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    Das Willkommenszentrum Leipzig berät Migrant*innen. Autor Leon Heyde sah sich dessen Arbeit für die Oktoberausgabe von luhze genauer an.

    Im April feierte das Willkommenszentrum Leipzig (WZL) dreijähriges Jubiläum. Seit seiner Eröffnung 2018 haben Menschen mit Migrationsgeschichte die Chance, sich im Zentrum in der Otto-Schill-Straße umfassend beraten zu lassen. Die Mitarbeiter*innen der Stadt sa­gen, sie würden vor allem auf die Menschen zugehen wollen.

    Von den Beratungen, welche die Stadt für Menschen mit Migrationsgeschichte bereits zuvor anbot, unterscheidet das WZL insbesondere die verbesserte Zugänglichkeit. Vom Charakter des Behördengangs will sich das WZL lösen, wie Koordinatorin Caroline Schilling betont: „Wir zeichnen uns da­durch aus, dass wir nie­drig­schwellig beraten und keine künstlichen Barrieren erschaf­fen.“ Zusammen mit ihren drei Mitarbeiterinnen berät Schilling vor Ort in sechs unterschiedlichen Sprachen, da­run­ter Arabisch, Rumänisch und Japanisch.

    „Unsere Überzeugung von Integration soll sich in der Arbeit widerspiegeln“, erzählt Manuela Andrich, Leiterin des Referats für Migration und Integration in Leipzig. Dafür sei sowohl die Mehrsprachigkeit der Angebote als auch die interkulturelle und diversitätssensible Schulung der Mitar­beiter*innen entscheidend.

    Neben Anliegen zum Thema Wohnen, Kitaplatz oder Aufenthaltsrecht greift das WZL zusätzlich aktuelle gesellschaft­liche Problemlagen oder Vorkommnisse auf. Seit Beginn der Coronapandemie infor­miert das WZL auf Homepage und Facebookseite in elf Spra­chen zu aktuellen Entwick­lungen. Zur Bundestagswahl bot das WZL in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung einen Workshop an. „Wichtig ist dabei vor allem, dass wir Leute empowern. Sie ermutigen, sich mit Politik auseinanderzusetzen, auch wenn sie vielleicht noch nicht die gleichen Rechte haben wie Deutsche“, sagt Andrich.

    Eben dieses Empowerment wollen Schilling und Andrich mit ihrer Arbeit in die migrantischen Communitys tragen. „Wir sehen uns als Schnittstelle zwischen den Akteuren in Leipzig, welche die Migrationsarbeit betreiben, und der Bürger*innenschaft. Durch unsere Arbeit wollen wir eine Verbindung zu den Sozialräumen schaffen“, erklärt Schilling. Dadurch kann ehrenamtliche Arbeit, die von Migrant*innen bereits geleistet wird – Dolmetschen, Amtsbegleitung oder Unterstützung beim Arzt – weiter gefördert werden. Zudem hilft das WZL Menschen, sich untereinander zu vernetzen.

    Studierende wenden sich bisher kaum an das WZL. Ihre Problemlagen auszumachen, fällt daher noch schwer. „Da haben wir ehrlicherweise noch nicht genug hingeschaut, aber ich könnte mir vorstellen, dass besonders auch hier rassistische Diskriminierung ein Thema ist“, sagt Andrich.

    Insgesamt ist Leipzig mit einem Migrationsanteil von rund 16 Prozent Spitzenreiter in Ostdeutschland, abgesehen von Berlin. Andrich betont, dass die Stadt bei der Integration aufgrund eines enor­men ehrenamtlichen Engagements sehr gut aufgestellt sei. Dennoch sei Diskriminierung für viele immer noch Alltagsrealität. „Gerade junge Men­schen und Studierende haben da einen sensibleren Blick drauf. Es wäre daher wichtig herauszufinden, welche Erfahrungen Studierende machen“, berichtet Andrich. „Wir müssen uns unseren diskriminierungskritischen Blick bewahren und nicht sagen, es gebe keine Probleme.“

    Integration soll nicht als einseitiger Prozess auf den Schultern von Neuankommenden verbleiben. Das WZL will das Bewusstsein schärfen, Migra­tion als gesellschaftliches Querschnittsthema zu begreifen.
    Für Andrich ist es wichtig, dass das Projekt Willkommenszentrum verstetigt wird, damit eine langfristige und kontinuierliche Erstberatung in Leipzig gewährleistet werden kann: „Dafür braucht es vor allem personelle Ressourcen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass es auch im nächsten Jahr das Angebot des WZL geben wird.“

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