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  • Es gibt die Boomer gar nicht!

    ... und das nicht, weil sie bereits ausgestorben sind. In der luhze-Aprilausgabe ging Redakteur Leo Stein der Frage nach den Generationen nach.

    Liebe Generation Z oder auch Digital Natives, wir sind ziemlich scheiße. Je nach Quelle sind wir alle, die seit 1994 oder 1997 bis 2010 oder heute geboren sind. Das sollte die meisten Studierenden umfassen. Wir sind egoistische Einzelkämpfer, die nach immer hö­heren Kicks suchen. Wissen? Haben wir nicht. Alles wird situativ gegoogelt. Und Smombie, übrigens das Jugendwort 2015, bei dem ich die Bedeutung erst googeln musste, soll eine ziemlich gute Beschreibung für uns sein.
    Hannes Zacher, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie in Leipzig, zweifelt daran, dass es Generationen gibt. „Mit den heutigen empirischen Forschungs­methoden kann man nicht sauber tren­­­nen, ob es sich um einen Altersef­fekt, einen Geburts­jahreffekt oder einen historischen Effekt han­delt“, erklärt er. Die meisten Studien würden davon ausgehen, dass Generationen in der benannten Form existieren und dann Personen aus den verschiedenen Altersgruppen untersuchen. Ge­fun­­­dene Unter­schiede dienen dann als Beweis und zur Charakterisierung der Generationen. „Eigentlich kann man aber nicht unterscheiden, ob die Unterschiede daherkommen, dass die Menschen gealtert sind oder in verschiedenen Jahren geboren wurden“, sagt Zacher.
    Zur Erklärung der gefundenen Unterschiede gibt es auch andere Theorien als das Generationenmodell. Der Lebens­span­nenansatz geht davon aus, dass Menschen sich mit dem Alter verändern. Sie werden gewissenhafter, verträglicher und zuver­lässiger. „Wir durch­laufen im Leben verschiedene soziale Institutionen. Wenn wir uns hier gegen die Regeln verhalten, also zum Beispiel zu spät zur Schule kommen oder unsere Arbeit nicht erledigen, werden wir bestraft“, beschreibt Zacher. Daran passe man sich an und verändere sich somit.
    Diese Veränderung findet aber am Individuum statt. Man kann von den Merkmalen einer Gruppe nicht auf Merkmale eines Individuums schließen. „Als ich meinen ersten Artikel zu meiner Forschung veröffentlichte, kamen recht schnell Nachrichten von Kolleg*innen, dass die Studierenden heute aber schon anders seien als Studierende vor dreißig Jahren“, erzählt Zacher. Die Studierenden heute und damals seien aber gleichermaßen divers. Es könne zwar sein, dass Studierende heute zum Beispiel im Mittel umweltbewusster sind, das beweise aber nicht, dass es Generationen gebe.
    Bei dem Generationenmodell handle es sich um eine Form der reversen Altersdiskriminierung. Anstatt, dass alte Personen als vergesslicher und weniger leistungsfähig gelten, werden Jüngere von den Alten als faul und egozentrisch beschrieben. „Dieses Phänomen gab es schon bei den alten Griechen“, berichtet Zacher. Ziel sei es, die Jüngeren aus Angst vor deren Potenzial möglichst klein zu halten. Das Genera­tionenmodell ist so prominent, weil es eine einfache Erklärung bietet. „Mein Sohn hat eine schlechte Note geschrieben, weil er zur Generation Corona gehört. Aber das ist es eben nicht“, sagt Zacher. Man müsse sich immer mit den Individuen beschäftigen. Es gibt aber viele Unternehmen, auch einige Professor*innen, die mit dem Generationenmodell Geld verdienen. Diese halten den Mythos aufrecht.
    „Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen, soweit ein wissenschaftlicher Beweis für die Existenz von Generationen erbracht wird“, sagt Zacher. Bis dahin seien Generationen jedoch nur soziale Konstruktionen.

    Grafik: Leo Stein

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