Kein Stress
Weihnachten ohne Überkonsum und so viel Wegwerfen klingt nach einem guten Ziel. In der Dezemberausgabe präsentiert luhze verschiedene Ideen für ein nachhaltigeres Fest.
Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum …
Der Weihnachtsbaum im Wohnzimmer ist wohl Sinnbild für ein Weihnachtsfest, wie die meisten von uns es kennen. Gleichzeitig wird der Diskurs rund um den Klimaschutz und damit auch die Kritik an unserem Umgang mit Wäldern immer präsenter. Sich vor diesem Hintergrund Jahr für Jahr einen Baum in die Wohnung zu stellen, ist ziemlich paradox.
Die meisten zukünftigen Weihnachtsbäume wachsen auf Plantagen in Monokulturen unter Pestizideinsatz. Das ist weder gut für die Umwelt noch für uns. Ob man heutzutage noch einen klassischen Weihnachtsbaum braucht, ist fraglich. Schließlich haben wir alle ohnehin einen Haufen Zimmerpflanzen, wieso also nicht mal die Palme als Weihnachtsbaum schmücken? Das ist zumindest eine Möglichkeit, sich dem Wegwerfkonsum im Bereich Weihnachtsbaum zu entziehen. Man könnte auch selbst einen Baum aus Papp- oder Holzresten basteln und so aktiv Upcycling betreiben. Fühlt man sich aber (noch) nicht bereit, auf den traditionellen Baum zu verzichten, gibt es auch die Möglichkeit, Bäume zu mieten, die nach den Festtagen wieder eingepflanzt werden. Wenn auch das nicht traditionell genug ist, ist es eine Möglichkeit beim Kauf auf Siegel für ökologischen Landbau wie Bio- oder Naturland, sowie für ökologisch ausgerichteten Waldbau zu achten, der etwa an Siegeln wie dem Forest Stewardship Council (FSC) zu erkennen ist.
Mit dem verantwortungsbewussten Kauf ist die Sache aber noch nicht erledigt, denn auch über die Entsorgung sollte man sich Gedanken machen. Pro Jahr werden mehr als 29 Millionen Weihnachtsbäume in Deutschland gekauft. Für den Abtransport durch die Kommune stehen Termine im Abfallkalender. Die abgeholten Bäume werden dann in Biomasse-Kraftwerken zur Fernwärme- und Stromgewinnung genutzt. Nach Absprache mit dem*der zuständigen Schornsteinfeger*in könnt ihr den Baum auch in eurem Ofen oder Kamin verheizen. Teilweise haben auch Tiergehege oder Reiterhöfe Bedarf an lamettafreien Bäumen. Was man in keinem Fall tun sollte, ist die Bäume in die Biotonne zu stecken, weil sie nicht in der Biogasanlage verwendet werden können und auch in der Natur darf man den Baum nicht aussetzen, da zählt er nämlich als Müll.
Schenken ist die schönste Freude?
Weihnachten soll ja das Fest der Liebe sein, gleicht in der Realität aber oft stärker einem stressigen Konsummarathon. Das Schenken an sich ist trotzdem eine schöne Sache und wird noch viel schöner, wenn man sich im Vorfeld ein paar Gedanken darüber macht. Hier ein paar Vorschläge für Geschenke, die Inspiration oder Anstoß sein könnten. Ein Pluspunkt dabei ist auch, dass man dafür nicht einmal so pleite enden muss, wie nach einer ausgiebigen, nervenzerreißenden Last-Minute-Shoppingtour.
Klassisch, aber oft nicht bedacht, ist ein selbstgemachtes Fotoalbum. Dank Handykamera haben wir massenhaft Fotos von unseren Freund*innen oder Familien. Und wer freut sich nicht über ein Freundschafts-fotoalbum voller Erinnerungen und Liebe? Vielleicht wird die beschenkte Person es noch in 60 Jahren zu Weihnachten ihren Enkeln zeigen und von ihrer Jugend erzählen.
Nicht weniger spaßig in der Herstellung und schön für den*die Empfänger*in sind Ableger eurer Zimmerpflanzen in selbst bemalten, beklebten, besprühten oder zusammengeklebten Töpfen, deren Grundlage für wenig Geld auf Flohmärkten oder bei Kleinanzeigen zu bekommen ist. Auch in der Pflanzenkategorie eignet sich ein selbstgebastelter Kalender, der mit Saatgut für den jeweiligen Monat ausgestattet ist.
Falls ihr nähen könnt, sind eine Patchworkdecke, Kissen oder Beutel aus euren aussortierten Kleidungs- oder Stoffbeständen eine Idee. Falls ihr nicht nähen könnt, nutzt doch den Dezember und bringt es euch bei.
Für handwerklich begabtere Leute ist es sicher auch eine Idee, Einrichtungsgegenstände von Kleinanzeigen aufzubereiten oder upzucyceln und als Unikat zu verschenken.
Ein letzter Vorschlag sind Gutscheine. Ein durchdachter Gutschein für eine gemeinsame Unternehmung wird sicherlich ein Geschenk, das Spaß macht und in nachhaltigen guten Erinnerungen fortbesteht.
Es muss nicht alles Gold sein, um zu glänzen
Wenn wir jetzt schon individuelle, liebevolle Geschenke haben, soll natürlich auch die Verpackung nicht vergessen werden. Denn auch dabei kann man einiges upgraden. Die riesigen Müllberge nach der Bescherung sind traurigerweise nicht nur durch Loriot ein vertrautes Bild. Das lässt sich leicht vermeiden, wenn man auf alternative Verpackungen zurückgreift. Verpackt doch einfach das Geschenk in einem anderen Geschenk wie einem Beutel, Schal oder selbstgebatikten Geschirrtuch.
Wenn ihr doch lieber „richtig verpackte“ Geschenke wollt, nehmt alte luhze-Ausgaben oder den abgelaufenen Kalender vom letzten Jahr. Ist euch das nicht schön genug, verschönert das Ganze doch selbst, etwa mit Kartoffeldruck. Oder ihr greift auf FSC- oder Blauer Engel-zertifiziertes Geschenkpapier zurück, das gilt übrigens auch, falls ihr gern handgeschriebene Weihnachtskarten verschicken wollt.
Essen und gegessen werden
Für die meisten von uns hat Weihnachten zumindest in der Kindheit untrennbar mit irgendeiner Form von Braten zusammengehört. Für viele Tiere in Deutschland, vor allem Gänse, bedeutet Weihnachten der Tod. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden 2020 allein in den Monaten November und Dezember 1753 Tonnen Gänsefleisch produziert, das waren 60 Prozent der Jahresproduktion. Wenn man sich vornimmt, die Weihnachtszeit so nachhaltig wie möglich zu gestalten, ist es konsequent, das auch beim Essen anzustreben. Nachhaltiger ist es, dieses vegan zu gestalten.
Denjenigen, die damit keine Berührungspunkte haben, mag das erst einmal als Verzicht erscheinen. Stattdessen könnte man die Adventszeit aber auch nutzen, um sich einmal mit veganem Kochen auseinanderzusetzen. Das ist auch eine schöne Aktivität, die man gemeinsam mit Mitbewohner*innen, Freund*innen oder der Familie zelebrieren kann. Vielleicht kommt am Ende sogar eine Sammlung der besten Rezepte in Form eines selbstgemachten Kochbuchs zustande, das wiederum ein perfektes Geschenk für eine kochbegeisterte Person sein könnte.
Und selbst wenn das Experiment sich als Misserfolg entpuppen sollte, bleiben zumindest witzige Erinnerungen an gemeinsame Kochabende und Essen mit Herzenspersonen und damit wäre die Adventszeit doch perfekt und nachhaltig genutzt.
Grafik: Sara Wolkers
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