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  • „Alles wurde auf Pausenknopf gedrückt“

    Über Kunst in der Pandemie und die Geschichte der Band Woods of Birnam spricht luhze mit Leadsänger Christian Friedel im Interview.

    Shakespeare und Indiemusik? Diese ungewöhnliche Kombination beschreibt das Konzept der Dresdner Band Woods of Birnam. Der Frontsänger und Schauspieler Christian Friedel spricht im Interview mit luhze-Autorin Svenja Hohberger über das Zusammenspiel von Theater und Musik sowie die aktuelle Tour anlässlich des 10-jährigen Bandjubiläums.

    luhze: Aufgrund von Corona war es kaum möglich, live aufzutreten. Wie waren die letzten eineinhalb Jahre für Sie als Künstler?

    Friedel: Anfangs war es sehr schwer. Alles wurde auf Pausenknopf gedrückt und es hat erstmal gedauert, bis wir wussten, wie wir damit umgehen sollen. Durch die gewonnene Zeit konnten wir aber auch neue Dinge ausprobieren. Die Pandemie hat also auch die Möglichkeit geboten, sich selbst und sein eigenes kreatives Schaffen zu reflektieren.

    Woher kam denn die Idee, eine Jubiläumstour zu machen?

    Die Idee kam uns erst während der Pandemie und war Teil unserer Reflexion. Wir wollten damit zeigen, dass wir zurück, aber auch nach vorne schauen. Deshalb sind auf den Jubiläums-EPs neue und alte Songs.

     Nachdem Sie 10 Jahre miteinander Musik gemacht haben, wie steht es mit Ihrer kreativen Produktivität?

    Ich finde es lustvoll, neue Sachen zu entdecken und uns fällt es nicht schwer, neue Projekte zu entwickeln. Es braucht auch erstmal seine Zeit, bis man sich als Band mit zentralen Fragen auseinandergesetzt hat wie: „Wer sind wir eigentlich? – Was macht uns aus? – Was schätzen die Fans?“

    Der Name Ihrer Band ist aus Macbeth. Warum haben Sie genau diesen gewählt?

    Es gab schon vor Bandgründung einen Song mit dem Titel MiWoods of Birnam. Dieser wurde bereits auf ersten Konzerten gespielt, als die Band noch namenlos war. Unser Schlagzeuger Christian kam dann auf die Idee, den Titel auch unserer Band zu geben. Es hat einfach gepasst, da man sich in unserer Musik wie in einem Wald verlieren kann.

    Macbeth stirbt ja in diesem Wald. Hat dieser doch sehr düstere Hintergrund auch Einfluss auf Ihre Musik?

    Wir interpretieren den Wald eher so wie ihn die Hexen in dem Stück sehen – als Befreiungsschlag gegen ein totalitäres Regime. Das passt gut, da wir als Band für Freiheit und Toleranz stehen.

    Ihre Musik beinhaltet aber auch oft schwere Themen.

    Das ist richtig! Auf dem Album Grace habe ich beispielsweise den viel zu frühen Tod meiner Mutter verarbeitet. Mein Anspruch ist es aber, negative Themen lustvoll anzugehen. Wir wollen damit ausdrücken: „Das gehört zum Leben dazu und trotzdem ist das Leben schön!“.

    Musik kann sehr heilsam sein, um Dinge zu verarbeiten. Ich würde allen Menschen wünschen, dass sie so eine Form von Ausdruck für ihre Gefühle haben.

    Hatten Sie denn schon von Anfang an die Idee, Theater mit Musik zu verbinden und beispielsweise Projekte wie ein eigenes, musikalisches Theaterstück anzugehen?

    Die Musik, die wir als Band gemacht haben, hatte immer einen theatralischen Touch. Es lag auf der Hand, dass wir diesen in unsere Songs mit einfließen lassen. 2016 haben wir dann auch unseren eigenen Shakespeare-Abend veranstaltet und dabei ist quasi der Knoten geplatzt. Wir wussten, dass wir den Kunst- und Theateraspekt mit unserer Musik verbinden müssen.

    Sie sind ja selbst auch nicht nur Musiker, sondern auch Schauspieler im Theater sowie Fernsehen. Welcher Tätigkeit fühlen Sie sich eher verschrieben?

    Ich kann mich in beiden Bereichen sehr gut ausdrücken. Im Schauspiel genieße ich häufig den Schutz der Rolle und des Projektes, in der Musik habe ich diesen nicht, vor allem, wenn ich persönliche Themen in meinen Songs verarbeite. In beide Bereiche fließt aber meine Persönlichkeit ein. Besonders toll finde ich es, wenn sich diese beiden Welten vermischen. Heutzutage hat das Theater vor allem aufgrund sozialer Medien an Relevanz verloren. Ich glaube aber, es wird eine Renaissance des Theaters geben. Theater kann als eine Art Gegenentwurf zur sozialen Isolation fungieren. Ich würde mir deshalb auch wünschen, dass man noch mehr mit Theater und anderen klassischen Hochkulturformen experimentiert.

    Foto: Lutz Michen

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