„Ich hab ein sehr spießiges Leben gerade“
Der 21-jährige Musiker Mayberg sprach mit luhze über seinen Schreibprozess, Lampenfieber und das Newcomer-Sein während der Pandemie.
„Mayberg“ ist der Künstlername des 21-jährigen Liedermachers Luis Raue aus Kassel, der nun seit zwei Jahren in Leipzig lebt. Sein Song „Oh Mayberg“ hat inzwischen über 1,6 Millionen Aufrufe auf Spotify. Mit luhze-Redakteurin Friederike sprach er über seine Höhen und Tiefen als Newcomer.
luhze: Nach deinem Abi bist du von Kassel nach Leipzig gezogen und wolltest Musiker werden. Das hast du geschafft! Welches Ziel hast du nun?
Mayberg: Wenn ich mal von der Musik leben kann, dann bin ich glaube ich sehr, sehr glücklich. Momentan lohnt sich das aber finanziell noch nicht.
Dein Song „Oh Mayberg“ ist nah an 1,7 Millionen Aufrufen auf Spotify. Wie erklärst du dir ausgerechnet dessen Erfolg?
Ich glaube, dass der Song catchy ist, weil er so stumpf ist. Das ist ein echt simpler Song, da wiederholt sich alles siebenmal, völlig beknackt eigentlich. TikTok hat außerdem eine immense Rolle gespielt. Wenn man davon zehn Sekunden nimmt und das hinter ein Video vom See packt, ist das einfach witzig, denke ich.
Du schreibst deine Texte selbst. Wann hast du damit angefangen?
Ungefähr 2013, erstmal auf Englisch, im Stil von Milky Chance. Die fand ich geil, weil die auch aus Kassel kamen. Meine Texte waren aber ultra weich.
Was meinst du mit „weich“?
Nach dem Motto „Ich lieb‘ dich und du mich nicht“. Ich fands textlich nicht so packend.
Jetzt geht es in deinen Texten oft um Frauen und um Sex…
Ich glaube diese Beziehungsthematiken sind einfach Themen des Alters, also meines Alters. Und dann erzählt man noch ‘ne Geschichte darum.
In wie vielen Geschichten steckst du selbst dahinter?
Das ist schwer zu sagen. Manchmal ist es eine Rolle, manches ist real. Ich mag dieses Spiel, dass manches wahr ist und manches nicht und dass das ein bisschen verschwimmt. Manches ist auch bewusst völlig drüber, zum Beispiel „Oh Mayberg“ sprengt egomäßig alle Rahmen. Das ist alles nicht so ernst zu nehmen oder zumindest nicht so ernst gemeint.
Wie entsteht deine Musik?
Text und Musik kommen immer gemeinsam oder wenn, dann immer erst Text. Es ist nie zuerst Musik da. Ich sammele Zeilen, die mir irgendwann einfallen. Dann fügt sich das irgendwann zusammen. Die packt man über Akkorde und auf einmal formt sich die Melodie und es ist gefühlt klar, wie sie sein könnte.
Wie war es für dich, während der Pandemie als Musiker zu starten?
Ich fand‘s schon sehr kacke. Ist einfach eine blöde Zeit für Live-Musik und um damit anzufangen. Man muss ein bisschen reinkommen ins Live-Spielen, vor Leuten stehen. Ich war da immer todesaufgeregt.
Was ist toll am Musikmachen?
Ich mag es, auf der Bühne zu stehen und zu singen. Das klingt wie eine Bilderbuch-Antwort. Aber da ist so eine Spannung zwischen mir auf der Bühne und den Leuten im Publikum. Das mag ich, völlig wurscht, wie viele das sind. Es ist aber auch viel Kacke dabei.
Was ist kacke?
Es ist neunzig Prozent einfach scheiße. Die Auftritte, die klappen, sind ein Bruchteil von dem, was man angefragt hatte. Ich schreibe 50 Mails und einer sagt „Nein“, die anderen antworten gar nicht. Gerade ist es schwierig, irgendwo reinzukommen, weil die Auftritte der letzten anderthalb Jahre nachgeholt werden. Man muss viel machen, dass ein bisschen was passiert.
Kommt dir dadurch Inspiration abhanden?
Ja, ich verwerte gerade eher alten Kram, weil wenig Neues passiert. Ich hab‘ ein sehr spießiges Leben gerade, ehrlicherweise. Früh ins Bett gehen und früh aufstehen. Ich trau mich gerade nicht, in den Urlaub zu fahren, weil man jederzeit angerufen werden könnte mit dem Angebot „Hey, wir haben nächste Woche einen Slot frei, willst du da spielen?“. Dementsprechend ist der Kopf super selten frei.
Kannst du dir vorstellen, mal etwas anderes zu machen?
Die Gedanken habe ich täglich. Dann stell ich mir vor, ich schmeiß das alles hin und mach was ganz anderes. Aber momentan glaube ich noch dran, dass mich das mal irgendwo hinbringt, wo es sich rentiert. Solange alles noch Schritt für Schritt wächst, werde ich vorerst nichts anderes machen.
Foto: Friederike Pick
Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.