Back when I was 15
Wie war es damals mit 15? Würde man heute etwas anders machen? Kolumnist Albert nimmt euch mit zu seinem früheren Ich und reflektiert darüber, was er aus der Zeit alles mitgenommen hat.
Nächstes Jahr werde ich 30. Irgendwie ein komisches Gefühl. Und diese eine Frage kommt immer wieder auf: Würdest du etwas anders machen, wenn du dein Leben noch mal leben könntest?
Immer wieder entdecke ich Musik, die ich früher gehört habe, wieder neu. Diese sammele ich dann in einer Playlist und versetze mich zurück in die Zeit, in der alles noch in Ordnung war. Keine Miete zahlen, keine komischen Formulare in Amtsdeutsch oder Sorgen, ob das Geld noch bis zum Ende des Monats reicht. Einfach abhängen mit Freunden, Konzerte besuchen und sich täglich in jemand anderen verlieben. So war mein Leben mit 15 und so kam es auch zu dem Namen der Playlist – Back when I was 15.
Schule aus – ab zur Osthalle. Das war früher der Ort, wo sich die Punks und Emos getroffen haben, um einfach nichts zu tun. Ich gehörte dabei übrigens zu Zweiteren. Der Weg zur U-Bahn hat sich so in mein Gehirn eingebrannt, dass ich noch heute manchmal aus Versehen in die falsche Richtung einsteige. Jeden Tag derselbe Ablauf. Tag ein, Tag aus.
Jeden Tag dieselben Leute treffen und darüber reden, wen man gerade mag, warum die Eltern scheiße sind und wie sehr die Schule nervt. Normale Pubertierende mit einem leichten Hang zur Melancholie und – für meine heutigen Verhältnisse – komischen Frisuren. Wir haben uns nicht viel von anderen in unserem Alter unterschieden. Wir hatten nur andere Held*innen. Die einen hörten „Mein Block“ von Sido, wir eben „My Heroin“ von Silverstein.
Und natürlich mussten wir eine Band gründen. Konnte jemand irgendein Instrument spielen? – Nicht so wirklich. Aber das war auch vollkommen egal. Es ging darum, unseren Weltschmerz auf die Bühne zu bringen, und genau so originell wie unsere Songs waren, war auch unser Bandname: No Good Names Left. Inspiriert von Bands wie Bring Me The Horizon, The Used oder Alexisonfire haben wir dann auch alle JUZ-Bühnen im Umkreis von 20 Kilometern erobert. Unsere Eltern hatten eben einfach keine Lust, uns nach München oder Berlin zu fahren. Sonst hätte es bestimmt mit unserer Musikkarriere funktioniert.
Und dann war da noch dieses eine Mädchen. Ich war schon zwei Jahre in sie verliebt, aber sie war unerreichbar. Jeder Song von Blink-182 hätte unsere Situation genau beschrieben. Doch am zutreffendsten wäre „I Miss You“. Sie spielte Bass in einer Band, hatte lange schwarz gefärbte Haare und war älter als ich. Aber ich hörte A Day to Remember und sie The Kooks. Ich gab ihr Bassunterricht, wir kamen uns näher. Dann wurde ich 16 und sie verschwand aus meinem Leben. Und dann kam wer anders, aber das hebe ich mir vielleicht für die nächste Kolumne auf.
Was ist davon geblieben? Ich mache immer noch Musik, liebe bis heute Konzerte oder auf der Bühne zu stehen und habe immer noch nicht in Berlin oder München gespielt. Frauen am Bass finde ich bis heute attraktiv. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, gute Freunde zu haben, mit denen man auch einfach nichts tun kann und vielleicht ist da auch noch ein kleines bisschen der damaligen Melancholie. Würde ich etwas anders machen, wenn ich nochmal zurückkönnte? Ich glaube nicht. Entscheidungen sind nicht gut oder schlecht. Sie haben nur unterschiedliche Auswirkungen auf dein späteres Leben. Das Einzige, was ich meinem jüngeren Ich mitgeben würde, ist: Trau dich mehr, dir kann nichts passieren.
Foto: Albert Lich, erstellt mit Dall-E
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