Drygala mit Themen wie Rettungsfolter, Sexualstrafrecht und Neuregelung der Sterbehilfe bereits begonnen.
Wie der Global Hub will das Forum Recht seine Inhalte auch in außeruniversitäre Kreise tragen, um die Präsenz von Themen rund um Recht und Rechtsstaat zu erhöhen. Ziel sei es, bereits vor Errichtung der Gebäude mit dem öffentlichen Austausch zu beginnen, sagt Drygala. Ob auch etwa Menschen mit fehlender Rechtsstaatsakzeptanz erreicht würden, bleibe abzuwarten. „Aber wer zweifelt, den kann man mit einem guten Angebot bestimmt erreichen.“
Grafik: Charlotte Paar
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