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  • Lehren, aber nicht forschen

    Statt Festangestellten wirken immer mehr kurzfristig Beschäftigte in Instituten der Universitäten mit. luhze-Autorin Lene geht der Frage nach, wie die Beschäftigungsverhältnisse genau aussehen.

    Neben Professor*innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen gestalten zunehmend Lehrbeauftragte die Lehre. Sie übernehmen Seminare oder Übungen – meist für ein Semester. Im Gegensatz zu wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen sind Lehrbeauftragte selbstständig, damit nicht sozialversicherungspflichtig und rechtlich nicht abgesichert. Die Bezahlung ist sehr gering. Torben Schleiner, Lehrbeauftragter am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig, spricht von circa 660 Euro pro Semester. 

    Weshalb aber stellen Institute zunehmend weniger Personen fest an? Uta All-Marie, Dekanatsrätin der Fakultät für Geschichte, Kunst und Religionswissenschaften beschreibt, dass Lehrbeauftragte zu beschäftigen es ermöglicht, zusätzliche Lehrangebote zu schaffen, die die Studiengänge in ihrer bestehenden Struktur abrunden. Durch Lehraufträge entstünde eine thematische und methodische Bereicherung über das Angebot der Mitarbeiter*innen hinaus. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (Gew) kritisiert allerdings, dass Lehraufträge mittlerweile vor allem genutzt würden, um die Lehre bei den begrenzten finanziellen Mitteln, die Instituten von Seiten der Länder zur Verfügung stehen überhaupt zu gewährleisten.  

    Geringe Bezahlung, keine Absicherung und langfristige Perspektiven – Wer übernimmt bei diesen Bedingungen Lehraufträge und warum? Für eine wissenschaftliche Laufbahn muss Lehrerfahrung nachwiesen werden. „Viele übernehmen Lehraufträge während ihrer Promotion – füllen so ihren Lebenslauf. Wegen der limitierten Festanstellungen bleibt oft kaum eine andere Wahl. Das System funktioniert, weil genug Menschen mitmachen. Mich eingeschlossen.“, sagt Schleiner. 

    Arbeitsaufwand und Vergütung sind oft nicht verhältnismäßig. Zwei Stunden pro Lehrveranstaltung, vergütet mit etwa 25 Euro pro Stunde. Vor- und Nachbereitung bleiben unbezahlt, beanspruchen laut Schleiner aber nicht selten bis zu vier Stunden. So ergibt sich bei einer Vergütung von etwa 50 Euro pro Seminar ein Stundenlohn von 8,33 Euro – weniger als der Mindestlohn. Lehrbeauftragte sind auf Nebeneinkünfte angewiesen, zum Beispiel durch Stipendien oder Familie.  

    Darunter leidet auch die Betreuung der Student*innen. Unterstützung bei Bachelorarbeiten oder Ähnlichem ist kaum möglich, da es zusätzliche unbezahlte Arbeit bedeuten würde.  

    Fernab davon erschwert eine vermehrte Vergabe von Lehraufträgen auch die Arbeit am Institut. All-Marie beschreibt den großen organisatorischen Aufwand. Durch die Kurzfristigkeit der vergebenen Lehraufträge sei die Semesterplanung erschwert und eingeschränkt. Für die übrigen Festangestellten bedeuten viele vergebene Lehraufträge häufig mehr Verwaltungsarbeit, weniger Zeit für Forschung. Schleiner: „Fest Beschäftigte sind vor allem damit beschäftigt, den Laden am Laufenden zu halten.“  

    Prekäre Arbeitsverhältnisse an Forschungseinrichtungen stehen schon lange in der Kritik, besonders die Situation Lehrbeauftragter. Nach den Forderungen der Gew Thüringen müssten sie in jedem Fall einen Status als Mitglieder der Hochschule und entsprechende Rechte haben. „Lehraufträge dürfen nicht (…) missbraucht werden und prekäre Arbeitsverhältnisse schaffen.“ 

    Die Entwicklung hin zu weniger Festanstellungen und kurzfristigen Arbeitsverträgen hat ebenso Auswirkungen auf die Zukunft von Studierenden wie die zukünftige Welt der Wissenschaft. „Es ist wichtig zu wissen, dass eine Forschungskarriere ein steiniger Weg ist“, sagt Schleiner. „Wissenschaftliches Arbeiten und Lehren haben wunderbare Seiten und ich liebe sehr, was ich tue. Ein pragmatischer Blick ist aber wichtig.“ 

    Wissenschaftler*in zu werden können sich nicht alle leisten. Ohne finanzielle Absicherung und Möglichkeiten der Unterstützung bedeuten die unischeren Arbeitsverhältnisse eine große Last. Und vielleicht ist es an dieser Stelle wichtig zu fragen, wer zukünftig welche wissenschaftlichen Fragen stellt. Kurz: Wer zukünftig wie den wissenschaftlichen Diskurs mitgestaltet – und wer nicht. 

     

    Anmerkung der Redaktion: Bis zur Veröffentlichung des Artikels in der April-Ausgabe erhielt die Redaktion keine Antwort auf Interviewanfragen der Universität Leipzig. Diese wurden erst nach Erscheinen eingereicht und in dieser Online-Version von der Autorin ergänzt.

     

    Foto: Lene Göschel, Canva

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