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  • Wer studiert denn sowas? – Translation

    Unsere Reihe „Wer studiert denn sowas?“ nimmt verschiedene Studiengänge unter die Lupe. Wer weiß denn schon, welche Themen andere Studierende alltäglich beschäftigen. Heute: Translation.

    Die Translatologie ist eine Wissenschaft des interkulturellen Verstehens.  Abgeleitet von dem lateinischen translatio – „übertragen“ im Deutschen – ist sie die Wissenschaft der Übersetzung und des Dolmetschens. Eine Kunst, die seit über 2.500 Jahren mit den Anfängen der schriftlichen Überlieferung praktiziert wird. Doch als universitäre Wissenschaft hat sich die Translatologie erst im 20. Jahrhundert etabliert. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie in Leipzig, kurz Ialt, eröffnet.

    An diesem Institut ist das Studium des Bachelorstudiengangs Translation sowie der Masterstudiengänge Translatologie und Konferenzdolmetschen angesiedelt. Dabei kann man aus den Sprachen Englisch, Spanisch und Französisch eine Hauptsprache und bei Interesse eine der beiden übrigen als Zweitsprache wählen. Im Bachelor werden im Gegensatz zum Master sowohl das Übersetzen als auch das Dolmetschen behandelt, wobei der Fokus auf dem Übersetzen liegt.

    Das Besondere im Studium in Leipzig ist die Möglichkeit, im Wahlbereich die spanischen Regionalsprachen Baskisch, Galicisch und Katalanisch ohne Vorkenntnisse zu erlernen. Die Regelstudienzeit beträgt im Bachelor sechs Semester und als Zugangsvoraussetzung ist zum einen ein jeweiliges Sprachniveau von B2 für Englisch und B1 für Spanisch und Französisch nach Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER) von Nöten. Zum anderen muss die Eignungsfeststellungsprüfung bestanden werden, in welcher nicht nur die sprachlichen und grammatikalischen Voraussetzungen, sondern auch der eigene Wissenstand auf die Probe gestellt werden. Und das sowohl in der deutschen als auch der jeweiligen Hauptfremdsprache.

    Jede Universität hat einen anderen wissenschaftlichen Übersetzungsfokus im Translationsstudiengang. In Leipzig liegt dieser auf der Fachkommunikation, also der Translation in unter anderem den Bereichen Jura, Medizin, Wirtschaft oder Technik.

    Neben den genannten Studiengängen ist es am Institut Ialt auch möglich in zwei gesonderten Studiengängen im Master Arabisch als Studienschwerpunkt zu festzusetzen. Die Entscheidung fällt dabei zwischen Fachübersetzen und Konferenzdolmetschen. Hier wird, wie in allen der Masterstudiengänge am Institut für Ialt, das Sprachenniveau C1 vorausgesetzt.

     

    Der Beruf des*der Übersetzer*in oder Dolmetscher*in wird durch die Digitalisierung bald nicht mehr existieren.

    Nein, Digitalisierung hat zwar den Markt verändert, aber der Translationsmarkt ist zu einem Wachstumsmarkt geworden. Die Aufgabenbereiche haben sich nur verschoben und sogar vermehrt.

     

    Lara Blum

    Lara Blum, 22 Jahre alt, studiert Translation B.A. im siebten Semester mit den Schwerpunkten Spanisch und Englisch und ist außerdem die Sprecherin des Fachschaftsrats Ialt.


    Foto: privat

    „Dass ich Sprachen zum Beruf machen möchte, habe ich während eines halben Jahres in Chile festgestellt. Bei der darauffolgenden Recherche bin ich dann auf den Studiengang Translation aufmerksam geworden.

    Was mich an dem Studiengang fasziniert, ist, dass du nie auslernst.  Also sei es was die Sprachen oder einfach die verschiedenen Bereiche angeht, mit denen man über das Übersetzen und Dolmetschen in Kontakt kommt. Du kannst deine Sprachen immer weiter ausbauen und Neue dazu lernen. Wir lernen, wie unterschiedliche Kulturen die Sprachen beeinflussen und erwerben Skills, die auch im Alltag anwendbar sind.

    Die meiste Arbeit passiert während des Studiums unterm Semester. In den Übersetzungskursen hast du eigentlich jede Woche eine neue Übersetzung pro Sprache, die du zu Hause anfertigst und im Kurs mit den Dozierenden besprichst. Im Wintersemester hat man im ersten und dritten Semester noch allgemein-translationswissenschaftliche Module, die Alle machen, egal welche Sprachen. Je weiter du fortschreitest und desto kleiner die Gruppen werden, desto weniger ist ein Unterschied zwischen Vorlesung, Seminar und Übung zu erkennen. Nach ein paar Semestern kennt man auch die Dozierenden. Und letztes Semester hatte ich zum ersten Mal Dolmetschkurse. Da einigt man sich schon vorher auf Themen, die man dann im Kurs verdolmetscht, und erhält Vokabular, mit dem man sich zu Hause vorbereitet. Wir arbeiten viel eigenständig und je weiter man fortschreitet, desto weniger reine Lernveranstaltungen hat man.

    Der Praxisbezug ist im Studium sehr wichtig und viele Dozierende sind auch nebenbei noch als Übersetzer und Dolmetscher tätig. Die Themenbereiche sind daher auch abhängig von den Arbeitsgebieten unserer Dozierenden. Im Englischen ist es ganz viel IT und ein bisschen Wirtschaft und Umwelttechnik. Und im Spanischen sehr viel juristisches oder medizinisches Übersetzen.

    Das ist das Schöne an Translation. Die Möglichkeiten sind so vielfältig, dass man sich nicht einschränken muss und auch mal umentscheiden kann. Daneben würde ich allen am Studiengang Translation Interessierten mitgeben: Offen sein, mitarbeiten und Ausnutzen, dass wir ein so kleines Institut sind und die Dozierenden einen nach ein, zwei Semestern kennen. Und nicht verzweifeln, wenn Plan A Übersetzen oder Dolmetschen nicht klappt. Man findet seinen Weg.“

     

     

    Die Berufe Übersetzer*in und Dolmetscher*in sind nicht geschützt. Jeder kann ohne ein abgeschlossenes Studium als solcher arbeiten. Nichtsdestotrotz wird für qualitative Aufträge eine fachliche Expertise verlangt – gerade als Übersetzer*in – und die Arbeit für Ämter und im juristischen Bereich ist häufig nur als beeidigte*r Übersetzer*in/Dolmetscher*in möglich.

     

     

    Professor Czulo

    Oliver Czulo ist seit 2017 an der Universität Leipzig als Professor für Übersetzungswissenschaft tätig. Sein momentaner Forschungsschwerpunkt ist die Translationssemantik. Er untersucht die Auswirkung unterschiedlicher Konzeptualisierungen der verschiedenen Sprachen und Kulturen auf die Übersetzungstätigkeit.


    Foto: privat

    Die translatorischen Studiengänge vermitteln Kompetenzen im Schnitt- und in den Kontaktbereichen von interkultureller Kommunikation und Fachkommunikation. Dazu gehören das klassische Übersetzen und Dolmetschen, aber auch solche Bereiche wie die Lokalisierung im Softwarebereich, also die Aufbereitung von Programmen oder Videospielen für verschiedene Sprachen und Kulturen. Nach Abschluss des Studiums stehen einem eine ganze Reihe von möglichen Tätigkeiten offen. Ein nicht geringer Anteil der Studierenden arbeitet hinterher nicht in dem, was man sich so klassischerweise als Übersetzen oder Dolmetschen vorstellt, sondern in angrenzenden Bereichen – ob das jetzt in irgendeinem Regionalbüro eines größeren Unternehmens, in der interkulturellen Arbeit, oder im Migrationsbereich bei Behörden ist.

    Die Translationswissenschaft ist ein sehr breites Fach, in dem Themen zum Beispiel auch aus sozialwissenschaftlicher Sicht betrachtet werden können. Fragestellungen des Fachs reichen von der Rolle der Translation in der Gesellschaft, darüber wie Translation Machtverhältnisse widerspiegelt, oder das Verhältnis von Technik und Mensch in dem Bereich ist, bis hin zu ganz kleinteiligen sprachwissenschaftlichen Fragestellungen, also zum Beispiel strukturelle Unterschiede zwischen Sprachen und deren Rolle in der Translation. Lange standen literaturwissenschaftliche Fragestellungen im Vordergrund, die aber in der Praxis wenig relevant sind: Literaturübersetzung ist ein sehr kleiner und abgeschlossener Markt. Der Leipziger translationswissenschaftliche Standort – also das IALT – ist in Lehre und Forschung unter anderem daher stark auf technische, juristische, medizinische und andere fachkommunikative Zusammenhänge ausgerichtet.

    Studierenden, die sich für den Studiengang interessieren, würde ich empfehlen, eine sehr gute Sprachbeherrschung, auch des Deutschen, mitzubringen, außerdem Offenheit für fachlich auch anspruchsvolle Kontexte, für andere Kulturen und für digitale Zusammenhänge. Man muss kein Programmierer werden. Absolut nicht. Aber unsere Welt wird zunehmend digitaler und damit auch die Welt der Translation. Belohnt wird man durch die Vielzahl der Perspektiven: Translation ist allgegenwärtig. Wir begegnen ihr in den Büchern, die wir lesen, in den Filmen, die wir schauen und auf den Reisen, die wir unternehmen. Das macht ja ihre Faszination aus.

     

    Foto: Sophie Heinen

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