„Na, hast du immer noch keinen Freund?“
Kolumnist Leen reflektiert über den Druck, den die Gesellschaft ausübt, in einer romantischen Beziehung zu sein und was das für die Weihnachtszeit bedeutet.
Der Weihnachtsmonat ist dabei seinen Höhepunkt zu erreichen, ich sehe händchenhaltende Paare auf dem Markt, in den sozialen Medien und meinem eigenen Umfeld. Auch von meinen Freunden bekomme ich kaum mehr etwas anderes zu hören als: „Tut mir leid, mein*e Freund*in und ich sind verabredet. Vielleicht nächstes Mal.“
Als Person, die auf dem aromantischen Spektrum liegt, ist die Weihnachtszeit besonders nervig. Versucht euch mal schöne Feiertage zu machen, wenn ihr euch mit eurer Familie nicht gut versteht und all eure Freunde bereits mit ihren romantischen Partner*innen verplant sind. Ich verstehe, dass Beziehungen in der Regel priorisiert werden, da dieser Mensch auch der beste Freund/die beste Freundin ist. Ich habe jedoch oft das Gefühl, dass viele Pärchen ihre Freundschaften als erschreckend weniger wichtig betrachten als es vielleicht angebracht wäre.
Oft entsteht das auch durch die Erwartung der Gesellschaft. „Wenn du dich nicht in einer romantischen Beziehung befindest, bist du weniger wert“, ist das, was vielen von klein auf eingetrichtert wird. Dass romantische Liebe das ultimative Ziel eines jeden Menschen ist. Ich finde Romantik wunderschön, aber trotzdem überschattet sie oft andere Teile des Menschseins, die ich ebenfalls als sehr wichtig empfinde. Wieso sollte es weniger bedeutend sein, dass ich eine*n beste*n Freund*in gefunden habe als einen romantischen Partner? Ich liebe es, stundenlang meiner besten Freundin dabei Gesellschaft zu leisten, wie sie ihre Hausaufgaben fürs Studium erledigt oder einen Filmabend mit einem anderen Freund zu verbringen, bei dem wir alle zwei Minuten pausieren müssen, um witzige Szenen nachzustellen.
Würde die Gesellschaft mir nicht andauernd eine romantische Beziehung aufdrängen wollen, wäre ich wahrscheinlich auch zufriedener damit, in keiner zu sein. Aber so fühlt es sich oft an, als würde mir etwas fehlen, als wäre ich von einem gänzlich anderen Planeten. Wenn ich meine Abende damit verbringe, über einem Buch zu sitzen und zu kichern oder in meiner Wohnung herumzulaufen und Taylor Swift Lieder zu singen, dann sollte das nicht verschmäht und bemitleidet werden. Viele Menschen würden davon profitieren, mehr Zeit mit sich selbst zu verbringen, damit sie merken, dass sie auch allein ein ganzer Mensch sind. Denn niemand benötigt eine andere Person, um wertvoll zu sein.
Wenn ihr in einer romantischen Beziehung seid, vergesst eure Freunde nicht, besonders über die Feiertage. Auch ein kurzer Anruf oder mal per Textnachricht nachzufragen, wie deren Weihnachten so läuft, würde sicherlich viele freuen.
Ich habe nach langem Überlegen den Plan für Weihnachten geschmiedet, mir eine Menge DVDs auszuleihen, eine Menge schönes Essen zu kochen und eine Menge mit meiner Katze zu kuscheln. Ohne eine romantische Beziehung werde ich es auch überleben.
Foto: Pixabay
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