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    Für euch und den Humor hat luhze-Redakteur Johannes den Bibliotheksalltag verlassen und drei Veranstaltungen der diesjährigen Leipziger Lachmesse besucht, die vom 16. bis 23. Oktober stattfand.

    Ostern dieses Jahres war ich zum ersten Mal bei einer Comedy-Veranstaltung. Im vielleicht zwölf Quadratmeter großen Hinterzimmer einer hip-rustikalen Bar in Berlin-Prenzlauer Berg auf einer 20 Zentimeter hohen Bühne übten und performten Berliner Stand-Up Comedians ihr Material. Das war im Nachhinein einer von diesen Momenten, bei denen man sich fragt: „Warum mache ich das nicht öfter?“ Abgesehen von Netflix-Specials und Youtube-Kompilationen hatte ich bis dahin einfach noch keinen Kontakt zur Lachszene gehabt.

    Die erste Veranstaltung, die ich besucht habe, war „Slam vs. Kabarett“. Dieser Wettkampf der Künste fand dieses Jahr zum fünften Mal im Kupfersaal direkt hinter dem Uni-Hauptcampus statt. Immer abwechselnd performten je ein Kabarettist und ein Slam-Poet. Nachdem die vier Künstler je einmal dran waren, stimmte das Publikum mit Applaus für die Zusammensetzung des Finales, genauso wurde auch dessen Gewinner erkoren . Das Publikum war bunt gemischt, insgesamt aber sehr jung. Der jüngste Teilnehmer war 4,5 Monate alt und machte dabei immer wieder auf sich aufmerksam.

    Jonas Greiner, ein 25-jähriger Kabarettist aus dem Thüringer Wald, moderierte das Ganze sehr geschickt und schien sich von allen anwesenden Künstlern am wohlsten auf der Bühne zu fühlen, da  Felix Treder aus Hamburg war der erste Stand-Up Comedian des Wettbewerbs. Die Witze waren kreativ, unterhaltend und das ganze Publikum hatte etwas zum Lachen. Der erste Slammer war Marvin Weinstein. Mit einem gewissen Hang zu Dadjokes, gelang es ihm sehr gut, lyrische Bilder zu erstellen und die Besucher in seinen künstlerischen Bann zu ziehen. Heiland, der mich etwas an meinen ehemaligen Mitt-40er-Schlagzeuglehrer aus Berlin-Prenzlauer Berg erinnerte, hatte einen, verglichen mit dem, was ich bisher gesehen hatte, ungewöhnlichen  Comedystil. Sein schnelles Reden und die abrupten Themenwechsel setzten einen unter Druck, bis man durch die Pointe von der Überforderung befreit wurde. Lediglich im Finale verhaspelte er sich zum Ende in noch unausgereiften, schmutzigen Witzen, die ihm gegen Marvin Weinstein den Titel kosteten. Anna Bartling, als zweite Poetin des Abends, setzte mehr auf gebildeten Humor. Den älteren . Mir gefiel er gut, auch wenn er weniger Lacher hervorbrachte und mehr künstlerisch unterhielt.

    Statt in die Hintergasse der Universität ging es für die „Ur-Krostitzer Lachmesse-Gala“ am Samstag ins derzeit noch hinter Baugerüst versteckte Schauspiel Leipzig. Als erstes Theater in der Innenstadt Leipzig wurde das Schauspiel 1766 eröffnet. Ein unauffälliger Eingang führt in einen großen Vorsaal, von dem, ich kann es nicht anders beschreiben, majestätische Treppen in einen hübschen mittelgroßen Theatersaal führen. Die Zugänge zum Saal, von denen sich mehrere auf jeder Seite befinden, werden von Menschen in Uniform geöffnet und geschlossen. Moderiert wurde die Gala-Veranstaltung durch die gebürtige West-Berlinerin Désirée Nick. Sie war von allen Künstlern des Abends die, die ihr Publikum am besten kannte. An ihrer entspannten Ausstrahlung erkannte man ihre Showerfahrung, welche sie geschickt und zugleich bodenständig präsentierte.

    Der hohe Altersdurchschnitt des Publikums bereitet dem 28-jährigen österreichischen Kabarettisten Christoph Fritz etwas Probleme, beim Publikum des „Slam vs. Kabarett“ wäre er erfolgreicher gewesen. Auf ihn folgten zwei Künstlerinnen, die ganz anders performten. Bisher war ich eher auf Veranstaltungen gewesen, bei denen der verbale Humor im Mittelpunkt stand. Mit Akrobatik, Schauspielerei und Gesang unterhielten Judith Bach und Stéfanie Lang aus Berlin und Genf, zusammen das Duo „Luna-tic“, das Publikum. Ich war zwar etwas vom Humor der beiden überfordert , aber von ihren musikalischen Künsten sehr beeindruckt. Besonders hat mir ein Teil der Perfomance gefallen, bei dem beide ein Lied sangen und auf dem Klavier spielten, wobei sie sich alle paar Sekunden am Klavier abwechselten, ohne dass man eine Pause oder Veränderung des Tempos hören konnte. Dabei wurde das Klavier teilweise kopfüber oder rückwärts gespielt und gleichzeitig getanzt.

    Der nächste Künstler brachte Gelassenheit auf die Bühne. Horst Evers weiß, was er macht, und was er macht, das macht er richtig . Seine Erzählungen verbreiteten zuverlässig gute Laune im Publikum. Als Kinder mussten wir immer still sein , wenn seine Lesungen beim Lieblingsradiosender meines Vaters gespielt wurden, jetzt durften alle laut lachen. Mehr als „Find ick supa“, braucht man hier nicht zu sagen, er ist schließlich Wahlberliner. Von Autos, Menschen und Mehrfamilienhäusern ging es anschließend zu Bergen, Kühen und Morgentau. Maxi Schafroth kommt aus dem Allgäu. Darauf ist er stolz, was er durch die Beschreibung lustiger Klischees präsentierte. Kombiniert mit ein paar durch Gitarre begleiteten musikalischen Einwürfen, kam er damit auch beim älteren Publikum sehr gut an.

    Am Sonntag ging es, etwas im Kontrast zu den beiden anderen Veranstaltungen, zu einer Ein-Mann-Show. Michael Hatzius schaffte es, wenn auch mit Hilfe kurzer Videos, mit der Kunst des Puppenspiels den bis in die letzte Ecke gefüllten Kupfersaal zu unterhalten. Obwohl er kein Bauchredner ist, trennt man seine Puppenfiguren komplett von ihm. Ich bin beeindruckt, wie man so viele verschiedene Charaktere mit individuellen Eigenschaften und Verhaltensweisen, auch in Unterhaltung untereinander und mit sich selbst, darstellen und reproduzieren kann.

    In der Woche des Lachens, der Leipziger Lachmesse, habe ich meine inneren Kulturbanausen abgelegt und die überraschend vielen bunten Formen von Comedy und Kabarett kennengelernt. Vom 15. bis 22. Oktober 2023 habt ihr die nächste Chance, an der Leipziger Lachmesse teilzunehmen.

     

    Foto: Johannes Rachner

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