Eine Streitschrift über emanzipierte Frauen, die Scheine machen
Nach zwei Bestseller-Romanen erschien im Mai diesen Jahres Mirna Funks erstes Sachbuch „Who cares!”, das sich sicher auch als eine Kampfschrift für Emanzipation bezeichnen lässt.
Kommt man auf die Idee, in den Semesterferien mit dem 9-Euro-Ticket quer durch Deutschland zu reisen – denn ehrlicherweise gibt es von Sylt bis zu den Alpen einige Sehenswürdigkeiten, die man sonst wohl nie besuchen würde – hat man jede Menge Zeit. Natürlich eignen sich die langen Fahrten zum Weiterlernen und zur Vorbereitung des nächsten Semesters. Man kann die freien Minuten aber auch mit anderen spannenden Büchern in vollen Zügen genießen. Für alle, die immer auf der Suche nach Buch-Inspirationen sind, folgt hier meine persönliche Semesterferien-Empfehlung.
Hedwig Dohm, eine Pionierin der deutschen Frauenbewegung, forderte vor knapp 150 Jahren bereits einen freien Zugang zu Bildung und Berufstätigkeit für Frauen, damit diesen eine finanzielle Unabhängigkeit ermöglicht werden kann. Im Jahr 1873 stieß die Schriftstellerin mit ihren Forderungen zur Frauenemanzipation auf viel Unverständnis und Missbilligung. Vor nicht allzu langer Zeit äußerte eine weitere deutsche Schriftstellerin eine ähnliche Aussage und wurde kurz darauf von einem Shitstorm überrollt. Diese Autorin, die 1981 in Ostberlin geborene Mirna Funk, erklärte zum Muttertag 2021 in einem feministischen Portal, dass Frauen nur dann in der Lage seien, „ihre faulen Männer zu verlassen“, wenn sie finanziell unabhängig von diesen sind. Das von Mirna Funk schon lange in ihren Texten aufgegriffene Statement, eine wirkliche Emanzipation könne nicht ohne die finanzielle Unabhängigkeit der Frau erreicht werden, handelte ihr in den letzten Jahren oft scharfe Kritik vor allem in deutsch-feministischen Kreisen ein.
Statt den Shitstorm der sogenannten Twitter-Bubble einfach hinzunehmen hat die 41-Jährige sich noch intensiver mit der Thematik auseinandergesetzt und in diesem Jahr das Sachbuch „Who cares! Von der Freiheit Frau zu sein” veröffentlicht.
Mirna Funk ist genervt. Genervt von stetigen Debatten über Care-Arbeit oder die Ungleichheit der Geschlechter, denn sie ist der Ansicht, die notwendigen Voraussetzungen für eine Gleichberechtigung seien bereits erfüllt. Ihr Tipp für die Karriere im Leben ist harte Arbeit. Und den Willen zu dieser harten Arbeit vermisst sie bei einem großen Teil der Frauen, was sie mit einem Erwerbsanteil der Frauen in Deutschland von nur rund 31 Prozent begründet.
„Die Führungsetagen und Vorstände werden nicht einfach wie durch Zauberhand weiblicher, sondern durch ambitionierte Frauen, die nach oben streben und es sich eben nicht in der Küche im Eigentumsheim gemütlich machen.“, kritisiert die Autorin gleich im ersten Kapitel die Tatsache, dass sich ihrer Meinung nach der Gender Pay Gap in Deutschland ohne eine aktive Mitarbeit von Frauen nicht von allein auflösen wird.
In knapp 100 Seiten rechnet sie mit ihren Kritikern ab, geht dabei auf die Themen Karriere, Liebe, Sex, Geld, Kinder und Körper ein und erläutert ihre Ansichten zur jeweiligen Materie mithilfe vieler biografischer Details.
Ihr Buch widmet sie offenkundig den „Frauen, die nicht twittern, sondern Scheine machen; die ihr Kind nicht als Arbeit sehen, sondern als Wunder; die Geld mögen, ohne neoliberalistische Bösewichte zu sein; die ehrgeizig sind, einfach so, nicht weil sie irgendwelchen Männern nacheifern [und] die ihren Körper lieben und mit ihm machen, was sie wollen”.
Allen, die sich von Mirna Funk daran erinnern lassen wollen, dass Frauen „frei, autonom und unabhängig sind“, kann ich dazu raten, einen Blick in dieses Buch zu werfen.
Grafik: Sara Wolkers
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