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    Hinter den beiden Orgeln der Universität steckt einiges an Geschichte. Wir haben uns angeschaut, was die Instrumente so besonders macht.

    Wenn am Sonntagmorgen durch die Universitätskirche Sankt Pauli ein tiefes Brummen dringt, in das glasklare, funkelnde Melodietöne einstimmen, immer vielfältiger werden und sich zu einem raumfüllenden Musikspektakel verbin­den – dann verstummt das letzte Murmeln der Gottesdienstgemeinde. Dem Klang der Orgel, Königin der Instrumente, kann man sich nur schwer entziehen.

    Dass so ein Erlebnis auf dem Hauptcampus der Universität Leipzig möglich ist, wissen nicht viele Studierende. Das Paulinum war, wie der gesamte Campus, seit Beginn der Pandemie lange geschlossen. Und hat damit auch die Instrumenten-Schätze verbor­gen, die es dort zu entdecken gibt.

    Daniel Beilschmidt bändigt Woche für Woche in Gottes­diensten und Konzerten die über 3.000 Pfeifen einer der beiden Hauptorgeln im Pauli­num. Der 43-Jährige ist seit 2009 Universi­täts­organist. „Die Orgel faszi­niert allein schon durch ihre Größe. Bis zur Erfindung der Dampf­ma­schine war sie die größte von Menschen zusam­men­­ge­setzte tech­nische Anlage ü­ber­haupt“, sagt Beilschmidt.

    Orgeln gibt es schon seit der Antike. Die Kunst, sie zu bauen, hat sich seitdem enorm weiterentwickelt und wurde von den Moden und Erfindungen der jeweiligen Zeit stark beeinflusst. Die größere der beiden Orgeln im Paulinum hat die Firma Jehmlich erst 2015 fertiggestellt. Sie war circa eine Million Euro teuer und ist ein echtes High­tech-Instrument. Über einen Bildschirm können Musizierende das Geschehen im Altarraum beobachten, um im Gottesdienst immer den richtigen Zeitpunkt für die musikalischen Stücke treffen zu können. Und auch die Musik ist digital beeinflussbar: Die Orgel kann selbstständig Töne zu Akkorden vervollständigen. Außerdem können die Pfeifen nicht nur vom Spieltisch, sondern via Bluetooth auch von einem Computer aus angespielt werden. Wozu gibt es dann noch eine zweite Orgel in der Universitätskirche?

    „Die Idee war, auch bei geschlossener Glaswand, die die Aula mit der großen Orgel vom Chorraum trennt, Musik machen zu können“, sagt Beilschmidt. „Wir haben uns für ein Instrument im Stil des 16./17. Jahrhunderts entschieden. Das Kon­zept geht zurück auf die Orgel der Paulinerkirche, wie sie Michael Praetorius um 1619 beschrieben hat. Damit haben wir nach 400 Jahren erstmals wieder den Klang einer Renaissance-Orgel in Leipzig“. Die kleinere Orgel im Chorraum ist eine sogenannte Schwalbennest-Orgel, weil sie wie ein Schwalbennest sehr hoch und flach an der Wand angebracht ist. Ihr Stil und Klang ist einzigartig in Leipzig.

    „Der Klang jeder Orgel setzt sich so zusammen wie der einer Glocke. Die Teiltöne, aus denen sich ein Ton zusammensetzt, sind an der Orgel als Einzelregister abruf­bar und vielfältig komb­inierbar. Spielt man mehrstim­mig, entsteht eine potenzierte Farbigkeit mit aufgesetzten Klang­­­kronen – ein bewegt-reso­nantes Ganzes“, sagt Beilschmidt. Nach diesem Grundbaumuster werden auch die Register ausgewählt, wie man die vielen Knöpfe am Spieltisch nennt. Sind drei gezogen, erklingen pro angespielter Taste drei Pfeifen. So entsteht der volle Klang. Mit den 46 Registern, die in der großen Orgel verbaut sind, lässt sich ein ganzes Orchester imitieren – gesteuert von nur einem*einer Musiker*in.

    Und auch die Jehmlich-Orgel hat ein historisches Vorbild. Sie ist an das Instrument in der alten Paulinerkirche angelehnt, die 1968 von der DDR-Regierung gesprengt wurde. 2017 wurde der Neubau des Paulinums eingeweiht, der in seiner Gestaltung Elemente der alten Kirche aufnimmt und mit modernen Formen verbindet, ähnlich wie die Instrumente. Ein Zeichen der Versöhnung. Auch deshalb findet Daniel Beilschmidt: „Die Orgel ist ein Instrument des Friedens.“

    Foto: Anna Berting

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