Eine (fast) wahre Geschichte über Vergebung und Reue
Mit dem Drama „Maixabel“, basierend auf wahren Ereignissen, schafft Regisseurin Icíar Bollaín eine zutiefst berührende Geschichte über Menschen, die über sich selbst hinauswachsen.
Elf Jahre ist es her, dass die Terrororganisation Euskadi ta Askatasuna (ETA, baskisch für „Baskenland zur Freiheit“) den Mann von Maixabel Lasa (Blaca Portillo), Juan María Jáuregui (Josu Ormaetxe), ermordete. Seine hinterbleibende Tochter María (María Cerezuela) wurde damit im Jahr 2000 als Jugendliche zur Halbwaise.
Die Gründe für die Tat waren politisch. Die nationalistisch-baskische Untergrundorganisation ETA stand für ein unabhängiges, sozialistisches Baskenland. Somit wurde jeder zur Zielscheibe, der mit der verhassten spanischen Regierung in Madrid zusammenarbeitete. In der Gesellschaft wurde meist Stillschweigen bewahrt. Die Gräben verliefen wie so oft zwischen den Familien, Freunden und Nachbarn. Über fünfzig Jahre lang vergiftete dieser blutige Konflikt die Gesellschaft Spaniens. Die Gewalt auf den Straßen war offensichtlich. Über 800 Menschen fielen den Anschlägen der Organisation im Laufe der Jahre zum Opfer. Oft wurden politische Gegner in Cafés erschossen, so auch Juan Jáuregui.
2011 bahnt sich ein mögliches Treffen zwischen Maixabel und den Mördern ihres Mannes an. Viele der ehemaligen Mitglieder haben sich von der Organisation losgesagt. Einige bereuen ihre Taten. Der Film fasst dabei die Geschichte von Ibon Etxezarreta (Luis Tosar) und Luis Carrasco (Urko Olazabal) ins Visier, die bei der Ermordung von Juan Jáuregui eine wichtige Rolle gespielt haben. Wer geschossen hat, ob das überhaupt eine Rolle spielt und was die Tat mit Maixabel und ihrer Tochter gemacht hat, wird im Verlauf des Films anschaulich beleuchtet.
Der Konflikt ist überall in der Region zu spüren. Alle Beteiligten scheinen unüberwindbar miteinander verbunden. Besonders gelungen sind die zwei unterschiedlichen Perspektiven. Hinter den Biografien der Täter verbergen sich gescheiterte Existenzen, zerbrochene Familien und Jugendsünden. Trotz der Widersprüche lassen sich Gemeinsamkeiten zwischen Maixabel und einem der Mörder ihres Mannes finden. Sie beide denken jeden Abend und jeden Morgen an Juan. Vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen. Er ist in beiden Köpfen ständig präsent.
Neben den persönlichen Tragödien zeigt der Film unverkennbar das Zerwürfnis einer ganzen Gesellschaft. Ehemalige Mitglieder der ETA werden bedroht, wenn sie sich von ihren Ansichten distanzieren. Sie werden sozial geächtet und ausgestoßen. Für Sympathisanten sind sie Verräter. Für einen Großteil der restlichen Bevölkerung werden sie lebenslang das Stigma eines Mörders tragen.
Auch heute noch finden sich die Konterfeis der ETA-Mitglieder in Gassen, Bars und Cafés. Provokation verspürt man auf beiden Seiten. Die Opfer, die nicht immer vergeben wollen (oder können) und die Familien der Täter, die sich stigmatisiert fühlen. 2019 saßen noch über 200 ehemalige Mitglieder in spanischen Gefängnissen, oft weit weg von ihren Familien, am anderen Ende des Landes. Dies wird von vielen Basken als Schikane angesehen und heizt den Konflikt auch heute noch an.
Bei so viel Ausweglosigkeit tut es gut, dass dem Film auch ein wenig Fiktion beigemischt ist. So ist gerade die letzte Szene hochemotional, in der am Grab von Jáuregui beide Seiten aufeinandertreffen. Eine friedliche Zukunft ist nur mit dem Willen zur Vergebung und Reue möglich. Wenn Täter und Opfer aufeinander zugehen und die Wunden der Gesellschaft langsam verheilen können. Es werden Narben bleiben, keine Frage. Doch werden sie die Menschen auch immer wieder darauf hinweisen, dass der Frieden keine Selbstverständlichkeit ist.
Fotos: Nueve Cartas Comunicación
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