Zu schade für die Tonne
Lebensmittelverschwendung muss nicht sein. In der Januar-Ausgabe erklärten wir, was Apps, Online-Shops oder Läden wie „Im Angebot“ zur Rettung beitragen können und wie man Foodsaver*in wird.
Dass Lebensmittelverschwendung ein riesiges Problem ist und sogar zur Klimakrise beiträgt, weißt du wahrscheinlich. Du kannst aber mehr dagegen tun, als nur darauf zu achten, selbst möglichst wenig Essen wegzuwerfen. Es gibt auch viele Wege, Lebensmittel zu retten, die anderswo sonst in der Tonne gelandet wären.
Apps
Die App Too Good To Go verbindet Läden wie Bäckereien, Supermärkte oder Restaurants mit Menschen, die kein Problem mit etwas welkem Grün oder einem gerade abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) haben. Die Betriebe können ihr Essen dort in sogenannten Magic Bags anbieten: Da natürlich nicht vorhersehbar ist, was am Ende des Tages übrigbleibt, weißt du vorher auch nicht, was du bekommst.
In der App kannst du das Essen zu vergünstigten Preisen (meistens um die drei Euro für eine Portion) vorbestellen und dann kurz vor Ladenschluss abholen. Dazu zeigst du einfach einem*einer Mitarbeiter*in deinen Beleg in der App.
Wenn du beispielsweise auf Fleisch verzichten willst oder Allergien hast, kannst du im Laden danach fragen, aber durch das Überraschungsprinzip kann es natürlich manchmal sein, dass nichts für dich dabei ist. Zumindest eine grobe Beschreibung des Angebots findet sich auf der Profilseite des jeweiligen Ladens in der App. Dort findest du auch noch weitere Infos, zum Beispiel ob du eigene Behältnisse zur Abholung mitbringen kannst oder sogar sollst.
Allmählich versucht Too Good To Go auch, das Angebot über Lebensmittel hinaus auszuweiten. In einem Laden für Cannabidiol (CBD) auf der Eisenbahnstraße kann man sogar übriggebliebene Trimreste von CBD-Blüten abholen.
Online-Shops
Eine andere Möglichkeit, Lebensmittel zu retten, ohne abends nochmal aus dem Haus zu müssen, sind Online-Shops wie Sirplus. Sirplus kauft Waren von Produzent*innen und Großhändler*innen, die es nicht mehr in den normalen Einzelhandel schaffen – meistens weil das MHD kurz bevorsteht, wegen beschädigter Verpackung oder sonstigen Schönheitsfehlern – und verkauft sie mit bis zu 90 Prozent Rabatt. Der Fokus liegt dabei auf Abos, bei denen du regelmäßig eine von Sirplus zusammengestellte Box mit verschiedenen aussortierten Produkten nach Hause geschickt bekommst. Die Boxen gibt es in einer vegetarischen und einer bio-veganen Variante. Die sogenannte Everyday Box enthält neben abgepackten Lebensmitteln auch frisches Obst und Gemüse sowie Rezepte. Individualist*innen können sich aber auch selbst im Online-Shop einzelne Pakete zusammenstellen. Für Studierende bietet Sirplus einen Rabatt an. Und für jede Bestellung ab zehn Euro Warenwert spendet die Firma an die Welthungerhilfe.
Auf ihrer Webseite schreibt Sirplus, dass sie nicht in Konkurrenz zu gemeinnützigen Organisationen wie Tafeln und Foodsharing stehen, da diese sich im Gegensatz zu Sirplus auf Gastronomie und Einzelhandel konzentrieren. Wo es doch Überschneidungen gibt, lässt Sirplus nach eigener Aussage den Tafeln den Vortritt. Außerdem zahlt das Unternehmen „nur einen symbolischen Betrag für die Lebensmittel, um Überproduktion nicht zu fördern“. Teilweise spendet es sogar wieder Lebensmittel an die Tafeln.
Läden
Wenn du keine Lust hast, auf ein Paket zu warten, sind vielleicht die beiden Leipziger Filialen von „Im Angebot“ etwas für dich. „Im Angebot“ kauft nach demselben Prinzip wie die Online-Shops Waren, die es nicht mehr in den normalen Einzelhandel schaffen, und verkauft sie reduziert weiter. Manchmal kann es sein, dass einzelne Artikel sogar teurer sind als im normalen Supermarkt, große Mengen sind aber günstiger.
In vielen normalen Supermärkten findest du außerdem Produkte von Rettergut, einer Firma, die Lebensmittel und sogar Seife aus übriggebliebenen Ausgangsstoffen herstellt. Die Produkte sind allerdings relativ teuer, weil das Abholen der aussortierten Rohstoffe kompliziert ist und die auf Effizienz getrimmten Arbeitsabläufe der Hersteller durcheinanderbringt, wie Rettergut auf seiner Webseite schreibt. Dort erzählt das Unternehmen auch die Geschichte hinter den Lebensmitteln. Wusstest du zum Beispiel, dass bei der Schokoladenproduktion bei jedem Sortenwechsel hunderte Kilo Schokolade verlorengehen, weil die Anlage mit der neuen Sorte erstmal „gespült“ wird? Die entstehende Mixschokolade wird oft entsorgt. Rettergut verkauft sie.
Foodsharing*
Völlig unkommerziell geht Lebensmittelretten beim Verein Foodsharing. Auf der gleichnamigen Webseite kannst du dich kostenlos als Foodsharer*in registrieren. Dann kannst du dein übriges Essen in Lebensmittelkörben online anbieten und andere Personen kontaktieren, deren „Körbe“ du gerne abholen möchtest. Außerdem kümmert sich Foodsharing um die sogenannten Fairteiler. Das sind öffentliche Orte, wo jeder*r Essen hinbringen und mitnehmen kann, zum Beispiel Fahrräder mit Kisten dran oder bestimmte Schränke in soziokulturellen Zentren. Auf der Seite findest du eine Karte mit Fairteilern in deiner Nähe. Bitte beachte aber, dass bestimmte Lebensmittel wie zubereitete oder kühlpflichtige Speisen nicht über Fairteiler geteilt werden dürfen.
Das private Teilen von Lebensmitteln geht mittlerweile schneller über entsprechende Telegram-Gruppen (in Leipzig nach Himmelsrichtungen aufgeteilt), da man dort mehr Menschen erreicht als im Chat auf der Foodsharing-Seite. Allerdings solltest du dort keine Bilder von Fairteilern posten, weil das Gesundheitsamt diese momentan nur duldet.
Wenn du noch mehr gegen Lebensmittelverschwendung tun willst, kannst du bei Foodsharing auch eine Art Ausbildung zum*zur „Foodsaver*in“ machen. Das sind Menschen, die übriggebliebene Lebensmittel in den Partnerbetrieben von Foodsharing abholen und entweder selbst verbrauchen oder weiter verteilen. Dazu musst du auf der Webseite ein Quiz bestehen und einige Probeabholungen mit erfahrenen Foodsaver*innen machen, um die Regeln im Umgang mit den Lebensmitteln und den Betrieben zu lernen. Menschen mit Prüfungsangst, Legasthenie, Deutsch als Fremdsprache, Lernbehinderungen oder anderen Schwierigkeiten können von Foodsharing Unterstützung für das Quiz bekommen.
Wir sparen in diesem Artikel bewusst das Containern aus, da es eine rechtliche Grauzone darstellt. Eine Reportage darüber findet ihr hier.
*In der ursprünglichen Version dieses Artikel in der Printausgabe von Januar 2022 haben wir Foodsharing als Verein bezeichnet. Dies trifft auf die übergeordnete Organisation zwar zu, auf Foodsharing Leipzig allerdings nicht. Das ist wichtig, weil Foodsharing Leipzig dadurch keine Spenden annehmen darf. Für die Ungenauigkeit möchten wir uns entschuldigen.
Titelfoto: Lisa-Naomi Meller
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