„Jeden Monat fühlt es sich so an, als ob mein Körper ums Überleben kämpft“
Endometriose-Betroffene fordern bessere Aufklärung und mehr Aufmerksamkeit für die schwerwiegende und lang unbeachtete Krankheit.
Der März steht vor der Tür und damit nicht nur der langersehnte Frühlingsanfang, sondern auch der weltweite Endometriose Awareness Monat.
Endometriose ist eine chronische Entzündungskrankheit. Zysten (verkapselte Hohlräume) und wuchernde Entzündungsherde siedeln sich innerhalb – und vereinzelt auch außerhalb – des Bauchraums an. Dabei handelt es sich um Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt und beispielsweise an Eierstöcken, Darm, Bauchfell und in seltenen Fällen auch in der Lunge auftreten kann. Was die Ursache dafür ist, konnte bis heute nicht geklärt werden. Fest steht aber: Es ist die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung, sie tritt meist zwischen der Pubertät und den Wechseljahren auf, kann grundsätzlich alle Menschen mit Uterus betreffen, kann zur Unfruchtbarkeit führen und bereitet Betroffenen nicht wie oft fälschlicherweise angenommen nur während der Periode Beschwerden.
Was Endometriose besonders tückisch macht, ist die Bandbreite der Symptomatik. „Es war für mich jahrelang normal, während der Periode teilweise nicht aufstehen zu können, auch Erbrechen und Kreislaufzusammenbrüche gehörten dazu und wurden von all meinen Frauenärzt*innen als ‚normal‘ abgetan“, erzählt Anna, Endometriose-Patientin. Die Diagnose erhielt sie erst durch eigene Hartnäckigkeit und Eigeninitiative. Aufgrund der vielfältigen Symptome und der mangelnden Aufklärung des medizinischen Personals vergehen oft Jahre, bis die Krankheit überhaupt diagnostiziert wird. Auch Linda plagt bereits jahrelang eine ganze Liste von Beschwerden: Rückenschmerzen, Wassereinlagerungen und Lähmung der Beine, Schmerzen beim Wasserlassen sowie beim Sex, messerstichartige Schmerzen im Unterbauch, Sodbrennen, ständiges Übergeben bis hin zu Schwindel und Bewusstlosigkeit. Regelmäßig musste sie ins Krankenhaus gebracht werden. Inzwischen ist Linda operiert, aber auch die OP sorgte nicht für eine dauerhafte Verbesserung. Die Erkrankung bereitet Linda noch immer körperliche und psychische Strapazen. „Jeden Monat fühlt es sich so an, als ob mein Körper ums Überleben kämpft.“ Selbst mit Diagnose ist das Leben von Betroffenen auf vielfältige Weise eingeschränkt. Die Erkrankung betrifft alle Lebensbereiche und insbesondere im Berufsleben und sogar im Gesundheitswesen müssen Patient*innen meist um die Anerkennung ihrer Beschwerden ringen.
Das betont auch Anja Moritz, Geschäftsführerin des Vereins Endometriose-Vereinigung Deutschland: „Diese chronische Erkrankung ist nicht nur ein Gesundheitsthema, es dreht sich auch um Fragen wie Arbeitsrecht, Rentenansprüche, Reha, Familienplanung, Freizeitgestaltung und vieles mehr.“ Der Endometrioseverein wurde 1996 in Leipzig gegründet und setzt sich seitdem für Aufklärung, Beratung, Selbsthilfe und als Interessensvertretung ein. Den größten politischen Handlungsbedarf sieht der Verein in einer bundesweiten Aufklärung und fordert unter anderem eine nationale Strategie. Anja Moritz kritisiert insbesondere die mangelnde Erforschung der Krankheit: „Endometriose ist bisher nicht heilbar, die Therapien noch immer beschränkt und auch die Versorgung der Patient*innen ist schlecht aufgestellt.“ Hier in Sachsen gebe es zwar ein zertifiziertes Endometriosezentrum in Dresden und auch im St. Georg Klinikum und im Universitätsklinikum Leipzig werde Endometriose behandelt, nach wie vor sei aber „das große Problem, dass die niedergelassenen Ärzt*innen wenig oder nichts mit Endometriose anfangen können“. Auch Endometriose-Patientin Anna kritisiert dies vehement: „Wie kann es sein, dass sich so wenige Ärzt*innen damit auskennen und man nach wie vor keine Ahnung über den Ursprung hat? Es muss viel mehr Geld in die Forschung investiert werden.“
Mehr Forschung, bessere Aufklärung und bessere Versorgung – darauf lassen sich die Forderungen wohl herunterbrechen. Der globale Endometriose Awareness-Monat schafft Abhilfe, diese Forderungen der breiten Öffentlichkeit zu kommunizieren.
Am 14. März gibt es einen Infostand der Endometriose-Vereinigung in der Leipziger Innenstadt. Vor Ort sind Ansprechpartner*innen für erste Fragen und Informationsmaterial.
Am 28. März findet die Kinopremiere des Dokumentarfilms „Jung und Endo – Ein Film über junge Menschen mit Endometriose“ im Passage-Kino Leipzig statt. Der Film ist eine Eigenproduktion der Endometriose-Vereinigung.
Foto: Pexels
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