Doppelter Protest
Studierende zweier Bündnisse protestierten zwei Tage in Folge vor dem Paulinum für Präsenzlehre im Wintersemester. Im Senat wurde der Antrag der studentischen Senator*innen vertagt.
„Ich sag Uni, ihr sagt auf“, schallte es am Mittwoch über den Augustusplatz. Rund 200 Studierende versammelten sich ab 16 Uhr vor dem Paulinum. „Wenn die 68er es geschafft haben, das Studium umzukrempeln, dann wird es uns doch gelingen, ein würdiges Studienkonzept umzusetzen“, hieß es von einem der Redner*innen. Für das gemeinsame Ziel der offenen Uni arbeiteten die verschiedenen Hochschulgruppen zusammen. Der sozialistische und demokratische Studierendenverband (SDS) und der Freie Campus hielten nacheinander Reden „Die Uni befasst sich viel zu spät mit Öffnungsschritten und schafft es nicht, ihre Pläne in irgendeiner Art transparent zu kommunizieren“, sagt Nico Fenske von der Liberalen Hochschulgruppe, der am Mittwoch eine Rede hielt. „Es kann nicht sein, dass wir hier vergessen werden.“ Die Universität hat auf die Anfrage von luhze bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nicht reagiert.
Am Dienstag zuvor nahmen 20 Protestierende an der Senatssitzung der Universität teil. Grundlage war der Antrag aller studentischen Senator*innen, die Lehre im Wintersemester in Präsenz stattfinden zu lassen. Die Universität solle dafür ein passendes Hygienekonzept mithilfe der 3G-Regel (geimpft, getestet, genesen) erstellen. Der Antrag wurde allerdings nicht abgestimmt, sondern lediglich diskutiert. Eine Abstimmung solle in der kommenden Sitzung erfolgen, berichtet Johanna Zitt, eine der studentischen Senator*innen.
Ärger gab es auch darüber, dass der Antrag so weit hinten in der Tagesordnung besprochen wurde, sodass die Protestierenden über zwei Stunden warten mussten. „Ich finde es schade, dass die Tagesordnung nicht angepasst wurde“, äußert sich Felix Fink, Beauftragter für studentische Angelegenheiten der Universität. „Hier hätte man mehr Sensibilität zeigen können.“
Beschlossen wurde laut Zitt am Ende dennoch ein mündlicher Vorschlag von Rektorin Beate Schücking. Dem zufolge solle das Wintersemester grundsätzlich in Präsenz stattfinden, das Rektorat habe sich auch für die Rückkehr zur Präsenzlehre ausgesprochen. Details werden in der Sitzung im September verhandelt.
Laut dem Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz hat der Senat die Aufgabe, „Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung in Angelegenheiten der Lehre, Forschung oder Kunst, soweit diese nicht nur eine Fakultät betreffen“. Die Entscheidung zur Gestaltung des Wintersemesters liegt allerdings bei den einzelnen Fakultäten, wie die Universität entschied.
Entgegen der hochschulpolitischen Tradition haben die verschiedenen Hochschulgruppen nicht bei der Initiativorganisation des Protestes mitgewirkt. „Wir sind politisch unabhängig und haben das sehr spontan am Samstagabend beschlossen und sonntags dann geplant“, erklärt Charlotte Suwita eine von fünf Organisator*innen des frisch gegründeten Aktionsbündnis „Unis Auf“. Die weitere Organisation verlief über eine Whatsapp Gruppe. Die derzeit kursierende „Wir wollen wieder Rein“ Petition ist von dem „Unis Auf“ Protest gänzlich unabhängig. Die Veranstalter*innen und Redner*innen beider Proteste betonten immer wieder, dass sie sich klar von Querdenkern und Verschwörungstheorien distanzieren. „Wir haben das Thema vorher als Gruppe stärker diskutiert. Insbesondere auch bezüglich der Petition, da scheinen Leute dahinter zu stecken, die wir vom Freien Campus nicht unterstützen würden“, sagt Fenske. Der Vorwurf verhärtet sich angesichts eines Mitglieds der Querdenken-Bewegung, welches nachweislich die Petition über eine Facebook-Gruppe für Erstsemester weiterverbreitete. Franziska Jahr, Mitorganisatorin der Petition, wehrt sich jedoch vehement gegen die Vorwürfe, mit der Bewegung in Verbindung zu stehen. Bei einer Online-Petition könne nicht garantiert werden, wer sie unterstützt. „Mir ist es unverständlich, wie die Petition trotz klarem Statement in Verruf geraten soll, der Querdenkerbewegung anzugehören“, so Jahr.
„Ich hoffe, dass einige Vertreter der Uni bei der Demo da waren“, sagt Fenske „Ich weiß, dass verhandelt wird, aber wir haben nochmal den Forderungen der Breite der Studierendenschaft Ausdruck verliehen.“ Er hätte sich gewünscht, dass das Rektorat sich dazu positioniert. „Ich hätte sie sicher nicht niedergebuht, sondern hätte es wichtig gefunden und wäre mit ihnen gerne ins Gespräch getreten.“
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