Highfield Festival 2022
Der kleinste gemeinsame Nenner aller Leipziger Festivalgänger geht in die 23. Runde und luhze war mal wieder dabei.
Redet man von Leipziger Allerlei, denkt man entweder an wässriges Gemüse oder an das jährlich stattfindende Highfield Festival, auf einer Landzunge irgendwo jenseits Vineta am Störmthaler See. Der Vergleich passt, denn es wird so ziemlich jeder Musikgeschmack bedient, der sich in deiner Gang wiederfindet.
Als gestandene Metalheads, die wir sind, haben Massengeschmack-Festivals immer ein „Geschmäckle“, dennoch hat uns das Line-Up – genauer gesagt die zwei Acts am Freitag – angemacht.
Also nahmen wir den „weiten Weg“ auf uns und kamen irgendwann gegen Nachmittag auf einem Feld-Parkplatz an. Vor Ort konnte uns leider niemand genau sagen, wo wir als Presse unsere Festival-Bändchen abholen können. Uns stresste das zu diesem Zeitpunkt, an dem wir noch knappe vier Stunden bis zum ersten für uns sehenswerten Act überbrücken mussten, zum Glück noch gar nicht. Wir konnten ja nicht ahnen, was für eine Festival-Odyssee uns in den kommenden Stunden erwarten sollte.
Nach kurzem Marsch an einer Straße wurden wir auf den Campingplatz gelotst (ohne Bändchen). Obwohl uns das suspekt erschien, wurden wir selbst auf wiederholte Nachfrage hin einfach Richtung Festivalgelände geschickt. Knapp zwei Kilometer später, am Info-Point neben dem Haupteingang angekommen, wunderte man sich, wie wir es ohne Bändchen auf das Campinggelände geschafft haben, und informierte uns darüber, dass wir falsch seien. Der Pressezugang mit Bändchenausgabe befand sich überraschenderweise genau da, wo wir geparkt hatten. Die zurückgelegten zwei Kilometer galt es daher jetzt erneut zu beschreiten und dann noch ein drittes Mal, um wieder auf das Konzertgelände zu kommen. An der Stelle also ein Dankeschön an die Crew für das fantastische Sechs-Kilometer-Workout.
Schon der Walk über den Campingplatz machte uns klar, dass es sich hier um kein reines Metalfestival handelt. Das erkannten wir weder an den zahlreichen 5,0-Dosenbergen oder daran, dass irgendwo „Layla“ aus einer Bluetoothbox schepperte, sondern an der farbenfrohen und glitzernden Bekleidung der Leute. Gemeinsam mit dem Menschenstrom bewegten wir uns Richtung Gelände und trafen unterwegs mindestens drei Kommilitonen.
Die Bands spielten auf einer großen Bühne, einer etwas kleineren Bühne, und irgendwo gab es auch noch eine Strandstage. Zudem erwarteten zahlreiche Fressbuden, Getränkewagen, Sponsorenaufbauten und ein Riesenrad die Festivalgänger, um zwischen den Acts für Unterhaltung oder Suff zu sorgen. Als wir nach unserem Abenteuer der Anreise ankamen, spielte gerade die Ska-Punk Band Sondaschule ihr entspanntes Set, was bei allen für gute Laune sorgte. Auch die Ösis von Wanda hatten mit ihrer Indie-Rock Show bei der Bachelorstudentenfraktion einen Stein im Brett und sorgten dafür, dass sich viele Fans, leider ohne jegliche Körperspannung, beim Crowdsurfen über das Publikum gleiten ließen.
Gegen Abend spielte dann der erste Headliner: Electric Callboy. Die Band gibt es schon seit einer ganzen Weile und sie ist in den 00ern großgeworden. Stilistisch hat sich die Musik dabei von solidem Trancecore hin zu Schlager-Party-Trancecore entwickelt. Denn mit dem Song „Hypa Hypa“ hat die Band vor zwei Jahren einen regelrechten Hype bekommen und sogar den Namen geändert (vorher bekannt als Eskimo Callboy). Die Show begann mit Basswummern und dem Auftritt in sexy Trainingsanzügen im Stil der 80er-Jahre. „Wir sind Electric Callboy aus Castrop Rauxel“, stellten sich die fünf Bandmitglieder vor und dann begann eine wilde Show mit mehreren Kostümwechseln. Zum Schluss spielten sie noch ihren erst an diesem Freitag erschienenen Schlagersong, der ein überraschend breakdownlastiges Ende nahm, während die Menge dazu aufgefordert wurde, vor der Bühne Discofox – oder wie sie es nannten „Deathcore-Fox“ – zu tanzen.
Noch wilder als die Story von Electric Callboy ist nur die von Bring Me the Horizon (BMTH), dem nächsten Headliner des Abends. Die Band hat ebenfalls in den 00ern angefangen, und zwar mit brachialem Deathcore, der dann erst Richtung Metalcore, Post Hardcore, Rock und inzwischen irgendwie bei Pop angekommen ist. Zum Glück gab es 2020 aber mit der „Post Human: Survival Horror“ EP endlich wieder fette Riffs zu hören. Wir können hier daher guten Gewissens behaupten, dass BMTH eine der größten Bands unserer Zeit sind und Frontmann Oli Sykes ein ziemlicher Ausnahmekünstler ist. Schon das Bühnenbild, bestehend aus stufenförmig aufgebauten LED-Wänden, implizierte, das ist eine andere Hausnummer. Entsprechend bunt und fancy begann die Show.
Wie schon erwähnt sind wir als Metalheads eher skeptisch zum Festival gefahren und noch skeptischer waren wir darüber, was uns bei BMTH erwarten würde. Werden vielleicht nur die Popsongs abgefrühstückt? Dem war zum Glück nicht so. Als Gitarrist John Jones seine Gitarre hin zu einer Flying-V tauschte, war klar, jetzt kommt endlich Gitarrensport. Zuerst wurde „Dear Diary“ gespielt, samt eines ordentlichen Solos und danach der Song, auf den unserer Ansicht nach alle gewartet haben – „Shadow Moses“. Vorher noch eine kurze theatralische Ansprache über unsere existentielle Unwissenheit, und dann krachte der erste Breakdown rein, der dank des hervorragenden Bühnensounds sehr gut genießbar war. Die Crowd brüllte die Textstelle „This is Sempiternal“ verlässlich mit. Nach anderthalb Stunden Action verließ die Band ihre euphorisierten Fans wieder.
Abschließend lässt sich feststellen, dass das Highfield die perfekte Möglichkeit für euch ist, einmal mit der ganzen Freundesgruppe in den Genuss des Festival-Feelings zu kommen, selbst dann, wenn ihr alle einen unterschiedlichen Musikgeschmack habt. Von Rock bis Pop über Rap und Metal war auch 2022 wieder jedes Genre abgedeckt. Wir als Metalfraktion geben ganz klar einen Daumen nach oben und freuen uns auf das nächste Jahr.
Bilder: privat
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